Gut gemeint, gut gemacht?
Schleswig-Holstein ringt um Antisemitismus-Klausel bei Förderungen
Schwarz-Grün will verhindern, dass Antisemitismus mit Steuergeld gefördert wird. Allerdings ist der gewählte Weg im Landtag umstritten. Die Opposition warnt, in der Formulierung gebe es rechtliche und tatsächliche Bedenken: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht?
Mittwoch, 17.07.2024, 14:48 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 17.07.2024, 14:53 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Pläne der Koalition, die Förderung von Antisemitismus mit Steuergeld über die Haushaltsordnung zu verhindern, bleibt in Schleswig-Holstein umstritten. Oppositionspolitiker kritisierten zu Beginn der dreitägigen Landtagssitzung bis Freitag die Art des Vorgehens und bemängelten, dass CDU und Grüne in ihrem Gesetzentwurf auf unbestimmte Rechtsbegriffe setzten.
Niemand wolle antisemitische Tendenzen fördern, sagte der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz. Die Landeshaushaltsordnung gelte aber nicht nur für die Kultur, sondern für alle Landesförderungen. Wer solle feststellen, ob sich ein Firmenchef für eine vielfältige Gesellschaft einsetzt, fragte der ehemalige Wirtschaftsminister. Der Gesetzentwurf sei nicht nur ein Bürokratie-Monster. „Dies ist auch ein politisch gefährliches Gesetz.“ Menschen könnten sich als Folge einer versagten Förderung zu Märtyrern erklären.
Umstrittene Änderung
In dem Gesetzentwurf der Koalition heißt es wörtlich, „die Gewährung von Zuwendungen kann unter die Voraussetzung gestellt werden, dass die zuständige Stelle nur Zuwendungsempfängerinnen oder Zuwendungsempfänger fördert, von denen bekannt ist oder bei denen offensichtlich ist, dass sie sich zu einer vielfältigen Gesellschaft bekennen und gegen jedwede Diskriminierung und Ausgrenzung stellen und jede Form von Antisemitismus ablehnen“.
Kulturministerin Karin Prien (CDU) wies die Kritik zurück und führte mehrere Gutachten an, wonach die Vergabe von Fördermitteln an solche Voraussetzungen geknüpft werden könne. Notwendig sei aber ein Gesetz. Mit der Kunst- und Meinungsfreiheit werde extrem sensibel umgegangen. „Es geht hier eben nicht um eine Bekenntnisklausel.“ Die Antidiskriminierungsklausel sei so verfasst, dass sie auch außerhalb der Förderung von Kunst und Kultur als Förderungsvoraussetzung für alle Ressorts verwendet werden kann.
„Antisemitismus von rechts, von links, in der zunehmend aggressiven islamistischen und auch muslimisch geprägten Variante und leider der ganz banale Antisemitismus der Mitte sind keine neuen Phänomene, sondern haben sich bereits in den vergangenen Jahren verschärft“, sagte Prien. Die Koalition stelle sicher, dass mit Steuergeld nur dort gefördert werde, wo bekannt oder offensichtlich sei, dass sich Empfänger zu einer vielfältigen Gesellschaft bekennen.
Kritik von der Opposition
Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat sprach von einem schwierigen Unterfangen. „Es ist wahnsinnig sympathisch, alle Formen von Diskriminierung auszuschließen“, sagte er. Das sei aber ein weites Feld. „Wer ein hassgetränkter Antisemit ist, der wird ja nicht vor einem Kreuz zurückschrecken.“ In Berlin habe sich eine Antidiskriminierungsklausel lediglich einen Monat gehalten.
Die FDP-Abgeordnete Annabell Krämer betonte, „diese Vorlage ist in die Kategorie einzuordnen: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht.“ Bei der Formulierung gebe es rechtliche und tatsächliche Bedenken. Es sei wenig hilfreich, mit unbestimmten Rechtsbegriffen zu argumentieren. Zudem führten die Pläne zu erheblichem Verwaltungsmehraufwand. Bekenntnispflicht stelle grundsätzlich einen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar.
SSW-Fraktionschef Lars Harms betonte, „Feinde und Verächter unserer Werte sollen natürlich nicht von Zuschüssen aus Steuergeldern profitieren“. Begrifflichkeiten seien angreifbar. Ein SSW-Antrag verweist auf konkrete Artikel des Grundgesetzes sowie der Landesverfassung. „Nur verfassungsrechtlich garantierte Rechte können relativ rechtssichere Kriterien für eine Mittelvergabe durch den Staat darstellen; darüber hinaus gehende Formulierungen sind immer politisch gefärbt und wären somit als Vergabekriterium willkürlich.“ Über die Pläne soll nun im Ausschuss beraten werden. (dpa/mig) Aktuell Politik
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