
Verengter EU-Blick
Tump-Zölle könnten Migrationsdruck in Afrika erhöhen
Die US-Zölle treffen Afrikas ärmste Länder besonders hart – doch in Europa bleibt das weitgehend unbeachtet. Dabei könnten die Maßnahmen wirtschaftliche Existenzen zerstören und den ohnehin hohen Migrationsdruck weiter verschärfen.
Sonntag, 06.04.2025, 13:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 06.04.2025, 13:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das kleine Land Lesotho im südlichen Afrika hat es besonders hart getroffen. 50 Prozent Importzoll hat US-Präsident Donald Trump auf Produkte verhängt, die dort hergestellt und von den USA importiert werden. Zehn Prozent der Wirtschaftsleistung des kleinen Landes, das komplett von Südafrika umgeben ist, hängen an den Lieferungen in die USA. Dabei handelt sich vor allem um Textilien – unter anderem Levi’s Jeans – und Diamanten. Noch vor wenigen Wochen hatte Trump sich über Lesotho lustig gemacht – kein Mensch habe je von dem Land gehört, sagte er im März.
Mit den am Dienstag von Trump für Handelspartner weltweit verkündeten Zöllen sollen offenbar vor allem Länder bestraft werden, die bisher mehr in die USA exportiert haben, als sie aus den Vereinigten Staaten bezogen haben. Insgesamt sind 20 Länder in Afrika betroffen, mit Zöllen unterschiedlicher Höhe. Trump drohte auch mit einer Erhöhung der Zölle, sollte ein Land „Vergeltung“ versuchen.
Verengter EU-Blick auf die Zölle
In Europa konzentriert sich die öffentliche Debatte über die neuen US-Zölle bislang vor allem auf mögliche Auswirkungen auf den eigenen Handel – etwa auf deutsche Auto- oder Maschinenexporte. Die Folgen für kleinere Volkswirtschaften in Afrika spielen dagegen kaum eine Rolle. Dabei trifft die Maßnahme gerade Länder hart, die wirtschaftlich stark von US-Importen abhängig sind und kaum Alternativen haben. Expertinnen und Experten kritisieren, dass diese Perspektive in der europäischen Diskussion bislang weitgehend ausgeblendet wird.
Bisher gilt der „African Growth and Opportunity Act“ (Gesetz für Wachstum und Chancen Afrikas). Seit 25 Jahren erlaubt die Regelung den zollfreien Import von 1.800 Produkten wie zum Beispiel Textilien und Lebensmitteln aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara in die USA. Das Gesetz wurde jeweils für fünf Jahre verlängert, zuletzt bis September. Eine Verlängerung ist kaum vorstellbar.
Zölle treffen kleine Staaten hart
Die neuen Zölle treffen vor allem kleine Staaten auf dem Kontinent hart, obwohl für die meisten afrikanischen Länder inzwischen China die USA als wichtigster Handelspartner überholt hat. Produkte aus größeren und stärkeren Volkswirtschaften – abgesehen von Südafrika – haben geringere Zollauflagen. Für Importe aus Nigeria sind etwa 14 Prozent vorgesehen, für Kenia 10 Prozent.
Für Madagaskar sind die Zölle in Höhe von 47 Prozent ein Schock. Der kleine Inselstaat ist der größte Vanille-Produzent weltweit, 2024 haben die USA von dort den mit Abstand größten Teil der Vanille im Wert von 143 Millionen US-Dollar importiert. Dazu kommen Textilien und Metalle, sodass nach Angaben der US-Botschaft insgesamt rund 15 Prozent der Wirtschaft in Madagaskar von den Exporten in die USA abhängig sind.
Erhöhen Zölle Migrationsdruck?
Ein ähnliches Schicksal hat auch die Insel Mauritius ereilt, von wo ebenfalls vor allem Textilien, Zucker und auch Edelsteine in die USA gehen, auf die nun 40 Prozent Zoll anfallen sollen. Auch Botsuana und Angola sind vor allem aufgrund ihrer wertvollen Edelsteinexporte in die USA von hohen Zöllen betroffen.
Beobachter warnen, dass die neuen Zölle auch gesellschaftliche Folgen haben könnten. In vielen der betroffenen Länder ist die wirtschaftliche Lage bereits angespannt, insbesondere für junge Menschen gibt es oft kaum Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Der Druck, ins Ausland zu migrieren, ist in vielen Regionen schon jetzt hoch – auch innerhalb des afrikanischen Kontinents. Mit dem Wegbrechen von Exportmärkten könnten Arbeitsplätze wegfallen. Das dürfte die wirtschaftliche Unsicherheit weiter verschärfen und bestehende Wanderungsbewegungen verstärken. Auch europäische Staaten dürften die Auswirkungen dieser Entwicklung mittelbar zu spüren bekommen. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft
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