90-Minuten-Besuche
Gedenkstätten fordern mehr Bildungspersonal für Schularbeit
Der Besuch einer Gedenkstätte ist an vielen Schulen Pflicht – zur Förderung der Erinnerungskultur. 90 Minuten laufen Schulklassen dann einmal über das Gelände. „Das war’s“. Gedenkstätten treiben Sorgen um – besonders im Osten.
Donnerstag, 11.07.2024, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.07.2024, 8:20 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Angesichts eines Erstarkens des Rechtsextremismus in Deutschland fordert der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, eine bessere Personalausstattung für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. „Wir kämpfen dafür, dass wir besser ausgestattet werden“, sagte Drecoll der Deutschen Presse-Agentur. „Es braucht eine politische Offensive von Bund und Land.“
Es sei mehr Geld und Personal nötig, damit die Gedenkstätten ihre Bildungsarbeit etwa gemeinsam mit Schulen verstärken könnten. Zwar tue die Landesregierung in Brandenburg viel für die Gedenkstätten, aber es bräuchte in der gesamten Bundesrepublik noch mal einen „Schub nach vorn“, meinte Drecoll. Der reguläre Besuch von Schulklassen in der Gedenkstätte dauere 90 Minuten. „Da kann man einmal über so ein großes Gelände gehen und auf ein paar Sachverhalte hinweisen, das war’s.“
Sechs Bildungsbeschäftigte für 500.000 Besucher
2023 besuchten nach Angaben der brandenburgischen Gedenkstätten-Stiftung rund 500.000 Menschen das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg. Dort seien sechs Beschäftigte mit der Bildungsarbeit befasst. Darüber hinaus gibt es eigenständige Guides für Führungen auf dem Gelände. Auch die Gedenkstätte Buchenwald in Thüringen beklagte jüngst, sie habe zu wenig Personal und auch zu wenige Räumlichkeiten, um die Nachfrage decken zu können.
In der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück in Fürstenberg an der Havel im Norden Brandenburgs befassten sich heute Gedenkstätten-Leiter und Wissenschaftler in einer Diskussionsveranstaltung mit Folgen eines erstarkenden Rechtsextremismus. In den 90er Jahren hatten Gedenkstätten vielfach rechtsextreme Gewalt erleben müssen. Auf Baracken, in denen einst jüdische Häftlinge eingepfercht waren, wurde in der Gedenkstätte Sachsenhausen 1992 ein Brandanschlag verübt.
Sorge vor Erstarken rechtsextremistischer Bewegungen
Die Gedenkstätten-Stiftung befürchtet eine Zunahme rechtsextremistischer Bewegungen und blickt angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen im Osten mit Sorge auf ein Erstarken der AfD. Eine Veränderung des Klimas werde gerade auch von Opfergruppen angstvoll beobachtet, sagte Drecoll. „Geschichtsrevisionistische Positionen dürfen nicht Normalität werden.“ Die Gedenkstätten-Stiftung wolle künftig die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und ehrenamtlich Engagierten stärken, um die Bedeutung der NS-Aufarbeitung für die Demokratie noch sichtbarer machen.
Mit dem Sieg der AfD bei der Europa- und der Kommunalwahl ist Brandenburg dreieinhalb Monate vor der Landtagswahl deutlich nach rechts gerückt. Bei Wahlumfragen zur Landtagswahl am 22. September liegt die AfD vorn, die der Verfassungsschutz in Brandenburg als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft. In Deutschland stieg die Zahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten im Jahr 2023 deutlich an. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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