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Menschen flüchten aus der Ukraine (Archiv) © janosnemesh/123rf.com

„Gespenstisch“

Dobrindt will arbeitslose Ukrainer ausweisen – und erntet Kritik

CSU-Landesgruppenchef Dobrindt will, dass arbeitslose Ukrainer in ihre Heimat zurückgehen. Dafür erntet er deutliche Kritik – selbst die CDU äußert sich zurückhaltend. Das Auswärtige Amt sieht keine sicheren Orte in dem von Russland angegriffenen Land.

Montag, 24.06.2024, 16:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 25.06.2024, 7:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt möchte arbeitslose Ukrainer in sichere Gegenden ihres Heimatlandes ausweisen. Sein Vorstoß erntet Kritik und stößt bei der Ampel-Koalition, auf scharfe Ablehnung. Die ins EU-Parlament gewählte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nennt den Vorschlag „bizarr“ und „gespenstisch“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), und der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst, werfen Dobrindt Populismus vor. Auch aus der CDU kommt Kritik.

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Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin erklärte, gebe es in der Ukraine keine sicheren Gebiete. Angriffe der russischen Armee erfolgten im Osten des Landes genauso wie im Westen. Die Infrastruktur werde überall zerstört, der Krieg betreffe die gesamte Ukraine: „Ich wüsste nicht, wo es einen sicheren Ort in der Ukraine geben würde“, sagte der Sprecher.

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Auch Strack-Zimmermann sagte am Montag im Deutschlandfunk, die Union beginne, sich vom Schicksal der Flüchtlinge und vom Krieg in der Ukraine zu distanzieren. „Es gibt keine Ecke mehr in der Ukraine, die sicher ist.“ Sie plädierte dafür, die Anstrengungen zu verstärken, um Ukrainer in Deutschland in Arbeit zu bringen. Dafür müssten die Kommunen es schaffen, dass die Kinder versorgt sind, um vor allem Frauen zu ermöglichen, arbeiten zu gehen. „Dass genug Arbeit da ist, ist gar keine Frage“, sagte Strack-Zimmermann, die aus dem Bundestag ausscheidet und kürzlich den Vorsitz im Verteidigungsausschuss abgegeben hat.

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Dobrindt: Bürgergeld wurde Arbeitsbremse

Dobrindt hatte dem Boulevardblatt „Bild am Sonntag“ gesagt, mehr als zwei Jahre nach Kriegsbeginn müsse der Grundsatz gelten: „Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine“. Zudem forderte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Änderungen bei den staatlichen Hilfen für Geflüchtete aus der Ukraine. Sie müssen kein Asyl beantragen und erhalten damit direkt ein Aufenthaltsrecht und zudem Bürgergeld statt Asylbewerberleistungen. Diese Entscheidung der Bundesregierung zu Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sei als schnelle Hilfe gedacht gewesen, aber längst zur Arbeitsbremse geworden, sagte Dobrindt.

Die Sozialrechtsprofessorin Constanze Janda wies darauf hin, dass der Aufenthalt der Menschen aus der Ukraine in Deutschland auf der sogenannten Massenzustromrichtlinie der Europäischen Union (EU) beruht. „Daran muss sich auch die Bundesrepublik halten, zumal der Schutzstatus nicht danach differenziert, ob die Menschen arbeiten oder nicht“, sagte die Juristin von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer dem „Evangelischen Pressedienst“.

CDU äußert sich zurückhaltend

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), und der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst, warfen Dobrindt im Boulevardblatt „Bild“ Populismus vor. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien sagte der Zeitung unter Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Wir dürfen nicht das Lied von Putins Freunden singen und diese geflüchteten Menschen zu einem Problem machen.“

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), äußerte sich zurückhaltend. Dobrindt habe auf die besonders schlechte Arbeitsmarktintegration unter den Ukrainern hingewiesen, sagte Frei am Montag in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv: „Ich glaube, es geht um die Frage, die dahinter liegt. Und die müssen wir beantworten.“

Jeder Fünfte erwerbsfähige Ukrainer im Job

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sind mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Nach Angaben der Bundesregierung lebten im März laut Ausländerzentralregister rund 1,3 Millionen Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Deutschland.

730.000 der geflüchteten Menschen sind laut Bundesagentur für Arbeit im erwerbsfähigen Alter, das heißt zwischen 15 und 65 Jahre alt, knapp zwei Drittel davon Frauen. Im Januar 2024 hatten hierzulande rund 172.000 ukrainische Staatsbürger einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Weitere rund 44.000 Personen gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach. (epd/mig) Leitartikel Politik

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