Anzeige

Bildungsstudie

Migranten für Steuererhöhung zu Gunsten besserer Bildungschancen

Insbesondere Türkischstämmige würden für ein besseres Bildungssystem auch höhere Steuern in Kauf nehmen. Das ist das Ergebnis der bislang größten Bildungsumfrage, die in Deutschland je durchgeführt wurde.

Freitag, 15.04.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Teilnehmer der bislang größten Bildungsumfrage in der Bundesrepublik wünschen sich tief greifende Veränderungen im deutschen Bildungswesen und sehen im Bereich Schule den größten Reformbedarf. Mehr als zwei Drittel der Befragten würden für ein besseres Bildungssystem auch höhere Steuern in Kauf nehmen, vor allem Schüler und Lehrer sowie Teilnehmer mit türkischem Migrationshintergrund treten hierfür ein.

So würden deutlich über 80 Prozent der Teilnehmer mit türkischem Migrationshintergrund eine Steuererhöhung im Bildungssektor unterstützen. Auch die Teilnehmer mit niedrigem bzw. mittlerem Bildungsniveau erklären sich für eine solche steuerliche Zusatzbelastung bereit. Das geht aus der Bürgerbefragung „Zukunft durch Bildung – Deutschland will’s wissen“ hervor, die gestern vorgestellt wurde.

___STEADY_PAYWALL___

Sozialen Aufstieg ermöglichen
Fast eine halbe Million Menschen hatte bei der Online-Umfrage mitgemacht, die von der Strategieberatung Roland Berger Strategy Consultants, der Bertelsmann Stiftung sowie den Tageszeitungen Bild und Hürriyet initiiert worden war. 130.000 von ihnen füllten den umfangreichen Fragebogen komplett aus.

Anzeige

Sozial Benachteiligten einen Aufstieg zu ermöglichen, ist eine Hauptaufgabe des deutschen Bildungssystems: Diese Ansicht vertritt der größte Teil der Befragen, darunter insbesondere die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer mit einem niedrigeren Bildungs- bzw. Einkommensniveau. Auffällig dabei: Fast ein Drittel aller Umfrageteilnehmer mit türkischem Migrationshintergrund wünscht sich eine bessere Förderung von Einwandererkindern (32 Prozent), während dies ansonsten nur ein verschwindend kleiner Anteil der Befragten befürwortet (3 Prozent).

Auffällig ist auch, dass türkischstämmige Befragungsteilnehmer einen drei Mal stärkeren Hang zum Studium aufweisen, als die Gesamtteilnehmer. Während sich 5 Prozent aller Teilnehmer mehr Schüler im Studium wünschen, sind es bei bei denen mit türkischem Migrationshintergrund 15 Prozent.

Längeres gemeinsames Lernen
Kritik entzündet sich den Ergebnissen der Umfrage zufolge vor allem am Bildungsföderalismus. Neun von zehn Befragten monieren die unterschiedlichen Lehrinhalte in den einzelnen Bundesländern und treten für bundesweit einheitliche Abschlussprüfungen ein. Zugleich ist eine überwältigende Mehrheit der Ansicht, der Politik fehle es beim Thema Bildung an Mut zur Veränderung.

Info: Die große Bürgerbefragung „Zukunft durch Bildung – Deutschland will’s wissen“ funktioniert nach dem Prinzip eines Volksentscheides: Alle können sich beteiligen. Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr Gewicht bekommen die Ergebnisse. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, da die Befragten nicht zufällig ausgewählt wurden: Alle konnten sich beteiligen. Um möglichst alle Teile der Bevölkerung zu erreichen, gab es den Fragebogen in den Sprachen Deutsch, Türkisch und Russisch. – Die Ergebnisse der Online-Bürgerbefragung sowie Grafiken und Diagramme.

Die Teilnehmer sprechen sich für einen verbindlichen Kita-Besuch, für das gemeinsame Lernen mindestens bis zur sechsten Klasse und für eine Garantie auf einen Ausbildungsplatz aus. Ihrer Ansicht nach sollten Kita- und Schulbesuch kostenfrei sein, eine knappe Mehrheit ist für Studiengebühren. Das bevorzugte Schulmodell ist die Ganztagsschule. Dafür sprechen sich 43 Prozent der Teilnehmer aus. Eine Ganztagsschule, in der ein freiwilliges Nachmittagsprogramm angeboten wird, präferieren 38 Prozent und die klassische Halbtagsschule wird von 19 Prozent bevorzugt.

Soziale Selektion
Memet Kilic, Sprecher für Integrations- und Migrationspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, sieht darin Forderungen seiner Partei bestätigt: „Es ist schon lange bekannt, dass Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch in unserem Bildungssystem deutlich benachteiligt sind. Unser mehrgliedriges Schulsystem stellt mit seiner sozialen Selektion eine institutionelle Diskriminierung dar.“

So sei es nahezu vorprogrammiert, in welcher Schule ein Arbeiterkind mit Migrationshintergrund lande. Schon zehnjährige Kinder hätten deshalb Zukunftsängste und Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl. „Wir fordern, für eine bessere Teilhabe von Migrantenkindern längeres gemeinsames Lernen in allen Bundesländern“, so Kilic. Das entspreche auch dem Wunsch der Betroffenen. (bk)
Gesellschaft Studien

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Pecos Bill sagt:

    Ich hoffe, bei dieser Studie wurden nur Menschen befragt, die auch selbst Steuern zahlen.

  2. Realist sagt:

    „Während sich 5 Prozent aller Teilnehmer mehr Schüler im Studium wünschen, sind es bei bei denen mit türkischem Migrationshintergrund 15 Prozent.“

    Man soll sich ncihts wünschen sondern arbeiten und Leistung erbringen. Dieses Wünschen ist genauso sinnlos wie das beten zu Gott. Entweder man reisst sich bis zum Ende seines lebens jeden Tag am Riemen oder man lässt es sein und muss anfangen sich Dinge zu wünschen.

  3. Mika sagt:

    @Pecos Bill
    Ja genau: Diese blöden Migranten, die schröpfen ja nur den Sozialstaat und keiner geht arbeiten und überhaupt leben diese ja nur in deren eigener Welt!
    Und befragen sollte man die natürlich auch nicht. Pah, wer nicht Steuern zahlt, darf auch keine Meinung haben!
    „Ironie off“

  4. Sonata sagt:

    Also ich wäre auch für Steuererhöhungen für bessere Bildungschancen. Und da so viele Migranten dafür sind, fangen wir mit der Steuererhöhung einfach mal bei den Migranten an. So können diese gleich etwas zurück geben und sich dabei noch gut fühlen. Wenn das einige Jahre läuft, wird sich sicher auch die Bereitschaft der Deutschen zu Steuererhöhungen zugunsten von Migranten verbessern.

  5. melek sagt:

    jaja ihr deutschen habt alle recht, migranten sind blöd zahlen nichts machen nur dummheit…
    und eure strassen und häuser habt ihr ja damals alle selbst gebaut? als ihre arbeit fertig war wolltet ihr die migranten alle wieder in ihre heimat schicken. macht mal den dreck weg, dann könnt ihr gleich wieder verschwinden. so einfach ist es für euch. und ihr redet von menschlichkeit. was habt ihr den für ne ahnung davon ihr wisst ja nicht einmal das bildung ein recht ist und dass es für alle gilt. als würden deutsche keine sozialhilfe beantragen

  6. Sabberlatz sagt:

    @melek: Nur mal so der Realität halber:

    1. Die Gastarbeiter wurden für ihre Arbeit entlohnt.
    2. Niemand wurde nach Deutschland deportiert. Die Leute sind freiwillig gekommen. Sie erhofften sich ein besseres wirtschaftliches Auskommen, bessere Perspektiven für sich und ihre Familien. Dass es in ihren Heimatländern in dieser Beziehung eher traurig aussah, ist nicht die Schuld der Deutschen.
    3. Falls Sie mit dem Bau der „Strassen und Häuser“ auf den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg anspielen: Nicht die Gastarbeiter haben Deutschland aufgebaut, sondern die Deutschen selbst, in großem Maße die Trümmerfrauen. Die Gastarbeiter kamen, als das Wirtschaftswunder in Deutschland in voller Blüte stand. Ursprünglich waren diese – in vollem gegenseitigen Einvernehmen – nur als Arbeiter auf Zeit vorgesehen. Das wussten die Gastarbeiter, die nach Deutschland kamen. Sie hatten ursprünglich nicht vor, für immer zu bleiben.

    4. Im Falle der Türkei und auch anderer Länder, die letztendlich Gastarbeiter in Deutschland stellten, ging die Initiative zu dem/den Abkommen von dem jeweiligen Land aus. Im Falle der Türkei aus dem Grunde, die türkische Außenhandelsbilanz auszugleichen und Arbeitslosigkeit durch den Transfer von Arbeitskräften nach Deutschland abzubauen (hierdurch die Türkei im Inneren zu befrieden). Die USA unterstützten die Initiative der Türkei, weil sie die Südost-Flanke der NATO sichern wollten. Die deutsche Bevölkerung und die deutschen Politiker wollten – im Falle der Türken – diese Gastarbeiter nicht. Nur die deutsche Wirtschaft freute sich, angesichts der Vollbeschäftigung die Löhne drücken zu können. Angewiesen war jedoch auch sie auf diese Gastarbeiter aus der Türkei nicht.

    Deswegen, wenn Sie den Deutschen Vorwürfe machen: Die Deutschen haben eine derartige Masseneinwanderung, wie sie seit den 60er Jahren stattgefunden hat, niemals gewollt und sind auch nie in einem Volksentscheid diesbezüglich gefragt worden. Wenn Sie also Beschwerden hinsichtlich des Verhaltens der „Nichtmigranten“ haben, beschweren Sie sich bitte bei den verantwortlichen Politikern oder Wirtschaftsbossen. Menschen, die etwas nie wollten bzw. in einer Sache nie um ihre Erlaubnis gebeten wurden, kann wohl kaum mangelnder Enthusiasmus für eben diese Sache vorgeworfen werden.

    5. Sicher, Bildung ist ein Recht, das für alle gilt und auch Deutsche beantragen Sozialhilfe. Aber Sie sollten trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland, das ja ein Einwanderungsland sein will, sich keineswegs wie eines nach dem Vorbild der USA oder Kanada benimmt, die Einwanderer auswählt und dann gut ausgebildeten Menschen die Integration selbst überlässt.

    Deutschland beschäftigt Heerscharen von Integrationsbeauftragten und gibt für das gesamte Integrationsbrimborium (bedenken Sie bitte, dass Gesellschaften jahrhundertelang ohne dieses Brimborium ausgekommen sind; meine eigenen Hugenotten-Vorfahren wurden auch nicht mit derartigen Programmen, Sozialleistungen, Integrationskursen, etc. empfangen und schafften es trotzdem, in der neuen Gesellschaft Fuß zu fassen – übrigens waren sie auch arme Schlucker und keineswegs sozial oder finanziell gut gestellte Menschen) unendliche Summen von Steuergeldern aus.

    Wenn dann „Nichtmigranten“ hören, dass auch sie für den besseren Schulerfolg von Migrantenkindern noch ordentlich in Form von Steuergeldern löhnen sollen, während die Steuerabgaben in Deutschland ohnehin schon hoch sind, wird es einigen zuviel. Schließlich müssen auch noch Euro-Rettungsschirme und tausend andere Dinge bezahlt werden.