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Cancelled (Symbolfoto) © 123rf.com

„Tiefpunkt einer inhumanen Praxis“

Abschiebung eines Roma nach Serbien nach heftiger Kritik unterbrochen

Die sächsischen Behörden wollen einen Roma nach Serbien abschieben, der dieses Land noch nie gesehen hat. Nach Kritik zieht der Innenminister die Reißleine. Die SPD spricht von einem Tiefpunkt inhumaner Abschiebe-Praxis in Sachsen. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik gegeben.

Montag, 15.07.2024, 13:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.07.2024, 12:07 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Sachsens Innenminister Armin Schuster hat nach heftiger Kritik die Abschiebung eines Mannes nach Serbien unterbrochen. „Ich habe angeordnet, den Fall durch die Landesdirektion zu überprüfen“, erklärte der CDU-Politiker. Nach Angaben des Sächsischen Flüchtlingsrates sollte der 31 Jahre alte Mann heute dorthin abgeschoben werden, obwohl er kein serbischer Staatsbürger ist, das Land nicht kennt und auch kein Serbisch spricht. Politiker verschiedener Parteien hatten laustark protestiert. Es ist nicht das erste Mal, dass die Abschiebepraxis sächsischer Behörden für Wirbel sorgt.

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Laut Flüchtlingsrat stammen die Eltern des 31-Jährigen aus Serbien und waren 1993 vor dem Jugoslawien-Krieg zunächst in die Niederlande geflohen. Dort sei der Mann unter einem anderen Namen geboren worden und im Alter von acht Monaten nach Deutschland gekommen, hieß es. Er habe hier seinen Schulabschluss und seine Ausbildung gemacht, stets aber nur eine Duldung besessen. „Ich kann diese Praxis nicht akzeptieren. Sie ist nicht gerecht. Sie ist unmenschlich. Sie vergiftet unser gesellschaftliches Zusammenleben. Ich ermutige alle, dagegen zu protestieren“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter.

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„Tiefpunkt einer inhumanen Praxis“

Der SPD-Politiker forderte die Härtefallkommission des Freistaates auf, sich umgehend für den Betroffenen einzusetzen. „Seine Abschiebung muss gestoppt werden!“ Der Mann sei noch nie in Serbien gewesen und falle in ein Nichts: „Anders gesagt: Die sächsische Abschiebepraxis stößt ihn in ein Nichts. Als Angehöriger des Volkes der Roma dürfte ihm in Serbien außerdem sehr viel Ablehnung und Diskriminierung drohen, zumal er kein Serbisch spricht. Diese Abschiebung ist ein erneuter Tiefpunkt einer inhumanen Praxis, die letztlich der sächsische Innenminister zu verantworten hat.“

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Richter hatte den Mann gemeinsam mit anderen gestern im Abschiebegefängnis besucht. „Robert spricht fließend Deutsch. Er hat alles Erdenkliche – und noch mehr, als ich mir hätte ausdenken können – getan, um sich in Deutschland zu integrieren.“ Ein falscher Namenseintrag durch die niederländischen Behörden verfolge ihn sein ganzes Leben. Er habe alles versucht, um diesen Fehler korrigieren zu lassen, unter anderem durch einen DNA-Test. Nach Angaben des Flüchtlingsrates hatten es die Behörde stets abgelehnt, dem Mann eine Arbeitserlaubnis auszustellen, da seine Staatsangehörigkeit nicht geklärt war.

Petition gegen Abschiebung läuft

Der Sächsische Flüchtlingsrat hatte den Fall des Mannes am vergangenen Freitag publik gemacht. Dave Schmidtke, Sprecher des Flüchtlingsrates, startete eine Online-Petition. Sie war bis Montagmittag bereits von knapp 24.000 Menschen unterzeichnet worden. „Seine Lebensgeschichte ist eine einzige Tortur, da er nie Sicherheit über seinen Aufenthalt besaß. Über Jahrzehnte muss er für Fehler seiner Eltern büßen und die zuständigen Behörden zeigen keinerlei Menschlichkeit in seinem Fall – egal, wie sehr sich Robert über die Jahre bemühte“, erklärte Schmidtke. Dass das sächsische Innenministerium in letzter Minute einlenkte, sei zunächst einmal ein Erfolg. „Aber die Gefahr ist noch nicht gebannt.“

Seine Unterstützer verweisen darauf, dass der Mann gut integriert ist und sich als Mitglied der Grünen in Chemnitz auch politisch engagiert. Grünen-Landesvorsitzende Christin Furtenbacher rief Innenminister Schuster in der „Leipziger Volkszeitung“ auf, aktiv zu werden und die Abschiebung zu stoppen. „Statt einen Weg zu finden, ihm den Weg in den Arbeitsmarkt zu öffnen, soll er nun in ein Land abgeschoben werden, was er nicht kennt und in dem er nie gelebt hat.“ Schuster teilte mit, dass der Sachverhalt in Abstimmung mit der Ausländerbehörde der Stadt Chemnitz überprüft werde.

Auch in der Vergangenheit Kritik an Abschiebungen

In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Kritik an der sächsischen Abschiebepraxis gegeben. 2023 war ein Mann aus Pakistan bei einem Termin im Gesundheitsamt von Hoyerswerda von Polizisten in Gewahrsam genommen worden. 2021 war eine neunköpfige Familie aus Georgien betroffen. Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes musste sie nach Sachsen zurückgeholt werden. Im vergangenen Jahr drohte einem in Chemnitz lebenden Vietnamesen die Abschiebung. Er war 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen und hatte später ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Er verlor es wieder, weil er länger als erlaubt in seiner alten Heimat war. Später zog er nach Berlin um. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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