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Wahlkampf-Plakate (Archiv) © Kirill Kudryavtsev/AFP

Umfragen

Migrationsstreit schadet Union nicht

Nach der denkwürdigen Migration-Abstimmung im Bundestag mit den Stimmen der AfD gibt es in den Umfragen keine großen Veränderungen. Die Bundesbürger sind in der Frage, wie sie gemeinsame Abstimmungen mit der AfD finden, gespalten. In einer Frage gibt es aber eine klare Mehrheit.

Sonntag, 09.02.2025, 12:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 09.02.2025, 21:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die heftig geführte Debatte um Migration und Abstimmungen mit der AfD hat kaum Veränderung in Umfragen zur Bundestagswahl gebracht. Wäre schon am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die Union laut ZDF-Politbarometer auf 30 Prozent der Stimmen. Das ist eine minimale Verbesserung um einen Punkt gegenüber der Vorwoche. Die AfD verliert demnach leicht und kommt auf 20 Prozent (minus einen Prozentpunkt), die SPD stagniert bei 15 Prozent.

Minimale Zuwächse von einem Punkt gab es laut der repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für die Grünen, die nun gleichauf mit der SPD liegen, und für die Linken, die mit 6 Prozent auf den Wiedereinzug ins Parlament hoffen können. Nicht reichen würde es dagegen für FDP und BSW, die unverändert bei 4 Prozent liegen. Die Daten wurden von Dienstag bis einschließlich Donnerstag erhoben.

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Migrationsdebatte schadete Union offenbar nicht

Nach den von der Union initiierten Abstimmungen zu zwei Anträgen und einem Gesetzentwurf zur Zuwanderungsbegrenzung im Bundestag hatten die Parteien gespannt auf die Umfragen gewartet. Dass Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) eine Mehrheit mit Stimmen der AfD in Kauf genommen hatte, war von SPD, Grünen und Linke scharf kritisiert worden. Am Wochenende gab es Großdemonstrationen in mehreren Städten.

Der Union scheint die Debatte mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar nicht geschadet zu haben. Auch der ARD-Deutschlandtrend sah CDU und CSU zuletzt mit 31 Prozent und einem Plus von einem Prozentpunkt klar vorn. Hier legte auch die AfD leicht auf 21 Prozent zu, die SPD rangiert unverändert bei 15 Prozent. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov konnte die SPD zwar um drei Punkte auf 18 Prozent zulegen, die Union blieb aber mit unveränderten 29 Prozent stabil stärkste Kraft. Zweitstärkste Kraft war auch dort die AfD mit 22 Prozent.

Merz gewinnt bei persönlichen Werten – Aufregung in Parteien

Bei den persönlichen Umfragewerten gewinnt Merz im Deutschlandtrend. 33 Prozent meinen demnach, er wäre ein guter Kanzler. Das sind 5 Punkte mehr als Mitte Dezember. Auch Kanzler und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz gewinnt an Zustimmung – aktuell sehen ihn 25 Prozent als guten Kanzler (+6). Der Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck verliert bei dieser Frage einen Punkt, 26 Prozent halten ihn für einen guten Kanzler.

Die Migrationsabstimmung sorgt im Bündnis Sahra Wagenknecht für Unruhe. Bayerns BSW-Landeschef Klaus Ernst berichtete auf Anfrage, dass inzwischen sieben Mitglieder ihren Parteiaustritt erklärt hätten, darunter der Europaabgeordnete Friedrich Pürner. Die Aussteiger begründeten den Schritt laut „Spiegel“ mit der Migrationspolitik des BSW und einer Nähe zur AfD. Pürner hatte unabhängig davon schon zuvor mehrfach erklärt, dass er über einen Austritt nachdenke. Das BSW hatte sich bei dem Entschließungsantrag am Mittwoch vergangener Woche enthalten, beim letztlich gescheiterten „Zustrombegrenzungsgesetz“ am Freitag sogar zugestimmt – gemeinsam mit der AfD.

Inkaufnahme von AfD-Stimmen stößt auf geteiltes Echo

Bei den Menschen in Deutschland stößt das Vorgehen von CDU/CSU auf ein geteiltes Echo. 43 Prozent halten laut einer repräsentativen Erhebung für den ARD-Deutschland-Trend das Vorgehen der Union für richtig, auch wenn Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD dafür in Kauf genommen wurden. 50 Prozent sehen das anders: Knapp jeder vierte Befragte (23 Prozent) hielt zwar das grundsätzliche Vorgehen der Union zur Begrenzung der Zuwanderung für richtig, aber nicht, dass dafür auch AfD-Stimmen in Kauf genommen wurden. 27 Prozent bewerteten den Angaben zufolge das Vorgehen der Union grundsätzlich als falsch.

Generell bezeichnete es jeder zweite Befragte (49 Prozent) als nicht akzeptabel, dass Parteien Gesetze einbringen, wenn diese nur mit Stimmen der AfD verabschiedet werden können, 44 Prozent hielten dies hingegen für akzeptabel. Dass Parteien Gesetze gemeinsam mit der AfD einbringen, erachtete eine Mehrheit der Wahlberechtigten (56 Prozent) für nicht akzeptabel. Für knapp vier von zehn Deutschen (38 Prozent) war das akzeptabel.

Merkel erneuert Kritik an Merz’

Für Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Situation eindeutig. Sie hat ihre Kritik an den Anträgen zur Migrationspolitik von Unions-Fraktionschef Merz erneuert. Auch unter schwierigen Bedingungen sollte es nicht dazu kommen, dass Mehrheiten mit der AfD gebildet werden, sagte Merkel am Mittwochabend bei der Veranstaltung „Eine Stunde ‚Zeit‘ mit …“ in Hamburg.

Relative Mehrheit sieht Union, SPD und Grüne verantwortlich

In der Frage zur Bildung einer gemeinsamen Regierungskoalition mit der AfD sind die Bundesbürger geschlossener: zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) lehnten eine Koalition mit der AfD als inakzeptabel ab. Mehr als ein Viertel (28 Prozent) hielt hingegen eine Koalition mit der Rechtsaußen-Partei für akzeptabel.

Jeder dritte Befragte (33 Prozent) sah die Verantwortung dafür, dass sich die Bundesregierung und die oppositionelle Union in der vergangenen Woche im Bundestag nicht auf einen Kompromiss in der Migrationspolitik einigen konnten, in erster Linie bei SPD und Grünen. Nur 14 Prozent machten die Union dafür verantwortlich. Eine relative Mehrheit von 43 Prozent befand, dass die Verantwortung für das Scheitern sowohl bei Union wie bei den Regierungsparteien liegt.

Für die Erhebung hatte Infratest dimap rund 1.300 Wahlberechtigte von Montag bis Mittwoch befragt. Wahlumfragen sind generell mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten zufolge die Gewichtung der erhobenen Daten. (dpa/epd/mig) Leitartikel Politik

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