„Diversitätsstrategie“
SPD will mehr Migranten im Staatsdienst – aber keine Quote
Die SPD setzt sich für mehr Migranten im öffentlichen Dienst ein. Die Forderung nach einer Quote weist sie aber zurück. Unterstützung kommt von konservativer Seite. Wie das Ziel erreicht werden soll, bleibt unklar. Eine „Diversitätsstrategie“ sei in Arbeit.
Donnerstag, 03.10.2024, 10:36 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 02.10.2024, 9:56 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die SPD will dafür sorgen, dass sich mehr Migranten für Jobs im öffentlichen Dienst interessieren. Eine Migranten-Quote lehnen die Sozialdemokraten ab, wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in Kiel sagte. Unterstützung für den SPD-Kurs in dieser Frage kommt vom Beamtenbund dbb, der rund 1,3 Millionen Beamte sowie Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst und im privaten Dienstleistungssektor vertritt.
„Es geht nicht um Diskriminierung“, sagte Mützenich auf die Frage, ob durch verstärkte Einbindung von Migranten in den öffentlichen Dienst Deutsche ohne Migrationshintergrund nicht diskriminiert würden. „Die Ansprache, zum Beispiel von Polizistinnen und Polizisten gegenüber zugewanderten, meistens jungen Leuten, scheint mir sehr wichtig zu sein, auch um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.“ Zuvor hatte das Boulevardblatt „Bild“ berichtet.
Beim Sender Welt-TV erläuterte Mützenich: „Es geht überhaupt nicht um eine Quote, (…) sondern es geht darum, für gute Arbeit auch gute Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden.“ Er ergänzte: „Wenn das im öffentlichen Dienst eine wichtige Frage ist, ist es auch gut, dass die Bundesinnenministerin sich darum kümmert.“
Faser will Staatsdienst diversifizieren
Im Einklang mit dem Koalitionsvertrag setzt sich Innenministerin Nancy Faeser für einen höheren Migrantenanteil für den öffentlichen Dienst ein. Es werde Zeit, dass sich in der öffentlichen Verwaltung stärker widerspiegele, dass jeder Vierte in Deutschland eine Migrationsgeschichte habe, hatte Faeser im April gesagt. Damit „Talente und Perspektiven der gesamten Gesellschaft“ bei Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden, kündigte Faeser eine „Diversitätsstrategie“ an. Derzeit wird die Umsetzung vorbereitet.
Ein Ministeriumssprecher sagte der „Welt“, der Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums werde keine gesetzliche Quote enthalten. Das Ministerium werde bei allen Überlegungen den Vorrang von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beachten.
dbb: Staatsdienst soll Gesellschaft spiegeln
Nötig sei, „dass sich möglichst alle Bevölkerungsgruppen im öffentlichen Dienst wiederfinden und repräsentiert sind, auch Migrantinnen und Migranten“, sagte der Chef des Beamtenbundes dbb, Ulrich Silberbach, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Quoten bei der Verbeamtung lehne sein Verband hingegen ab.
Einen Migrationshintergrund haben derzeit rund zwölf Prozent der Beschäftigten in der Bundesverwaltung, wie die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) im April feststellte. In der Bevölkerung seien es doppelt so viele. Vielfältige Teams brächten aber meist bessere Ergebnisse.
Migranten besser bei Ausländer-Streit?
Silberbach sagte: „Die Kriterien sind hier zu Recht: Eignung, Befähigung und fachliche Leistung.“ Eine stärkere Repräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund stärke dabei die interkulturelle Kompetenz im Team und könne in vielen Konfliktsituationen helfen.
„Viele Behörden haben die eigene Nachwuchswerbung längst entsprechend angepasst“, berichtete Silberbach, der seit Jahren CDU-Mitglied ist und mit dem dbb eine eher konservative Gewerkschaft im Spektrum der Gewerkschaften anführt.
Auch Migranten wollen fair bezahlt werden
Mützenich erläuterte: „Man kann nicht einfach so im öffentlichen Dienst sein, genauso wenig wie man irgendwie in einem Unternehmen sein kann.“ Man müsse dafür qualifiziert sein. Es sei gut, dass Faeser sich hier Gedanken mache. Allein gesetzlich werde man die Ziele in diesem Bereich aber nicht erreichen können. „Da kommt es letztlich auch darauf an, dass der öffentliche Dienst konkurrenzfähig ist“, sagte Mützenich.
Hintergrund hierfür sind die aufwendigen Tarifrunden, in denen Bund und Kommunen einerseits sowie die Länder anderseits mit den Gewerkschaften Verdi und dbb regelmäßig die Tarifverträge aushandeln. Dort ist ein vor allem von den Gewerkschaften angeführtes zentrales Argument: „Wir sind auf Fachkräfte angewiesen“, wie nun auch Mützenich sagte. (dpa/mig) Leitartikel Politik
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