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Rassistische Anzeige im Sebnitzer Amtsblatt

Empörung in Sebnitz

Rassistische Anzeige im Amtsblatt: „Keine Hakennasen, keine Bimbos“

Mit einer Anzeige im Amtsblatt der Stadt Sebnitz sucht eine Dachdeckerfirma nach Azubis – und macht dabei eine menschenverachtende, rassistische Einschränkung. Die Stadt reagiert, steht aber selbst in der Kritik.

Montag, 21.04.2025, 16:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 21.04.2025, 17:16 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Eine menschenverachtende Anzeige im Amtsblatt der sächsischen Stadt Sebnitz sorgt für Empörung. Eine ortsansässige Dachdeckerfirma hatte dort einen Ausbildungsplatz in Aussicht gestellt – schloss dabei aber bestimmte Menschen aus, die mit antisemitischen, rassistischen und diskriminierenden Begriffen beschrieben wurden.

Die Stadtverwaltung distanzierte sich von der „Anzeige mit verachtendem und ausländerfeindlichem Inhalt“. „So etwas zu lesen ist beschämend und untragbar. Wir sind ebenso bestürzt und versuchen aktuell die Lage aufzuklären“, schrieb die Verwaltung auf Facebook. „Wir haben erst davon erfahren, als wir die Druckausgabe in den Händen hielten“, sagte Oberbürgermeister Ronald Kretzschmar (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur.

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Stadtverwaltung verurteilt Vorfall

Die Stadt Sebnitz sei ausschließlich für den redaktionellen Teil des „Grenzblattes“ – so heißt das Amtsblatt – verantwortlich und kenne den Anzeigenteil bis zur Veröffentlichung auch nicht, teilte die Verwaltung mit. Dieser liege allein in der Verantwortung des Verlages.

„Wir distanzieren uns ausdrücklich und entschieden von den in der privaten Anzeige verwendeten Ausdrücken sowie dem menschenverachtenden Gedankengut, das ihr zugrunde liegt. Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz und werden in jeder Form abgelehnt“, hieß es von der Stadtverwaltung. Man habe gegen den Verfasser der Anzeige sowie den Verlag eine Strafanzeige gestellt.

Die Dachdeckerfirma war für eine Anfrage zunächst nicht zu erreichen. Oberbürgermeister Kretzschmar sagte, er kenne den Chef der Firma persönlich nicht. Er habe auch nicht vor, ihn zu kontaktieren. „Wir reden hier über einen gestandenen Mann, der muss eigentlich wissen, was er für eine Aussage tätigt.“

Linke sprechen von Volksverhetzung und stellen Strafanzeige

Aus den Reihen der Linken gab es ebenfalls Strafanzeigen – gegen die Firma, den Verlag und die Stadtverwaltung. „Das ist Volksverhetzung, das Inserat ist eindeutig antisemitisch und rassistisch“, betonte die sächsische Landesparteichefin Susanne Schaper. Die Stadtverwaltung könne sich nicht damit herausreden, dass sie nur den redaktionellen Teil kenne und verantworte. Anzeigen in einem Amtsblatt würden der Stadt zugeordnet. „Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung umgehend ihre Abläufe ändert und sicherstellt, dass niemand mehr menschenverachtende Inhalte im Blatt platzieren kann.“ Die Stadt stellte seinerseits Strafanzeige gegen den Verfasser der Anzeige und den Verlag.

Stadtchef Kretzschmar betonte, dass die Stadtverwaltung vorab keinen Einblick in den Teil mit den privat finanzierten Anzeigen habe. Der Verlag habe inzwischen eine geforderte Stellungnahme abgegeben. „Der Verlag entschuldigt sich auch für den Fehler und sieht auch ein, dass das ein unwiederbringlicher Fehler gewesen ist und wird seinerseits dann Maßnahmen ergreifen, im Betrieb sicherzustellen, dass so was in Zukunft nicht mehr möglich ist“, sagte Kretzschmar. Die Anzeige war auf der digitalen Ausgabe des Blattes nicht mehr zu sehen.

Handwerk distanziert sich von Anzeige

Die Handwerkskammer Dresden distanzierte sich von der menschenverachtenden Anzeige. Sie wende sich als Organisation für alle rechtschaffenen und weltoffenen Handwerker gegen jede Form von Diskriminierung, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Die Branche habe sich in einem Klima der Weltoffenheit und Vielfalt immer positiv entwickelt.

„Hier arbeiteten Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität, die unser Land am Laufen halten.“ Die Firma in Sebnitz werde bezüglich ihrer Eignung als Ausbildungsbetrieb angehört.

Demonstration gegen Rassismus geplant

Rainer Böhme vom Bündnis Buntes Sebnitz fürchtet, dass der Vorfall die Stadtgesellschaft weiter auseinandertreiben werde. Es werde auch Leute geben, die dem Dachdeckermeister applaudierten, sagte Böhme der Deutschen Presse-Agentur.

Sebnitz will in diesem September den „Tag der Sachsen“ ausrichten. Dafür sei das Geschehene in jedem Fall kontraproduktiv, sagte Böhme. Die Linken und Grüne riefen für Montag zu einer Demonstration gegen Rassismus auf. Rund 80 Menschen nahmen daran teil. Auf dem Marktplatz gab es zudem zwei spontan angemeldete Gegenproteste aus dem eher rechten Spektrum mit nach Polizeiangaben etwa 130 Teilnehmern. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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