Nach Niederlage vor Gericht
Flüchtlingslager in Albanien: Italien startet neuen Versuch
Italiens rechte Regierung startet nach einer Niederlage vor Gericht einen neuen Versuch, Migranten in Lagern in Albanien unterzubringen. Eine neue Gruppe von Menschen ist auf dem Weg dorthin. Die Angelegenheit landet nun wahrscheinlich wieder bei der Justiz.
Von Christoph Sator Donnerstag, 07.11.2024, 10:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.11.2024, 10:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Italien hat nach einer ersten Niederlage vor Gericht wieder Flüchtlinge nach Albanien gebracht, um dort in Lagern außerhalb der EU über deren Asylanträge zu entscheiden. Nach tagelanger Fahrt übers Mittelmeer lief ein Schiff der italienischen Marine mit acht Migranten aus Ägypten und Bangladesch im Hafen der Stadt Shengjin ein. Nun wird geprüft, ob sie nach Italien dürfen oder sofort wieder zurückgeschickt werden.
Nach einer ersten medizinischen Untersuchung in dem Lager in Shengjin klagte einer der Männer jedoch über erhebliche gesundheitliche Probleme. Die italienischen Behörden entschieden daher, dass der Mann nach Italien übergestellt werden soll. In Italien soll nun über seinen Antrag entschieden werden, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete.
Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der außerhalb der EU-Grenzen Lager errichtet hat. Das „Albanien-Modell“ der Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist umstritten. Andere europäische Regierungen verfolgen es genau. In Italien hat sich daraus ein heftiger Streit zwischen Regierung und Justiz entwickelt. Inzwischen prüft auch der nationale Rechnungshof, ob die hohen Kosten angemessen sind.
Konflikt zwischen Regierung und Justiz
Das Marineschiff „Libra“ hatte die Männer aus Ägypten und Bangladesch vor einigen Tagen von einem Flüchtlingsboot an Bord genommen, das sich aus Afrika auf den Weg nach Europa gemacht hatte. Ursprüngliches Ziel war die Mittelmeerinsel Lampedusa – einer der Brennpunkte der Fluchtrouten nach Europa. Die Zahl von lediglich acht erklärt sich dadurch, dass die italienischen Beamten genau darauf achteten, dass es sich nur um erwachsene Männer aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten handelt.
Eben daran war ein erster Versuch der Meloni-Regierung im vergangenen Monat gescheitert: Insgesamt 16 Männer aus Ägypten und Bangladesch mussten aus Albanien schließlich doch weiter nach Italien gebracht werden. Ein Gericht in Rom entschied, dass beide Länder keine sicheren Herkunftsstaaten sind – eine schwere Niederlage für Meloni. Die Regierung legte daraufhin per Dekret eine neue Liste mit 19 vermeintlich sichereren Herkunftsländern fest, darunter wieder Ägypten und Bangladesch.
Meloni droht abermalige Niederlage vor Gericht
Allerdings gibt es Zweifel, ob Meloni damit vor Gericht durchkommt. Die italienischen Gerichte berufen sich bislang auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach ein Land nur dann als sicheres Herkunftsland eingestuft werden darf, wenn dort überall keine Verfolgung droht. Erwartet wird, dass auch der neue Versuch vor der Justiz landet. Sollten die Pläne abermals gestoppt werden, wäre die Pleite für Meloni noch größer.
Italien gehört seit vielen Jahren zu den Ländern, die von der Fluchtbewegung übers Mittelmeer besonders betroffen sind. Trotz eines deutlichen Rückgangs landeten auch dieses Jahr bislang wieder mehr als 50.000 Menschen nach teilweise lebensgefährlichen Überfahrten an der italienischen Küste. Immer wieder gibt es dabei auch Tote.
Auch Rechnungshof prüft
Meloni war vor zwei Jahren mit ihrer Rechtspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) mit dem Versprechen an die Regierung gekommen, die irreguläre Einwanderung massiv zu begrenzen. Sie hielt der Justiz nach der ersten Niederlage vor, sich in politische Belange einzumischen. Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini beschimpfte die Richter als „Kommunisten“.
Die Opposition sieht nun die Gewaltenteilung in großer Gefahr. Zudem kritisieren die Linke und Menschenrechtsgruppen die hohen Kosten – nach ihren Angaben 20.000 Euro pro Flüchtling. In mehreren Hauptstädten gibt es Erwägungen, sich Italiens Umgang mit Asylbewerbern zum Vorbild zu nehmen. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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