Keine Entwarnung in Thüringen
Normalisierung rechtsextremer Positionen bei Kommunalwahl
Bei den Kommunalwahlen in Thüringen hat die AfD keine Landratsämter im ersten Anlauf erobert, aber Bastionen in Kommunalparlamenten. Damit etablierten sich rechtsextreme Positionen, sagen Wissenschaftler. SPD und CDU wollen sich bei Stichwahlen gegen AfD-Bewerber gegenseitig unterstützen.
Donnerstag, 30.05.2024, 12:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 30.05.2024, 12:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Erfolge der AfD bei den Kommunalwahlen sorgen nach Einschätzung des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena für eine weitere Normalisierung und Etablierung rechtsextremer Positionen in Thüringen. Sie habe sich neben der CDU als stärkste Partei etabliert, sagte der wissenschaftliche Leiter des IDZ, Axel Salheiser, am Mittwoch in Jena. Die AfD ist in Thüringen als erwiesen rechtsextrem vom Verfassungsschutz eingestuft.
In den Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten habe die AfD deutliche Zugewinne erreicht, während die CDU ihre Stimmenanteile gehalten und in einer Reihe von Städten ausgebaut habe. Das Institut überschrieb eine erste Analyse der Ergebnisse der Kommunalwahlen mit „Blaues Auge statt blauer Welle?“.
Darin heißt es, die Kommunalwahlen in Thüringen seien weder als voller Erfolg noch als Niederlage für die extreme Rechte zu werten. „In einigen Regionen konnten die AfD und andere extrem rechte Parteien und Bündnisse große Gewinne verzeichnen, teilweise blieben sie jedoch hinter den Prognosen zurück.“ Neun Kandidaten der rechtsextremen Thüringer AfD gingen in die Stichwahl um die Landratsämter; in Hildburghausen der Neonazi Tommy Frenck für sein „Bündnis Zukunft Hildburghausen“. Im Kreis Sonneberg – 2023 Ort des bundesweit ersten Landratswahl-Siegs der AfD – verfüge die Partei nun über die stärkste Fraktion im Kreistag.
AfD in 9 von 22 Kreistagen und Stadträten größte Fraktion
Insgesamt stelle die AfD in 9 von 22 Kreistagen und Stadträten der kreisfreien Städte jetzt die größte Fraktion, in 10 die zweitgrößte. „Damit hat sich die Etablierung und Normalisierung der AfD in Thüringen fortgesetzt“, so das Fazit der Demokratieforscher. Chancen für AfD-Landräte sieht das Institut laut Salheiser im Altenburger Land, wo der AfD-Kandidat mit dem stärksten Ergebnis in die Stichwahl am 9. Juni gehe, sowie im Saale-Holzland-Kreis, wo der Abstand zum demokratischen Bewerber verhältnismäßig gering sei.
Nach dem vorläufigen Endergebnis von Dienstag ist die CDU bei den Wahlen der Kommunalparlamente in den Kreisen und kreisfreien Städten stärkste Partei geworden. Die Christdemokraten erhielten nach Auszählung aller Stimmbezirke landesweit 27,2 Prozent der Stimmen, die AfD kam auf 25,8 Prozent. Damit behauptete die CDU in Thüringen ihre Rolle als Kommunalpartei. Allerdings wurde sie in mehreren Landkreisen von der AfD überholt.
CDU und SPD wollen AfD-Erfolge bei Stichwahlen verhindern
Angesichts dieser Wahlergebnisse haben SPD und CDU in Thüringen nun angekündigt, bei den anstehenden Stichwahlen die Gegenkandidaten zu den AfD-Bewerbern zu unterstützen. Thüringens SPD-Landesvorsitzender Georg Maier sagte der „Rheinischen Post“: „Die SPD Thüringen stiehlt sich nicht aus der Verantwortung, wenn es darum geht, die Demokratiefeinde der Höcke-AfD zu verhindern.“ Auch die Unterstützung der Sozialdemokraten habe Anfang 2024 CDU-Landrat Christian Herrgott zum Sieg in der Stichwahl gegen einen AfD-Kandidaten verholfen. Allerdings erwarte er dieses demokratische Verhalten auch von der CDU, wenn es um Stichwahlen mit Beteiligung von SPD-Kandidaten gehe, so Maier.
CDU-Landeschef Mario Voigt verwies darauf, dass die AfD in Thüringen der Hauptwettbewerber der CDU sei. Voigt: „Um im Juni die Stichwahlen zu schultern und Siege zu erringen, braucht es gemeinsame Anstrengungen über Parteigrenzen hinweg. Dort, wo wir nicht in der Stichwahl sind, werden wir deshalb die SPD und die FDP unterstützen“, kündigte Voigt an.
Bei der Linken laufe die Diskussion noch. Es gehe darum, wo die Linke in Stichwahlen „andere Demokraten gegen die Nazis unterstützen“ werde. Landesweit gelte für die Linke, „dass die AfD keine Stimme von uns bekommen wird“, sagte die Bundesgeschäftsführerin der Linken, Katina Schubert, der Zeitung. (dpa/mig) Aktuell Politik
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