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Flughafen (Archiv) © henry911 @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Union empört

Darum kommen immer noch Menschen aus Afghanistan

Unionspolitiker reagieren mit Empörung auf die Ankündigung weiterer Charterflüge für gefährdete Menschen aus Afghanistan nach Deutschland. Es gibt aber Gründe dafür.

Von Dienstag, 15.04.2025, 15:06 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 15.04.2025, 15:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die wahrscheinlich nächste Regierungskoalition aus Union und SPD will die humanitären Aufnahmeprogramme beenden, auch das für Afghaninnen und Afghanen. Noch kommen potenziell gefährdete Menschen über Flüge aus Pakistan nach Deutschland. Unionspolitiker kritisieren die noch geschäftsführende Regierung dafür. Warum kommen immer noch Menschen aus Afghanistan? Ein Überblick zu den humanitären Programmen:

Was ist der Grund für die Aufnahmen?

Als im Sommer 2021 die internationalen Streitkräfte Afghanistan nach 20-jährigem Militäreinsatz verließen, eroberten die Taliban das Land zurück. Zehntausende Menschen, die für die Bundeswehr oder deutsche Organisationen gearbeitet hatten, sich für Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit eingesetzt hatten, verloren ihre Perspektive und mussten Verfolgung fürchten. Besonders galt das für Frauen. Aus Verantwortung für diese Menschen versprachen die damalige Bundesregierung und die darauffolgende Ampel-Regierung, gefährdete Personen aufzunehmen.

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Wie viele Menschen wurden aufgenommen?

Seit der Machtübernahme der Taliban wurden nach Angaben des Auswärtigen Amts mehr als 36.000 Afghaninnen und Afghanen aufgenommen, die allermeisten davon direkt nach der Rückeroberung der Taliban im Sommer 2021. Gekommen sind sie über verschiedene Programme: Bereits seit 2013 gibt es das Ortskräfteverfahren für ehemalige lokale Mitarbeiter von Bundeswehr, Polizei, Ministerien und deutschen Organisationen.

Viele Menschen kamen zudem über die 2021 eingeführte sogenannte Menschenrechtsliste. Schutz fanden darüber Menschen, die sich für das Ziel der westlichen Staaten, in Afghanistan einen demokratischen Rechtsstaat zu errichten, eingesetzt hatten: Anwälte, Journalistinnen, Menschenrechtsaktivisten, Polizistinnen, Kulturschaffende oder Lehrerinnen.

2022 hatte die Ampel-Regierung ein Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghaninnen und Afghanen aufgelegt, über das bis zu 1.000 Menschen im Monat kommen sollten. Die tatsächlichen Einreisen blieben aber weiter darunter: Bislang sind nach Angaben des Auswärtigen Amts insgesamt rund 1.400 Menschen über das Programm eingereist, zuletzt vorwiegend Frauen und Kinder.

Wie laufen die Verfahren ab?

Da mangels deutscher Vertretungen in Afghanistan keine Flüge direkt von dort organisiert werden können, werden die Verfahren in Pakistan abgewickelt. Eingebunden sind dabei nicht nur die Botschaft, sondern zahlreiche Sicherheitsbehörden. Bundespolizei und das Bundesamt für Verfassungsschutz nehmen laut Innenministerium aufwendige Sicherheitsüberprüfungen vor, inklusive ausführlicher Interviews.

Wie lange können die Menschen in Deutschland bleiben?

Die Menschen aus Afghanistan bekommen laut Bundesinnenministerium ein Aufenthaltsrecht für zunächst drei Jahre.

Warum will die wahrscheinliche nächste Koalition die Aufnahmen stoppen?

Wesentlicher Grund ist die in den Augen von Union und SPD zu hohe Zahl neu ankommender Flüchtlinge in Deutschland. Sie will die Fluchtzuwanderung weiter begrenzen und deswegen unter anderem auch humanitäre Aufnahmeprogramme stoppen. Auf die Ankündigung weiterer Charterflüge reagierten Unionspolitiker, darunter Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, mit Empörung.

Grünen-Politiker Konstantin von Notz wiederum zeigte kein Verständnis dafür: „Erneut schießt man aus der Union aus allen Rohren gegen die Aufnahme von Menschen, die vor der Terrorherrschaft der Taliban geflüchtet sind.“ Das sei „menschlich zutiefst schäbig“ und erschüttere auch das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat sowie die von ihm gemachten Zusagen. Dass die SPD dazu schweige, sei erschreckend, sagte der Grünen-Politiker. Das Gleiche gelte für Friedrich Merz (CDU), der als künftiger Kanzler umgehend klarmachen müsse, ob er zu Deutschlands Zusagen stehe oder nicht.

Warum gibt es weiter Flüge?

Die geschäftsführende Bundesregierung hat entschieden, keine neuen Aufnahmezusagen mehr zu machen, hält aber daran fest, bereits gemachte Zusagen zu erfüllen. Afghaninnen und Afghanen mit einer Zusage haben nach Auskunft des Bundesinnenministeriums zwei Jahre Zeit, um ein Visum zu beantragen. Wie lange das anschließende Verfahren inklusive Sicherheitsüberprüfung danach dauert, ist demnach rechtlich unerheblich. Nach Angaben des Auswärtigen Amts warten in Pakistan noch 2.600 Menschen, die eine verbindliche Aufnahmezusage aus Deutschland haben. (dpa/mig) Aktuell Politik

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