Fachkräftemangel
Deutschland schließt Migrationsabkommen mit Kenia ab
Migrationsabkommen sollen die Einwanderung nach Deutschland besser regeln. Mit Kenia wurde eine Vereinbarung unter Dach und Fach gebracht. Das Abkommen soll auch Abschiebungen erleichtern. Verträge mit weiteren Staaten sind in Planung.
Sonntag, 15.09.2024, 12:51 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.09.2024, 12:51 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Deutschland hat zur Gewinnung von Fachkräften ein Migrationsabkommen mit Kenia geschlossen. Am Freitag unterzeichneten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul (Grüne), und der kenianische Außenminister Musalia Mudavadi die Vereinbarung. Zuvor waren in Berlin auch Kenias Präsident William Ruto und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammengekommen.
Scholz sagte, das Kenia-Abkommen eröffne Perspektiven für Fachkräfte sowie junge Menschen aus dem Land, die in Deutschland eine Ausbildung absolvieren können. Dies helfe zugleich Deutschland aufgrund des Fachkräftemangels. Konkret verwies er auf kenianische IT-Fachkräfte.
Ruto sagte, die junge Bevölkerung in Kenia sei groß. Sie sei innovativ und arbeite hart. Dies könne man mit Deutschland gut zusammenbringen, sagte Ruto. Der Präsident sagte zugleich, sein Land würde sich freuen, wenn deutsche Unternehmen Ableger in Kenia ansiedelten, um den Menschen vor Ort Jobchancen zu bieten.
Schleswig-Holstein begrüßt Busfahrer aus Kenia
In der Privatwirtschaft läuft die Anwerbung von Arbeitern aus Kenia bereits auf Hochtouren. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) etwa begrüßte schon am Dienstag angehende Busfahrer aus Kenia in Flensburg. Madsen lobte das Modellprojekt des Unternehmens Aktiv Bus Flensburg als eine wegweisende Initiative: „Uns fehlen derzeit allein in Schleswig-Holstein rund 800 Busfahrerinnen und Busfahrer.“
Die drei Männer und zwei Frauen aus Kenia, die nun in Flensburg leben und arbeiten werden, lernen in der betriebseigenen Sprachschule Deutsch. Zudem müssen sie ihre Fahrerlaubnis neu erwerben, da Dokumente von außerhalb der EU nicht anerkannt werden. Aktiv-Bus-Geschäftsführer Paul Hemkentokrax sagte: „Die Rekrutierung und Ausbildung der Fachkräfte aus Kenia zeigt, wie internationale Zusammenarbeit konkret zur Lösung lokaler Herausforderungen beitragen kann.“
Migrationsabkommen ist auch Abschiebeabkommen
Mit Migrationsabkommen verfolgt die Bundesregierung das Ziel, bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Ländern über Zuwanderung und Abschiebungen zu schließen. Grundidee der Abkommen ist, die Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland zu fördern und gleichzeitig Länder dazu zu bewegen, ihre Staatsangehörigen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, zurückzunehmen.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat Kenia im Rahmen des Abkommens seine Einwilligung dazu gegeben, dass Ausreisepflichtige per biometrischem Datenabgleich identifiziert werden. Zudem will das Land künftig auch abgelaufene Pässe und Personalausweise als Reisedokumente akzeptieren.
Die mangelnde Bereitschaft von Staaten zur Rücknahme von in Deutschland abgelehnten Asylbewerbern lässt viele Abschiebungen scheitern. Gegenüber Kenia spielt das Thema aber kaum eine Rolle. In Deutschland leben rund 15.000 Menschen aus dem Land. Nur ein Bruchteil von ihnen ist ausreisepflichtig.
Migrationsabkommen mit Usbekistan vor Abschluss
Das erste Migrationsabkommen unterzeichnete die Bundesregierung im Dezember 2022 mit Indien. Im Dezember 2023 folgte eine Vereinbarung mit Georgien, im Januar dieses Jahres die Vereinbarung einer „Migrationspartnerschaft“ mit Marokko. Noch im Laufe dieser Wahlperiode rechnet das Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben mit einer Vereinbarung mit Kirgisistan. Vorangeschrittene Gespräche gibt es demnach außerdem mit Kolumbien, Ghana und den Philippinen. Auch beim Besuch von Bundeskanzler Scholz in Usbekistan am Sonntag soll ein Migrationsabkommen unterzeichnet werden.
Die Abkommen sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums unterschiedlich gestaltet. Sie reichen von konkreten Verträgen über Absichtserklärungen bis zur Vereinbarung konkreter Arbeitsstrukturen. Die Abkommen sind nicht öffentlich einsehbar. Experten und Menschenrechtler beklagten in der Vergangenheit deswegen Intransparenz bei dem Thema.
Die Bundesregierung hat für die Verhandlung der Migrationsabkommen einen eigenen Sonderbevollmächtigten, den FDP-Politiker Joachim Stamp berufen. Die Stelle gehört zum Bundesinnenministerium. An den Verhandlungen beteiligt sind aber auch andere Ressorts, etwa das Auswärtige Amt und das Bundesarbeitsministerium.
Steinmeier ermuntert junge Ägypter zur Jobsuche in Deutschland
Bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte ist aber auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aktiv. Er hat bei seinem jüngsten Besuch in Ägypten junge Menschen ermuntert, eine berufliche Zukunft in Deutschland zu suchen. „Für motivierte, gut ausgebildete junge Leute wie Sie gab es nie so viele Chancen wie heute, übrigens auch bei uns in Deutschland“, sagte Steinmeier bei einem Besuch der Deutschen Internationalen Universität in der neuen ägyptischen Verwaltungshauptstadt, die außerhalb von Kairo entsteht.
„Ägypten hat mit seinen vielen jungen Menschen ein enormes Potenzial, eine große Dynamik“, sagte Steinmeier. Er verwies vor Studierenden der German International University (GIU) auch auf die seit langem enge Zusammenarbeit zwischen Ägypten und Deutschland in den Bereichen Bildung und Wissenschaft. In Steinmeiers Beisein wurde ein Abkommen zum weiteren Ausbau der Wissenschaftskooperation unterzeichnet. (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama
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