Studie
Jeden Achten Studenten zieht es nach dem Studium beruflich ins Ausland
Vor allem die Besten und Leistungsbereiten Studenten sehen ihre berufliche Zukunft im Ausland. Bei Studierenden mit Migrationshintergrund ist die Bereitschaft höher, auf Dauer im Ausland zu arbeiten.
Freitag, 10.06.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Im Gegensatz zur oft massiven öffentlichen Kritik am Studien-Standort Deutschland zeichnet eine neue Allensbach-Studie im Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks (BFW) ein ganz anderes Bild. Wie die Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) unter 2.968 repräsentativ ausgewählten Studierenden aller Fachrichtungen zeigt, bewerten fast drei Viertel (74 Prozent) der Studenten ihre eigenen Studienbedingungen überraschend positiv – 63 Prozent finden sie „gut”, 13 Prozent sogar „sehr gut”.
Noch positiver beurteilen Stipendiaten (82 Prozent) und Promotions-Anwärter (85 Prozent) ihren persönlichen Studien-Alltag. „Gut 20 Jahre nach der Wiedervereinigung haben sich die Studienbedingungen in Deutschland nicht nur angeglichen, in den neuen Bundesländern werden sie von den dort Studierenden sogar besser als in den alten Bundesländern eingeschätzt”, erklärt IfD-Projektleiter Dr. Rüdiger Schulz.
Trotz aller Zufriedenheit sehen viele Studenten aber noch reichlich Verbesserungspotenzial an Deutschlands Universitäten und Fachhochschulen. So fordert jeder vierte Befragte spontan die Abschaffung der Studiengebühren, 16 Prozent wünschen sich mehr Lehrpersonal, 15 Prozent eine bessere Ausstattung der Hochschule und zehn Prozent eine Überarbeitung des Bachelor-Master-Systems.
Eine Mehrheit der Studenten fordert eine Zentralisierung der Bildungs- und Hochschulpolitik. 59 Prozent sprechen sich für eine Zuständigkeit des Bundes aus, lediglich 25 Prozent finden es gut, dass die einzelnen Bundesländer dafür zuständig sind.
Berufliche Perspektive im Ausland
Ein für den Wirtschaftsstandort Deutschland alarmierendes Ergebnis ist, dass sich fast zwei Drittel der Studierenden (64 Prozent) vorstellen können, nach dem Studium im Ausland zu arbeiten. 13 Prozent sagen explizit, dass sie dieses vorhaben, für 51 Prozent käme ein Job im Ausland in Frage. Mit steigender Qualifikation und höherem angestrebten Abschluss steigt die Quote derjenigen auf bis zu 25 Prozent an, für die das Arbeiten im Ausland eine echte berufliche Option nach dem Studium darstellt. Fast jeder Fünfte (18 Prozent), der an einer späteren Arbeit im Ausland Interesse hat, hat vor, auf Dauer im Ausland zu arbeiten. Bei Studierenden mit Migrationshintergrund liegt der Anteil bei 26 Prozent.
„Bei aller berechtigten Freude über die erstaunlich hohe Zufriedenheit mit den Studienbedingungen dürfen sich Politik und Wirtschaft davon nicht blenden lassen. Wenn es gleichzeitig nicht gelingt, hochqualifizierten Leistungsträgern im Land attraktive berufliche Aufstiegschancen und Rahmenbedingungen zu bieten, fehlen Deutschland in Zukunft zunehmend intelligente Köpfe im globalen Wettbewerb. Dies zeigt die Studie überdeutlich”, sagt Sebastian Blohm, Sprecher des Reemtsma Begabtenförderungswerks.
Die Studenten, die später auf Dauer im Ausland arbeiten wollen, versprechen sich davon vor allem bessere Verdienstmöglichkeiten (48 Prozent) sowie bessere Aufstiegschancen und Karriere-Aussichten (43 Prozent). Für Diejenigen, die nur eine Zeit lang im Ausland arbeiten wollen, steht mehr das Sammeln von Auslandserfahrung (75 Prozent) im Vordergrund.
Keine Chancengerechtigkeit bei der Stipendien-Vergabe
Die Möglichkeit, ein Stipendium zu erhalten, schätzen die meisten Studenten heute weniger aussichtsreich ein als noch vor einem Jahr. Nur noch gut ein Drittel der Befragten (36 Prozent) beurteilt die Chancen auf ein Stipendium als „sehr groß” oder „eher groß”. Bei der Umfrage vor einem Jahr vertraten noch 53 Prozent diese Meinung.
Verbreitet Skepsis herrscht bei den Studenten auch mit Blick auf die Vergabepraxis bei Stipendien. So glauben insgesamt nur 17 Prozent, dass es bei der Stipendien-Vergabe gerecht zugeht, 35 Prozent halten sie für nicht gerecht und 48 Prozent tun sich schwer, das zu beurteilen. Aus Sicht von gut der Hälfte der Studierenden (54 Prozent) wird bei der Stipendien-Vergabe die finanzielle Situation bzw. die Bedürftigkeit des Antragstellers zu wenig berücksichtigt. 41 Prozent meinen, dass die Persönlichkeit der Bewerber zu wenig in die Bewertung einfließt.
Sebastian Blohm: „Bei der Stipendien-Vergabe muss neben der universitären Leistung und dem gesellschaftlichen Engagement auch die finanzielle Situation berücksichtigt werden. Für das Reemtsma Begabtenförderungswerk steht bei der Bewertung von Förderanträgen der Aspekt des Chancen-Ausgleichs im Vordergrund. Ziel unserer Förderung ist es, jungen Menschen später ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.”
Eltern und Studenten-Jobs sind wesentliche Finanzierungsquellen
Ohne die Unterstützung der Eltern und selbst verdientes Geld durch Arbeiten neben dem Studium wäre für die meisten Studenten ein Hochschulabschluss nicht machbar. So sichern die Eltern bei 61 Prozent der Studierenden einen Teil des benötigten Geldes, 56 Prozent tragen durch Jobben zur Finanzierung bei. Auf BAföG-Mittel können sich 29 Prozent stützen, eigenes Vermögen bzw. Erspartes ziehen 25 Prozent dazu heran. Durch ein Stipendium finanzieren lediglich fünf Prozent der Befragten ihr Studium ganz oder in Teilen, aber auch 60 Prozent der Stipendiaten arbeiten neben ihrem Studium. (etb)
Aktuell Gesellschaft Studien
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen
Das ist normal. Die Fachkräfte werden dorthin gehen wo Angebote besser sind. Freakonomics (vom The New York Times best selling author) funktioniert nicht anders. Man könnte sagen „ohne Moos nichts Los“.
Nein,
die Fachkräfte werden in Deutschland aus dem Ausland eingeladen. Also müssen die Studierende Platz machen um die anderen kommen zu können.
Physikalisches Gesetz.