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Mündig oder nicht mündig?

Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand

Was den mündigen Bürger ausmacht und ob Hunderttausende Sarrazin-Leser dazu gehören, wird sich an den Verkaufszahlen des Dossiers „Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand“ messen lassen.

Dienstag, 25.01.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.01.2011, 0:14 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Beim Warenkauf gilt das Gleiche wie beim Abschluss eines Handyvertrages. Bevor man seine Unterschrift unter einen Vertrag setzt, sollte man das Kleingedruckte lesen. Denn in großen Lettern wird nur gedruckt, was sich verkauft. Die „aber’s“ findet man im Kleingedruckten.

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Stellt sich im Nachhinein heraus, dass das Produkt nicht hält, was versprochen wurde, geht man reklamieren. Ab diesem Zeitpunkt wird das Kleine ganz groß. Schließlich ist der Bürger mündig und hätte auch das Kleingedruckte lesen müssen. Auf den Werbeslogan allein darf man sich eben nicht verlassen.

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Kauf von Medien
Ähnlich verhält es sich beim Kauf von Zeitungen und Zeitschriften. Auf der Titelseite erstrahlt ganz groß das Verkaufsargument Nr. 1. Große Lettern wecken die Neugier der Leser und suggerieren, dass die Nachricht wichtig und richtig ist. In Wahrheit sind diese beiden Merkmale dem Verkaufskriterium untergeordnet. Eine Titelstory muss weder wichtig noch richtig sein. Nein, in erster Linie muss sie verkaufen.

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Ein populäres und aktuelles Beispiel ist der Umgang der Medien mit dem Buch von Thilo Sarrazin. Es wurde gepriesen als die Wahrheit, die bisher niemand auszusprechen wagte. Es wurde gepriesen als das, was viele sowieso zu wissen glaubten. Man verkaufte Bestätigung. Und viele griffen zu nach dem Motto: ich hab‘s ja schon immer gewusst, „ich bin doch nicht blöd“.

Als die Regale leergeräumt waren, druckte man nach und frischte es neu auf mit als Talkshows getarnten Werbespots zur Primetime. Mal schlug man auf Sarrazin ein, mal verteidigte man ihn – immer mit demselben Ziel vor Augen: Verkaufen.

Das Dossier „Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand“ kann man auch als PDF-Datei kostenlos herunterladen.

Kleingedrucktes groß
Nach zögerlichem Anfang drucken nun seit einigen Wochen Zeitungen und Zeitschriften das Kleingedruckte. Ein Forscherteam der Berliner Humboldt-Universität haben die Thesen von Thilo Sarrazin bereits vor Weihnachten widerlegt und in einem Dossier kostenlos! veröffentlicht. Danach hat Sarrazin auf Zahlen zurückgegriffen, die seine Thesen stützen, und lagen aktuellere Zahlen vor, wurden sie ignoriert, wenn sie nicht ins (Verkaufs)-Konzept passten. Kurz: ein empirischer Gegenentwurf zu Thilo Sarrazins Thesen zu Muslimen in Deutschland auf 70 Seiten.

Auf den Titelseiten der Nation prangten diese 70 Seiten bisher nicht. Nein, sie sind im Inneren versteckt. Es sind Meldungen, um die Redaktionen nicht umhin kommen weil: „Lässt sich zwar nicht verkaufen, ist aber wichtig und richtig“.

Mündig oder nicht mündig?
Einen Unterschied zum klassischen Waren- oder Dienstleistungsverkauf gibt es beim Kauf von Medien aber schon: Der Kunde kann die Produktqualität zwar reklamieren, hat aber kein Rückgaberecht und auch keinen Schadensersatzanspruch. Insofern erlangt das Kleingedruckte auch keine allzu große Bedeutung. Es liegt am Leser selbst, welchen Stellenwert er dem Kleingedruckten beimisst.

Ob mehrere Hunderttausend Sarrazin-Leser wirklich mündig sind oder zumindest ein Interesse daran haben, zu einem mündigen Bürger heranzureifen, wird sich an den Verkaufszahlen des Dossiers „Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand“ messen lassen – 70 Seiten Kleingedrucktes zu Sarrazins Buch für nur 14 Euro. (eb)
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