Offener Brief
Enquéte-Kommission ohne den Sachverstand von Migranten?
In einem offenen Brief fordert der Fachverband Gender Diversity den Bundestagspräsidenten Lammert auf, mehr Personen mit Migrationshintergrund in die Kommission aufzunehmen. Das MiGAZIN dokumentiert:
Mittwoch, 09.02.2011, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 11.02.2011, 11:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident Prof. Dr. Lammert,
sehr geehrte Frau Vorsitzende der Enquéte-Kommission Daniela Kolbe,
mit großem Interesse haben wir in der Presse verfolgt, dass die am 1.12.2010 vom Bundestag beschlossene Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft“ nun unter dem Vorsitz von Daniela Kolbe ihre Arbeit aufgenommen hat. Wir begrüßen das Vorhaben, das rein ökonomisch und quantitativ ausgerichtete Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Messgröße weiterzuentwickeln und um ökologische, soziale und kulturelle Kriterien zu ergänzen.
Wir bedauern sehr, dass der Bundestag bei der Einberufung eines solchen Gremiums nicht die Integration von Genderkompetenz z.B. durch die Umsetzung der Forderungen des Bundesgremiengesetzes von 1994 beachtet hat, das eine paritätische Besetzung solcher Gremien mit Frauen und Männern verlangt oder die schriftliche Begründung, warum das nicht möglich sei.
Befremdlich ist darüber hinaus, das sich unter den derzeit berufenen 17 Sachverständigen nicht eine einzige Person befindet, die aufgrund ihrer Herkunft oder Forschungen die Kompetenz der über 20% Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland einbringen könnte.
Beides wäre unseres Erachtens in den Sachverstand der Kommission zu integrieren, weil die Frage nach zukunftsfähigen Konzepten von Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität eng mit dem Wandel der Geschlechterverhältnisse und dem Wandel gesellschaftlicher und kultureller Wertsetzungen und damit verbundener Themen, wie etwa dem Arbeitsbegriff oder auch dem Verhältnis zwischen „Arbeit“ und „Leben“ verknüpft ist.
Da anscheinend weder das Bundesgremiengesetz noch zum Beispiel die Selbstverpflichtungen des Bundes im Nationalen Integrationsplans von 2007 bei der Besetzung der Gruppe der Sachverständigen beachtet wurden, fordern wir Sie nachdrücklich dazu auf, in dieses Gremium nachträglich mindestens ein Drittel Wissenschaftlerinnen und sachverständige Personen mit Migrationshintergrund zu berufen.
Falls keiner der derzeit berufenen Wissenschaftler freiwillig zurücktritt, könnte man die Gruppe der Sachverständigen um mindestens vier neue weibliche Mitglieder und vier WissenschaftlerInnen mit Migrationshintergrund erweitern. Falls Sie Unterstützung bei der Suche nach Expertinnen benötigen, sind wir gerne behilflich.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag des Bundesverbandes Gender Diversity
Der Vorstand:
Sabine Fruendt
Hans-Joachim Lenz
Elke Schilling
Volker Weiß Aktuell Politik
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Vielen Dank für diese Initiative. Der Vorstand des Bundesverbandes Gender Diversity wirkt auf mich aüßerst kompetent und ich teile das Anliegen. Verwunderlich ist, dass im Vorstand anscheinend auf die Sachkenntnis von Migranten/innen verzichtet wird. Welche Gründe mag es wohl dafür geben? Ich bin sehr beeindruckt vom Schreiben, doch konnte mir am Ende des Briefes ein Lächeln nicht verkneifen als ich die Namen des Vorstandes las. Zumindest deuten die Namen nicht darauf hin, dass hier ein/e Migrant/in sich beteiligt. Ich bitte um Verzeihung falls ich mich täusche und ein getrarnte/r Migrant/in doch im Vorstand (a la Philipp Rössler) sich befindet.