Ukrainer, Ukraine, Fahne, Teddybär, Koffer, Flucht, Flüchtling, Krieg
Ukrainer auf gepackten Koffern (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Nach Trump-Selensky-Eklat

Wohnungswirtschaft rechnet mit mehr Geflüchteten aus der Ukraine

Viele Ukrainer leben seit Ausbruch des Krieges im Norden Deutschlands. Nach dem Eklat im Weißen Haus zwischen Trump und Selenskyj rechnet die Wohnungswirtschaft mit weiteren Geflüchteten. Faser fordert faire Verteilung in Europa.

Mittwoch, 05.03.2025, 10:52 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.03.2025, 14:43 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die Wohnungswirtschaft rechnet mit Folgen für Norddeutschland durch die Ukraine-Politik von US-Präsident Donald Trump. „Mit der Entscheidung der USA, militärische Hilfe für die Ukraine einzustellen, wächst die Gefahr, dass sich weitere Menschen in großer Zahl auf dem Weg nach Norddeutschland machen“, sagte der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Andreas Breitner. „Vor allem Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Hamburg müssen für diese Menschen mehr Wohnraum schaffen“, sagte er. Nur dann sei Integration möglich.

Nach Angaben des Landesinnenministeriums in Schwerin sind seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor drei Jahren in Mecklenburg-Vorpommern rund 36.000 ukrainische Kriegsvertriebene registriert worden. Davon hätten sich Anfang Februar noch 26.800 in dem Bundesland aufgehalten. Zwar gelinge die Unterbringung der Ukrainer überwiegend reibungslos, hieß es aus dem Ministerium. Allerdings führe die angespannte Lage am Wohnungsmarkt vor allem in den wenigen Ballungszentren Mecklenburg-Vorpommerns dazu, dass die dezentrale Unterbringung in eigenen Wohnungen immer schwieriger werde.

___STEADY_PAYWALL___

„Ich gehe davon aus, dass – wie vor drei Jahren – viele Ukrainerinnen und Ukrainer nach Norddeutschland kommen werden – auch, weil hier schon viele Landsleute leben“, sagte Breitner. Wohnungsunternehmen müssten in die Lage versetzt werden, rascher Wohnungen bauen zu können. „Dabei dürfen wir die soziale Infrastruktur wie Schulen und Kindergärten nicht vergessen.“ Der Norden könne sich nicht mehr auf den Leerstand von vor drei Jahren verlassen.

Faeser: Faire Verteilung von Ukrainern bei weiterer Flucht

Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordert für den Fall neuer Fluchtbewegungen aus der Ukraine eine faire Verteilung der Geflüchteten in der Europäischen Union. Sollte Russlands Präsident Wladimir Putin den Krieg weiter eskalieren, die US-amerikanische Unterstützung Kiews künftig fehlen und dies zu einer neuen Fluchtbewegung führen, sei „völlig klar“, dass es eine verbindliche Verteilung der ukrainischen Geflüchteten „nach einem fairen Mechanismus in der gesamten EU“ brauche. Das sagte Faeser vor einem Treffen der europäischen Innenminister in Brüssel.

Eine „verpflichtende und verbindliche Verteilung“ ist Faeser zufolge in diesem Fall entscheidend, da derzeit neben Deutschland die Hauptlast bei Polen und Tschechien liege. Falls es zu einer größeren Fluchtbewegung komme, müsse sich dies künftig ändern. Zugleich betonte die Innenministerin, dass sie derzeit keine neue Fluchtbewegung aus der Ukraine erwarte. „Es ist nur das Szenario, über das wir heute reden werden“, bekräftigte Faeser.

SPD-Bundesvize Midyatlı wirbt für konstruktive Lösungen

SPD-Bundesvize Serpil Midyatlı wirbt derweil für verbale Abrüstung und konstruktive Lösungen in der Migrationsdebatte. Die Gesellschaft dürfe nicht weiter so gespalten und verunsichert werden, sagte Schleswig-Holsteins Landtags-Fraktionsvorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. Nötig sei ein Eingeständnis, dass Deutschland nicht nur Einwanderungsland, sondern auch „Willkommensland“ sei.

Gerade mit dem Blick auf den Fachkräftemangel in der Zukunft müsse Deutschland aufnahmebereiter werden, sagte Midyatli. „Wenn man sich den demografischen Wandel anguckt, müssen wir noch vielfältiger und bunter werden.“ Gleichzeitig könnte von den Menschen aber verlangt werden, dass sie etwa Integrations- und Sprachkurse besuchen. „Faktenlage ist aber, dass wir seit der Einführung der Integrations- und Sprachkurse nicht genügend Plätze haben.“ Dies seien etwa Probleme, die im Mittelpunkt der zukünftigen Debatten stehen müssten.

SPD-Fraktionschefin erwartet verbale Abrüstung

Die bisherigen Diskussionen um Migration seien hingegen teilweise faktenfrei, mit viel Emotion und verfassungswidrigen Vorschlägen geführt worden – da nimmt Midyatlı auch die eigene Partei nicht aus. „Wenn wir in einer wirtschaftlich schlechten Situation sind, kann es doch nicht sein, dass man zuerst eine Neiddebatte und dann eine Vorurteilsdebatte führt und am Ende oft auch noch in Rassismus abgleitet“, betonte Midyatli.

„Ich gehe davon aus, dass Friedrich Merz deutlich abrüsten wird, weil er jetzt die Wahl mit dem Thema für sich gewonnen hat“, sagte die SPD-Politikerin. Es könne zudem nicht im Interesse des CDU-Politikers sein, dass er der nächste Kanzler ist und als allererstes seine Vorschläge von der Europäischen Union und dem Verfassungsgericht wieder einkassiert werden.

So müssten Lösungen diskutiert werden, die am Ende auch funktionieren. „Wann reden wir eigentlich mal darüber, was eigentlich eine vielfältige Gesellschaft ausmacht und was dann auch Stärken sind?“, kritisierte Midyatlı.

Trump-Selensky-Eklat mit Folgen für die Ukraine

Union und SPD sondieren derzeit Möglichkeiten für eine schwarz-rote Bundesregierung. Allerdings wurde im Wahlkampf viel Vertrauen zwischen den Parteien zerstört. Die SPD warf Unions-Kanzlerkandidat Merz Wort- und Tabubruch wegen einer gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag vor. Merz wetterte zuletzt scharf gegen „linke Spinner“ und handelte sich dafür den Vorwurf der SPD ein, wie ein „Mini-Trump“ aufzutreten.

Die Regierung von Präsident Trump hat die US-Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine vorerst eingestellt – wenige Tage nach dem Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Der Schritt dürfte drastische Folgen für die Ukraine haben. (dpa/mig) Aktuell Panorama

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)