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GEW und DaZ-Netzwerk

Lehrkräfte an Integrationskursen brauchen mehr Lohn

Lehrkräfte an Integrationskursen wehren sich gegen prekäre Arbeitsverhältnisse und niedrige Bezahlung. GEW appelliert an die Regierung, dass die Integrationspolitik nicht behindert wird. Das Engagement der Lehrkräfte stoße schon lange an seine Grenzen.

Freitag, 11.03.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.03.2011, 2:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie das Netzwerk der Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache (DaZ-Netzwerk) haben die Bundesregierung aufgefordert, das Honorar für Lehrkräfte in Integrationskursen pro Unterrichtseinheit auf mindestens 30 Euro anzuheben und diese fest einzustellen.

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Integration gefährdet
„Die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte muss verbessert, die Bezahlung im Krankheitsfall und Urlaub eine Selbstverständlichkeit werden. Dafür muss eine kostendeckende Finanzierung gewährleistet werden. Niedrigsthonorare ab acht Euro, die in Deutschland gezahlt werden, sind ein Skandal“, sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne am Donnerstag in Frankfurt a.M.. Weiter verlangte er, die bisherige Regelung der Renten- und Krankenversicherung für freiberufliche Lehrerinnen und Lehrer, die diesen die gesamte Last des Beitrags aufbürdet, durch eine gerechte zu ersetzen. Eine einkommensabhängige Einstufung in die gesetzliche Krankenversicherung sei flächendeckend einzuführen.

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Thöne appellierte an die Regierung, eine engagierte Integrationspolitik zu betreiben und dafür Sorge zu tragen, dass diese nicht durch unsinnige Vorschriften gefährdet oder behindert werde. Das beziehe sich sowohl auf die Zulassung zu Integrationskursen und die Sicherstellung von Kinderbetreuung als auch die zeitnahe Abrechnung von Integrationskursen als Grundlage für die Bezahlung der Lehrkräfte. Dafür sei eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Kursträgern und dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu vereinbaren.

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Engagement stößt schon lange an seine Grenzen
Etwa 12000 Lehrkräfte arbeiten in Integrationskursen, die ein wesentlicher Bestandteil aktiver Integrationspolitik sind. „Hier lernen erwachsene Migrantinnen und Migranten die deutsche Sprache und können sich Kenntnisse über das gesellschaftliche Leben in Deutschland aneignen. Der Erfolg der Kurse ist ganz wesentlich den Lehrkräften und den Kursträgern zu verdanken, die sich vielfach über das wirtschaftlich vertretbare Maß hinaus engagiert haben“, so die GEW.

Dieses Engagement stoße schon lange an seine Grenzen. Die Situation sei seit Beginn der Integrationskurse (2005) von mangelnder Planungssicherheit für die Kursträger und notorischer Unterbezahlung der gut qualifizierten Lehrkräfte gekennzeichnet. (sb)
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  1. Pingback: Regierung erhöht Druck auf Zuwanderer – Dauerhaftes Aufenthaltsrecht nur nach Deutschtest | Migration und Integration in Deutschland | MiGAZIN

  2. Loewe sagt:

    Ich bin selber so eine unterbezahlte Lehrkraft. Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf.

    Unsere Politiker tun so, als ob ihnen das Deutschlernen der Migranten wichtig wäre, und als ob davon die Integration abhinge. Aber wenn man schaut, was ihnen die Sache finanziell wert ist, merkt man schnell: Es ist nicht weit her damit. Man hat eine mächtige, teure Bürokratie geschaffen, damit alles schön geregelt ist — und diejenigen, die die Arbeit machen, die Lehrkräfte, werden schlecht bezahlt, gegängelt und nicht sonderlich ernst genommen.

    Den neuen Zuwanderern bringen wir dann eine Art Gastarbeiterdeutsch bei (weil nicht Zeit genug bleibt für gründliches Einüben des grammatisch richtigen Sprechens), für die vielen Altfällen, die ihr holpriges Deutsch über die Arbeit und die Medien aufgeschnappt haben, gibt es eigentlich gar kein auf sie zugeschnittenes Sprachlernkonzept …

    Das wissen sie nicht am Grünen Tisch, und wollen es auch nicht wissen. Es interessiert sie nur die Input-Output-Statistik.

  3. Wir bei BIMS e.V. stellen unser Integrationskursangebot ein. Die letzte Lehrkraft arbeitet lieber irgendwas und regelmäßig – Sie hat zwar einen Puffer, weil sie in den Monaten, während denen der Kurs läuft sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist und dazwischen nicht Leistungen zur SV freiwillig erbringen muss und sogar ALG bekommt. Nur drangsaliert sie zwischenzeitlich die Agentur, wobei wir froh sein mussten, sie je beim nächsten Kurs wieder einstellen zu können. Die Deutschlehrer, die man für noch für voll und kompetent einschätzen kann, haben eh alle was anderes Besseres zu tun.
    BAMF hat das systematische Deutschlernen mit seinem Fokus auf arbeitslose Ausländer an die Wand gefahren. Auch Herr Seehofer hat nicht begriffen (wir haben viele Briefe an ihn und seine Ministerien, auch ans BAMF, Merkel, Böhmer, vhsen versandt): Der Großteil der Ausländer arbeitet unter Bedingungen, aus denen heraus Integrationskurse und die allermeisten nicht individuellen Kursangebote (Privatunterricht, CD, Online) gar nicht erreichbar sind. Man kann niemand zwingen, seinen Lebensunterhalt aufzugeben, um Deutsch zu lernen – auch keine Volksabstimmung, das zu fordern ist einfach Volksverhetzung. Wir brauchen erreichbare Angebote für kompliziert beschäftigte „Familien“ (Mann kommt nach Hause, Frau geht putzen, Mann hütet Kinder …) – da müsste sich aber so mancher Sesselfurzer mal bewegen

  4. basil sagt:

    Nach meinen Erfahrungen können Migranten sehr schnell Deutsch lernen wenn sie viel mit Deutschen zu tun haben. Bei den anderen bringen auch die Kurse nur wenig Erfolg.

  5. Claus-J. Zirks sagt:

    Zu der ganzen Diskussion über die Höhe der Honorare kommt die „Zahlungsmoral“ des Bundesamtes. Die Abrechnungen dauern teilweise solange, dass die Bildungsträger Honorare über 2-3 Monate vorfinanzieren müssen – für kleinere Träger und Vereine ein kaum zu bewältigendes Problem. Dies bedeutet für die Dozenten, dass sie teilweise nur Abschläge bekommen können bzw. erhebliche Zeiträume auf ihr Geld warten müssen.
    Neben den oft geringen Honorarsätzen (unter 15 € /Std. ist nicht die Seltenheit trotz Versicherung des BAMF auf Einhatung der Obergrenze zu achten) trägt dies ebendfalls zu der miesen finanziellen Situation der Dozenten bei.
    Hier zu sparen und zu schluren widerspricht sämtlichen voltönenden Verlautbarungen der Politik, die die Kenntnis der deutschen Sprache als wichtigen Integrationsfaktor sehen.

  6. Pingback: Wer wird Integrator und Integrationsverweigerer des Monats März 2011? | Migration und Integration in Deutschland | MiGAZIN

  7. Gregor Samsa sagt:

    das Thema der angemessenen Bezahlung von Lehrkräften in Integrationskursen ist schon lange brisant, stets aktuell und wenig erfolgreich in der Erreichbarkeit dessen, was längst überfällig ist. Als Akademiker arbeite ich seit Jahren hauptberuflich engagiert im Bereich Daf und DaZ. Dies bedeutet einen erhöhten Aufwand in der Vor- und Nachbereitung, in der Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung sowie Empathie und Nervenstärke. Und jedesmal eine Zitterpartie, ob ein neuer Kurs zustande kommt oder nicht, denn damit steht oder fällt mein „Einkommen“ als Freiberufler. Während der Dauer der Schulferien (die jährlich mit eingeplant werden, ob ich will oder nicht), also der unterrichtsfreien Zeiten, erhalte ich keinerlei Einkommen; Renten- und Krankenversicherungsbeiträge sind von mir alleine zu entrichten, ebenso die monatliche Fahrkarte in der Großstadt, Kopierkosten, Kosten für Bücher, Lehrmitel etc. Ganz zu schweigen von den Steuern fürs Finanzamt. Bin ich krank, gibt es keinerlei Zahlungen, egal, wie lange die Krankheit dauert. Auf diese Weise sind inzwischen meine kompletten Ersparnisse in die Überbrückung der unterrichtsfreien Zeiten geflossen, die finanziellenen Verluste sind nicht mehr aufzuholen sondern setzen sich kontinuierlich fort. Eine Familie kann ich nicht ernähren, trotz Studium und anspruchsvoller Tätigkeit, ebenso keine komfortablere Wohnung. Und stets droht Hartz IV am Horizont. Dies drückt auf das Selbstbewusstsein und entwickelt massive Ängste: ich empfinde mich zunehmend als Tagelöhner in Sachen Bildung, ein Underdog, der auch noch selbst schuld ist an seiner Misere, schließlich kann man jederzeit beruflich etwas anderes machen, oder?? Dabei macht mir mein Job in der Erwachsenenbildung sogar Spaß und ich bekomme zumindest von meinen SchülerInnen meine Bestätigung. Durch diese berufliche und finanzielle Diskriminierung binich tatsächlich gezwungen, mir eine andere Tätigkeit zu suchen, zumal ich in „guten Zeiten“ max. 1.600 € brutto verdiene, was nicht die Regel ist, sondern die Ausnahme, also eher weniger . Für dieses Einkommen muss ich mind. 39 Unterrichtsstunden die Woche leisten. Dies macht mir Angst und baut gleichzeitig eine Wut darüber auf, dass zwar die Bedeutung der Integrationskurse klar hervorgehoben wird, aber für die Lehrkräfte nichts übrig ist als blanker Zynismus und Abwertung. Es ist schon soweit, dass ich „meine“ MigrantInnen beneide, die die Fahrtkosten bezahlt bekommen, bei Krankheit zu Hause bleiben können, deren Lehrmittel erstattet werden sowie manches andere mehr, auch in den Ferien läuft deren „Stütze“ oder Einkommen weiter. Momentan ist sogar der „Trend“ erkennbar, dass SchülerInnen erst dann wieder zum Unterricht kommen, wenn die Fahrtkosten überwiesen wurden. Das kann nicht sein. Die herablassende Ignoranz gegenüber uns Lehrkräften muss beendet werden, letztlich bleibt uns bei den Hunger-Honoraren nur übrig, die Qualität des Unterrichts dem Honorar anzupassen… Immerhin ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber was klage ich hier, ich bin doch selbst schuld, richtig? Um als Bildungs-Tagelöhner in den Integrationskursen zu arbeiten, ist sogar ein Hochschulstudium mit entsprechenden Weiterbildungen nötig, die i.d.R. selbst zu bezahlen sind. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären und wie kann es sein, dass wir mit unseren Qualifikationen und Anstrengungen zum Akademiker-Prekariat gehören, ohne jede Chance auf Festanstellung und angemessene Bezahlung?? Dieses Thema braucht viel mehr Öffentlichkeit, m.E. ist kaum bekannt, wie die Zustände sind. Arbeiten wir dran.

  8. Snillisme sagt:

    @ Gregor Samsa
    Ihnen ist also aufgefallen daß etwas nicht stimmt wenn Ihre Schüler dem für deren Integration so wichtigen Unterricht fernbleiben sofern die Fahrtkosten nicht im voraus gezahlt worden sind?
    Können Sie uns etwas detaillierter mitteilen was genau Sie daran als irritierend empfinden und warum?

  9. Gregor Samsa sagt:

    zu Kommentar Snillisme: diese Tatsache ist mir nicht allein aufgefallen und auch kein neuer Begleitumstand. Es geht in meinem Artikel auch letztlich nicht darum; viel eher war es meine Absicht, die Situation eines Lehrers in einem Integrationskurs zu schildern. Möglicherweise machen andere konträre Erfahrungen. Nur bleibt die Frage bestehen, wieso einige Schüler den für die Integration so wichtigen Unterricht nur dann besuchen, wenn die Fahrtkosten bezahlt werden und dies auch so kundtun. Dies ist offenbar eine individuelle Frage der Prioritäten…
    Jedoch, wie erwähnt ist der „Kern“ meines Leserbriefes ein anderer.

  10. Pingback: Haushalt 2013 – Weniger Geld für Integrationskurse | MiGAZIN