Bayern
Konzept zur Integration von Kindern mit Migrationshintergrund
Mit einem Gesamtkonzept will Bayerns Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund stärker bei der Integration unterstützen und zu mehr Bildungserfolg verhelfen. „Es ist mein Ziel, die Teilhabechancen für Kinder aus Migrantenfamilien zu erhöhen“, unterstrich Minister Spaenle.
Freitag, 20.03.2009, 10:40 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.08.2010, 7:26 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Durch eine Evaluation der Effizienz und – wo erforderlich – Optimierung der bestehenden Einzelmaßnahmen, ihre Bündelung sowie einen zielgerichteten Ausbau des Förder- und Integrationsangebots soll die Bildungsgerechtigkeit weiter vorangetrieben werden. Damit begegnet Bayern dem Problem, dass Kinder mit Migrationshintergrund bundesweit bei den internationalen Vergleichstests wie PISA, IGLU und TIMSS unterdurchschnittlich abschneiden. „Es geht mir darum, dass die jungen Leute mit Migrationshintergrund sowohl Bildungs- wie auch Teilhabegerechtigkeit erfahren“, so Dr. Spaenle.
Dabei spielt die deutsche Sprache als Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft eine zentrale Rolle. Weitere wichtige Handlungsfelder des Gesamtkonzepts zur schulischen Integration sind der Aufbau interkultureller Kompetenzen bei allen Schülerinnen und Schülern, die kulturelle Integration durch eine nachhaltige Werte- und Demokratieerziehung, die Beteiligung der Eltern am Schulleben und Verbesserungen an den Schnittstellen, bes. beim Übergang von der Schule zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.
Ganztagsangebote ausbauen und Klassenhöchstgrenzen absenken
Um die Chancen nicht nur der Kinder mit Migrationshintergrund auf schulischen Erfolg zu erhöhen, baut Bayern die Ganztagsangebote zunächst an Hauptschulen und Grundschulen aus. So sollen im kommenden Schuljahr zusätzlich 100 Ganztagszüge an Hauptschulen und 100 Ganztagszüge an Grundschulen auf den Weg gebracht werden. Speziell in Klassen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund soll in die Senkung der Schülerhöchstgrenze einzusteigen, um so die individuelle Förderung erhöhen zu können. Ziel ist es, dass Klassen, in denen der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund über 50 Prozent liegt, künftig nicht mehr als 25 Schüler haben sollen.
Bei der Deutschförderung soll auch künftig das Instrument der Vorkurse, also von Deutschkursen mit derzeit 240 Stunden im letzten Kindergartenjahr, im Vordergrund stehen. „Damit erlangen die Mädchen und Jungen eine bessere Ausgangsposition, um in der Grundschule vom ersten Tag an inhaltlich den Anschluss zu bekommen“, so der Minister. Begleitend zum Schulunterricht in einzelnen Fächern sollen langfristig die erworbenen Deutschkenntnisse bei Migrantenkindern gezielt gefördert werden.
Gegenwärtig bestehen 75 Übergangsklassen, 354 Deutschförderklassen mit 4.393 Schülern und 5.888 Deutschförderkurse. Im Rahmen des „Mercatorprojekts“ wird die Sprachentwicklung der Kinder durch Lehramtsstudierende unterstützt – finanziert durch die Mercator-Stiftung. Bisher gab es in Bayern die Standorte Augsburg und Regensburg, in absehbarer Zukunft kommt München hinzu.
Die Sprachstandsfeststellung soll ausgeweitet werden, um Kinder sprachlich fördern zu können. So sollen auch die Kompetenzen von Kindern mit migrationshintergrund im Schulalter erhoben und ihnendann gezielt Förderangebote unterbreitet werden. Ab 2010 sollen auch die Deutschfördermaßnahmen für Schüler mit Migrationshintergrund an Realschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen bedarfsgerecht ausgebaut werden. Bei aller Sprachförderung, die der Staat leistet, fordert Minister Spaenle aber auch die Familien selbst auf, sich intensiver um die Sprachförderung zu bemühen. „Dann haben ihre Kinder mehr Erfolg“, so seine Einschätzung.
Um die Chancen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund am Übergang zur Berufsausbildung zu verbessern, sollen Schlüsselqualifikationen eingeübt und Bewerbungen an Hauptschulen trainiert werden. Dazu sollen ein interkulturelles Job-Coaching, eine spezielle Deutschförderung in JoA- und BVJ-Klassen sowie Betriebspatenschaften dienen.
Interkulturelle Kompetenzen stärken
Minister Spaenle will darüber hinaus die Vermittlung interkultureller Kompetenzen ausbauen, etwa durch verstärkte Berücksichtigung in der Lehrerausbildung und durch den Schulversuch KommMIT. In diesem erproben und evaluieren 30 Modellschulen Konzepte in der sprachlichen Integration, im interkulturellen Lernen und in der interkulturellen Zusammenarbeit. Die Ergebnisse werden allen Schulen in Bayern zur Verfügung gestellt.
Der Kultusminister will mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund gewinnen. Mit Hilfe der Werteinitiative „Werte machen stark“ will er die Akzeptanz der Demokratie fördern, mit Projekten der Stiftung „art 131“ wie Canto migrando will er das Selbstwertgefühl der Migrantenkinder heben.
Islamischer Unterricht wird als Modellversuch in ganz Bayern erprobt
Den Islamischen Unterricht will Kultusminister Spaenle auf der Grundlage des Erlanger Modells schrittweise in der Fläche ausbauen und im Rahmen eines Modellversuchs binnen fünf Jahren erproben. „Wir müssen die muslimischen Kinder dabei begleiten, eine geistig-geistliche Heimat in der Mitte der Gesellschaft zu finden und zu behalten“, betonte Minister Spaenle. Dabei hilft ein Lehrplan, der neben den religiösen Inhalten die Werte der bundesdeutschen Verfassungsordnung einbindet. Der Islamische Unterricht ist kein konfessioneller Unterricht im strengen Sinne. Die Eltern allerdings sind bei der Legitimation der religiösen Inhalte beteiligt, die in Zusammenarbeit mit Fachwissenschaftlern der Universität Erlangen-Nürnberg erarbeitet worden sind. Islamische Religionsgemeinschaft sind allerdings ncht beteiligt. Lehrpläne liegen für Grund-, Haupt- und Realschule vor, können aber auch auf die Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums übertragen werden.
Die Lehrmittel sind für einige Jahrgangsstufen bereits zugelassen, die Lehrerbildung befindet sich im Aufbau. Zu Ende dieses Schuljahres wird die Islamische Unterweisung in türkischer Sprache eingestellt.
Tutorenprogramme und niederschwellige Beratungsangebote geplant
Mit Hilfe von Tutoren- und Mediatorenprogrammen will der Minister ebenso wie durch die Einrichtung eines Interkulturellen Fachberaters für Schüler und eines Koordinators im Lehrerkollegium an Schulen mit hohem Migrantenanteil die Integration von Kindern aus Migrantenfamilien voranbringen.
Migrantenfamilien will Minister Spaenle niederschwellige Beratungs- und Informationsangebote unterbreiten, etwa durch Integrationskurse an Schulen. Minister Spaenle will Migrantenorganisationen als Dialogpartner gewinnen. Die „aufsuchende“ Elternarbeit will der Minister im Bedarfsfall ausweiten.
Im Rahmen von Stadtteilprojekten will Minister Spaenle die Schulen öffnen
Am 24. März wird Minister Spaenle zu einem bayernweiten „Runden Tisch“ aus Vertretern der Schulverwaltung sowie externen Partnern wie Konsulaten, Universitäten, Migrantenorganisationen und Behörden einladen. „Mit diesem Gesamtkonzept tragen wir ein gutes Stück zu mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche Migrantenfamilien bei und verhindern den Ausbau von Parallelgesellschaften“, zieht Dr. Spaenle ein Fazit. Politik
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«Das wird für den Freistaat teuer»
Ab September sollen Schulklasse mit vielen Migrantenkindern geteilt werden
Ab kommendem Schuljahr werden die Bildungschancen von Kindern, die in Klassen mit einem hohen Migrantenanteil unterrichtet werden, deutlich verbessert. …“
Quelle: http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=987448&kat=10&man=3