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Holocaust

Wachsender Unwillen zur Erinnerung

Die jüdische Philosophin Prof. Dr. Myriam Bienenstock sieht unter europäischen Intellektuellen einen wachsenden Unwillen zur Erinnerung an den Holocaust. In Frankreich werde es immer schwieriger, darüber zu sprechen.

Mittwoch, 26.01.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 28.01.2011, 2:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Unter den französischen Intellektuellen wächst in den vergangenen Jahren der Unwillen, die Erinnerung an die Schoah aufrecht zu erhalten“, kritisierte die Wissenschaftlerin der Universität François Rabelais in Tours am Donnerstagabend (20. Januar 2011) in einem Vortrag am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster. Selbst so schreckliche Bezeichnungen wie „Erinnerungspornographie“ könnten in Frankreich Publikumserfolge verbuchen.

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Insbesondere der französische Philosoph Paul Ricoeur dürfte mit seinem im Jahr 2000 veröffentlichten, populären Buch „Gedächtnis, Geschichte, Vergessen“ und dem dort eingeführten Begriff „Erinnerungsarbeit“ zu einer Verschlechterung des Diskussionsklimas in Frankreich beigetragen haben, bemängelte die Expertin. Ricoeur schreibe, man solle vergessen, um ein „glückliches Gedächtnis“ zu erlangen, so Bienenstock. „Solche Überlegungen zum Umgang mit der Schoah haben sich in den letzten Jahren vervielfältigt und die Thesen haben sich noch verschärft.“

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Die jüdische Philosophin sprach sich hingegen klar gegen das Vergessen aus. „Es gibt eine klare Pflicht zur Erinnerung“, betonte Bienenstock. „Die Wurzeln dieser Pflicht liegen tief in der christlichen und jüdischen Tradition.“ Schon im biblischen Buch Mose und in der Pessach-Haggada sei sie festgehalten, so die jüdische Philosophin. Sie schlug zudem vor, die Pflicht durch einen treffenderen Begriff zu ersetzen: „Es wäre viel angemessener, von einer ‚Schuld des Erinnerns‘ zu sprechen.“ Der Begriff „Schuld“, so die Wissenschaftlerin, habe nicht nur eine moralische und juristische, sondern auch eine materielle und finanzielle Bedeutung.

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Prof. Dr. Myriam Bienenstock ist im Rahmen einer Mercator-Professur und auf Einladung von Philosoph Prof. Dr. Ludwig Siep vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ im Wintersemester 2010/2011 zu Gast an der Universität Münster.

„Eine rein moralische oder religiöse Pflicht reicht nicht aus“, verdeutlichte Bienenstock. Damit die Erinnerung wirksam sei, müsse sie als „politische Pflicht par excellence“ verstanden werden. Nur auf diese Weise lasse sich sicherstellen, dass der Erinnerung in jedem Staat die je passende Bedeutung zugeschrieben werde. „Franzosen, Deutsche und Israelis müssen beispielsweise unterschiedliche Verpflichtungen haben“, sagte sie. „Doch auch wenn sie nicht für alle Länder gleich ausgestaltet sind, gelten sie doch ausnahmslos für alle und jeden.“ (es)
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  1. Sonata sagt:

    Wir groß die fehlende Erinnerung an diese Untaten ist, kann man derzeit in Hannover sehen. Ein besonders trauriger Höhepunkt des islamischen Antisemitismus waren die Steinwürfe auf eine jüdische Tanzgruppe im Juli 2010 in Hannover, die von bis zu 30 Kindern und Jugendlichen islamischer Herkunft ausgeführt wurden. Nun stehen die Täter vor Gericht und der Richter sieht keinerlei antisemitischen Hintergrund, der Jugendliche habe vermutlich “einfach mitgemacht”. Und das trotz antisemitische Parolen. Jemand habe durch ein Megafon “Juden raus!” skandiert, berichteten Zeugen.

    Der nun angeklagte 15-Jährige muss sich unabhängig davon wegen Diebstahl, räuberischer Erpressung und Hehlerei verantworten, so der Sprecher. Das Jugendgericht verhandelt diese Vorwürfe gleich mit.

    Hier gilt es jetzt für das MIGAZIN Gesicht zu zeigen, gegen Antisemitismus.

  2. bogo70 sagt:

    Ich halte nichts von vorgeschriebenem Gedenken, wir sollten überdenken, wie wir Gedenken. Es ist nicht Zeitgemäß wenn wir von der Jugend verlangen unsere Gedenkkultur zu übernehmen. Mich wundert es wenig, dass die jungen Leute nicht mehr den Drang verspüren an verstaubten Ritualen ohne Geist teilzunehmen. Wer ehrlich mit sich selbst ist, der weiß das diese widerkehrenden Rituale, nur noch wie ein Pflichtprogramm über die Bühne gebracht werden und danach können sich alle selbstzufrieden in ihre Sessel lehnen und behaupten sie hätten der Opfer gedacht und das muss dann vorerst reichen. Ich erwarte vom Zentralrat der Juden, dass man der Gesellschaft die Gelegenheit bietet eine neue Kultur des Gedenkens zu zelibrieren. So ernst das Thema auch ist, so erreichen wir nur noch die Alten und die wissen sowieso wie traurig dieses Kapitel unserer deutschen Geschichte ist. Gebt der Jugend eine Chance ihr Gedenken selbst zu gestalten und zwingt sie nicht in Rollen, in die sie nicht hineinpassen.

  3. MoBo sagt:

    @ Sonate: Was hat diese Einzeltat mit Intellektuellen in Frankreich zu tun?

    In Hannover hat die Rechtspopulistische „Wir für Hannover“ von Ausländern pauschal gefordert, sich bei den Juden zu entschuldigen. Fand ich super. Die Russen und die Spanier und die Griechen und die Amerikaner werden von Deutschen aufgefordert, sich bei Juden zu entschuldigen. Chutzpe!

    Ich finde auch interessant, dass Sie es als „Höhepunkt“ bezeichnen, weil mir keine anderen muslimischen antisemitischen Taten in Hannover bekannt sind. Oder meinen Sie wie die Palästinenser und Jüdische Gemeinden mit den Fahnen Israels und Palästinas gemeinsam am 01.05.2009 gegen die NPD demonstriert haben? Oder die Einladung der Jamaat un-Nur zum Fastenbrechen 2009 an eine Gruppe Gäste aus Israel?

  4. Yilmaz sagt:

    es lebe die türkisch-jüdische freundschaft