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Grenzkontrollen (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Erste Bilanz

„Unerlaubte“ Einreisen gehen zurück – wegen Grenzkontrollen?

Stationäre Grenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen gibt es seit Mitte September. Die Zahl der „unerlaubten“ Einreisen sinkt. Das hat aber auch noch mit einem anderen Aspekt zu tun.

Sonntag, 03.11.2024, 12:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.11.2024, 12:28 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

In den ersten drei Wochen nach Beginn der stationären Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen hat die Polizei rund 13 Prozent weniger „unerlaubte“ Einreisen festgestellt als in den drei Wochen davor. Das zeigen vorläufige Zahlen der Bundespolizei, die dem MiGAZIN vorliegen.

Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervorgeht, traf die Polizei im Zeitraum vom 16. September bis 6. Oktober an den Landgrenzen auf insgesamt 3.464 Ausländer, die ohne Erlaubnis einreisen wollten. 2.073 von ihnen wurden an der Grenze zurückgewiesen. Vom 26. August bis einschließlich 15. September waren es 3.984 unerlaubte Einreisen und insgesamt 2.353 Zurückweisungen.

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Kontrollen an allen Landgrenzen gibt es seit eineinhalb Monaten

Seit dem 16. September kontrolliert die Bundespolizei auf Anordnung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an den Landgrenzen zu Frankreich, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Dänemark. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es Kontrollen schon seit Mitte Oktober 2023, an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden sie bereits im Herbst 2015 eingeführt. An allen Grenzabschnitten wird zwar nicht jeder einzelne Reisende überprüft, es muss aber jeder damit rechnen, kontrolliert zu werden.

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Seit Einführung der stationären Kontrollen nahm die Zahl der sogenannten „unerlaubten“ Einreisen an den Grenzen zu Luxemburg, Belgien und den Niederlanden zu. An der deutsch-französischen Grenze, wo es dieses Jahr schon wegen sportlicher Großereignisse vorübergehende Kontrollen gegeben hatte, war im betrachteten Zeitraum dagegen ein leichter Rückgang von 766 auf 567 „unerlaubte“ Einreisen festzustellen.

Rückgang unerlaubter Einreisen im Osten

Weniger „unerlaubte“ Einreisen gab es seit dem 16. September auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien, der Schweiz und Österreich. An der deutsch-polnischen Grenze stellte die Bundespolizei in den drei Wochen danach beispielsweise 631 „unerlaubte“ Einreisen fest, nachdem sie im gleichen Zeitraum davor 847 Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis registriert hatte.

An der deutsch-dänischen Grenze ist die Zahl der festgestellten „unerlaubten“ Einreisen ohnehin sehr niedrig. In den drei Wochen vor Beginn der stationären Kontrollen fielen dort 25 Menschen auf. In den drei Wochen danach stellte die Polizei 23 „unerlaubte“ Einreisen fest.

Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begründete die Anordnung stationärer Kontrollen an allen Landgrenzen gegenüber der EU-Kommission mit irregulärer Migration sowie dem Schutz vor Terroristen und grenzüberschreitender Kriminalität.

Hintergrund: „Unerlaubte“ Einreisen

Von einer „unerlaubten“ Einreise spricht die Polizei, wenn ein Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel oder Visum die Grenze überqueren will. Darunter werden auch Personen erfasst, die auf der Flucht sind und Asyl begehren. Diese Personen erhalten in der Regel kein Visum und haben mangels legaler Fluchtwege keine andere Möglichkeit, als Grenzen „unerlaubt“ zu passieren, um das Recht auf Asyl in Anspruch zu nehmen. Dieses Recht ist in der Genfer Flüchtlingskonvention verbindlich geregelt, mithin ist ihre Einreise nicht „unerlaubt“ oder „illegal“ bzw. „irregulär“.

Darauf weist auch Linke-Politikerin Bünger hin: „Schutzsuchende dürfen nach internationalem und europäischem Recht ohnehin nicht einfach so an den Grenzen zurückgewiesen werden. Grenzkontrollen können zur Reduzierung der Zahl Asylsuchender in Deutschland deshalb eigentlich nichts beitragen.“ Insofern sind Zurückweisungen an den Grenzen nur erlaubt, wenn jemand kein Asylbegehren äußert oder wenn für ihn eine zeitweilige Wiedereinreisesperre gilt. Das ist etwa der Fall, wenn jemand zuvor abgeschoben wurde, oder bei Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen, wenn ihr Asylantrag zuvor bereits als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde.

Ohne stationäre Kontrollen direkt an der Grenze sind Zurückweisungen nicht möglich. Außerdem müssen Schleuser, wenn es solche Kontrollen gibt, eher damit rechnen, von der Polizei entdeckt zu werden. Dass sich Schleuserbanden, wenn an einem Grenzabschnitt strenger kontrolliert wird, oft andere Routen suchen, ist ein Argument für umfassende Kontrollen. Diese erhöhen allerdings die Arbeitsbelastung der Bundespolizei.

Weniger irreguläre Migranten kommen nach Europa

Ein Grund dafür, dass die unerlaubten Einreisen zuletzt zurückgingen, ist sicher, dass in Europa in den zurückliegenden Monaten weniger Menschen „irregulär“ ankamen. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex sank die Zahl der unerlaubten Einreisen an den Außengrenzen der Europäischen Union in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 42 Prozent auf rund 166.000 unerlaubte Grenzübertritte. Ob sich hier schon ein Abschreckungseffekt der im Oktober 2023 eingeführten deutschen Binnengrenzkontrollen im Osten und an der Grenze zu Schweiz ablesen lässt, ist fraglich.

Laut Frontex war der Rückgang auf der zentralen Mittelmeerroute – die von Nordafrika nach Italien und Malta führt – mit minus 64 Prozent besonders stark. Über die Westbalkanroute kamen demnach 79 Prozent weniger Menschen, was mit intensiveren Kontrollen in Rumänien und Bulgarien zusammenhängen könnte.

Einen deutlichen Anstieg stellte Frontex dagegen auf der für die Geflüchteten oft sehr gefährlichen Westafrikaroute fest, die das spanische Festland oder die Kanaren zum Ziel hat sowie auf der Östlichen Landroute (plus 192 Prozent).

Bünger: Symbolpolitik mit hohem Personalaufwand

Bünger forderte Faeser auf, die Binnengrenzkontrollen einzustellen. „Mit hohem Personalaufwand betreibt die Bundesregierung an den Grenzen eine Symbolpolitik, die am Ende nur rechte Parteien stärkt. Schärfere Grenzkontrollen werden an den Gründen zur Flucht nichts ändern. Den populistischen Wettstreit, wer die Grenzen angeblich besser bewacht, wird die Bundesregierung ohnehin nicht gewinnen“, sagte sie. Außerdem habe die Bundesregierung mit ihrem nationalen Alleingang europäische Nachbarn „vor den Kopf gestoßen“ und europäisches Recht missachtet.

Zuletzt wurden an den deutschen Flughäfen und Landgrenzen pro Monat nach dpa-Informationen im Schnitt etwa 1.500 unerlaubte Einreisen pro Woche gezählt. – deutlich weniger als vor einem Jahr. Die meisten von ihnen stammen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Über Frankreich kamen zuletzt jedoch auch einige irreguläre Migranten aus Marokko und Algerien. Via Tschechien wollten auch einige russische Staatsbürger ohne Aufenthaltstitel einreisen. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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