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Lieferkettengesetz
EU will Menschenrechte und Umweltschutz verschieben
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen selbst brachte 2019 den Wandel auf den Weg. Nun folgt die Kehrtwende. Die EU-Kommission will das Lieferkettengesetz verschieben. Es sollte Kinderarbeit, Menschenrechtsverstöße und Umweltsünden verhindern.
Donnerstag, 27.02.2025, 11:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.02.2025, 11:12 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die EU-Kommission will zentrale Nachhaltigkeitsvorgaben lockern, darunter das EU-Lieferkettengesetz. Nach einem am Mittwoch vorgestellten Reformpaket, das auf Bürokratieabbau und Entlastung von Unternehmen zielt, soll die Umsetzung des Lieferkettengesetzes um ein Jahr auf 2028 verschoben werden. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Pläne als Rückschritt für Klimaschutz und soziale Standards, während die Wirtschaft auf Erleichterungen hofft.
Das Reformpaket mit dem Namen „Omnibus-Verordnungen“ umfasst neben dem Lieferkettengesetz (CSDDD) auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), die EU-Taxonomie sowie den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Diese Regelungen wurden erst kürzlich eingeführt. Nun sollen sie vereinfacht werden.
Konkret sollen Unternehmen künftig nicht mehr verpflichtet sein, ihre Lieferanten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu überprüfen. Das heißt, sie müssen nicht mehr kontrollieren, dass ihre Lieferanten keine Menschenrechtsverstöße begehen oder von Kinderarbeit profitieren. Zudem würden rund 80 Prozent der Unternehmen von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgenommen. Auch der CO2-Grenzausgleichsmechanismus, ein zentrales Instrument gegen Klimadumping, soll deutlich abgeschwächt werden.
Grund für Verschiebung: Wettbewerbsfähigkeit
Die EU-Kommission begründet die Reformen mit der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits angekündigt, diesen Aspekt in ihrer zweiten Amtszeit in den Fokus zu rücken.
Kritiker warnen vor einer Abkehr vom European Green Deal, einem weitreichenden Programm für mehr Klima- und Umweltschutz, das von der Leyen 2019 auf den Weg gebracht hatte. „Der heute veröffentlichte EU-Omnibus-Vorschlag höhlt zentrale Umwelt- und Sozialstandards drastisch aus. Der Entwurf sollte eigentlich nur wichtige Richtlinien zu nachhaltigem Finanzwesen, Sorgfaltspflichten von Unternehmen und Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinfachen“, erklärte die Umweltschutzorganisation WWF. Statt Regulierungen zu zerschlagen, sollte die Politik Unternehmen bei der praktischen Umsetzung unterstützen.
Kritik: Keine Verantwortung ohne Pflicht
„Mit dem Omnibus-Paket setzt Kommissionspräsidentin von der Leyen die Kettensäge an den Umwelt- und Menschenrechtsschutz“, erklärte Oxfam. Ohne verbindliche Sorgfaltspflichten würden Unternehmen keine Verantwortung übernehmen. „Etwas, das die Katastrophen der letzten Jahre schmerzlich verdeutlicht haben: einstürzende Textilfabriken, Dammbrüche im Bergbau und Pestizidvergiftungen auf Bananenplantagen.“ Die Verschiebung ist Experten zufolge auch ein Rückschlag im Kampf gegen klimabedingte Fluchtursachen.
Die Vorschläge müssen nun im Europäischen Parlament und von den Mitgliedstaaten beraten werden. Ob sie dort eine Mehrheit finden, ist ungewiss. Europaabgeordnete der Grünen und der Sozialdemokraten zeigten sich skeptisch. Nach dem Wahlsieg der Union steht auch das nationale Lieferkettengesetz auf der Kippe. CDU und CSU hatten noch im Dezember 2024 die Abschaffung des deutschen Regelwerks gefordert. (epd/mig) Aktuell Politik
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