Defizit-Orientierung
Probleme bei Empfehlungen für weiterführende Schulen
Wenn Lehrkräfte davon ausgehen, dass es an häuslicher Unterstützung mangelt, gehen sie auch davon aus, dass leistungsfähige Kinder im Gymnasium scheitern. Das wird besonders häufig bei Eltern mit Migrationshintergrund unterstellt.
Von Mercedes Pascual Iglesias Montag, 11.04.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.04.2015, 17:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Bei den Empfehlungen für weiterführende Schulen wundern sich immer wieder nicht nur Eltern, sondern auch manche PädagogInnen über die Entscheidungen von Lehrkräften. Ausschlaggebend für die Beurteilungen sollten Fachleistungen und Arbeitsverhalten der SchülerInnen sein.
Nicht selten werden aber auch Persönlichkeitsmerkmale angeführt, wenn eine Empfehlung unterhalb des Leistungsniveaus eines Kindes ausgesprochen wird. Oder Lehrkräfte gehen davon aus, dass es an häuslicher Unterstützung mangele und daher ansonsten leistungsfähige Kinder im Gymnasium scheitern würden.
Letzteres wird besonders häufig bei Eltern mit Migrationshintergrund unterstellt, hat u.a. Franz Legewie, Rektor einer Grundschule in Köln, beobachtet. „Ich finde es empörend, dass Migration immer noch als Makel angesehen wird – als würden uns die Migranten den Pisa-Schnitt kaputt machen. Das ist völliger Unsinn“, erklärt Legewie. „Wir leben inzwischen in globalisierten Dörfern, d.h. die Zusammensetzung der Schülerschaft an Grundschulen ist multikulturell. Es geht darum, die damit verbundenen Kompetenzen nutzbar zu machen und nicht so sehr auf Defizite zu gucken.“
Wenn SchülerInnen eine Negativbewertung durch LehrerInnen bekommen, kann dies ihr Selbstwertgefühl und infolgedessen auch ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Leila Kaddour, Realschullehrerin in Bonn, weiß aus Erfahrung: „Das kann definitiv zu Unsicherheiten führen, zu Ängsten, Abwehrreaktionen, zu Aggressionen oder auch Rückzug. Wenn die Kinder dann einmal über diese negative Rückmeldung ihr Selbstbild konstruiert haben, ist es unheimlich schwer, sie aus dieser Position wieder herauszuholen.“
An ihrer Realschule sind in den unteren Jahrgängen ausschließlich Kinder mit Migrationshintergrund vertreten. Die Mehrheit ist in Deutschland geboren und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Es sind weit mehr Jungen als Mädchen. Das komplette Fehlen von Kindern ohne Migrationshintergrund erklärt sich Kaddour mit einem – eventuell unbewussten – Selektionsmechanismus, durch den Jungen mit guten Noten und Migrationshintergrund vor allem auf der Realschule landen und nicht wie ihre deutschstämmigen Altersgenossen im Gymnasium. Aktuell Gesellschaft
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Wer defizitär orientiert ist sieht mehr Defizite. Positive Entwicklungen und Begabungen werden übersehen. Was man fördern kann – d.h Talente usw. – werden häufig übersehen. Diese Leute fordern , förder aber nicht. Kurz gesagt , die sind selber defizitär.
Gerade Kinder, die ohne häusliche Unterstützung klar kommen, sollten bei guten Leistungen auf das Gymnasium überwiesen werden. Ich habe einmal einem türkischen Vater darin unterstützt, dass er die eigenständige Leistung seines Sohnes besonders herausgestellt hat. Er hat daraufhin für seinen Sohn die Empfehlung zum Gymnasium bekommen. Wichtig ist, dass die Eltern ihre Kinder ideell unterstützen und nicht, dass sie ihnen Nachhilfe geben.
Rita Zellerhoff