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Flickenteppich zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse

Anstatt allen gut qualifizierten Personen Zugang zu einem einheitlichen Anerkennungsverfahren zu eröffnen, ist der Gesetzentwurf von der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse ein Flickenteppich geworden mit vielen unterschiedlichen, undurchschaubaren und restriktiven Regelungen.

Von Memet Kılıç Dienstag, 12.07.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 16.07.2011, 2:32 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Mit diesem Gesetzentwurf bleibt die Bundesregierung bei Weitem hinter ihren Ankündigungen zurück. Seit Beginn der Legislaturperiode behauptet die Bundesregierung, sie wolle ein Gesetz schaffen, das durch eine transparente und einfache Anerkennungspraxis die Integration fördert, die Attraktivität Deutschlands für EinwandererInnen stärkt und den Fachkräftebedarf sichert.

Diese wohlklingenden Ziele werden mit dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz nicht erreicht. Das verwundert nicht bei dieser Regierung, die sich auch ansonsten weigert, die Situation für ausländische Fachkräfte in Deutschland zu verbessern. Statt ein einladendes Punktesystem einzuführen und die Mindesteinkommensschwelle für die Einwanderung von Fachkräften zu senken, beschränkt sich die Bundesregierung auf kosmetische Korrekturen an den Ausnahmeverordnungen. Auch die längst überfällige Umsetzung der EU-Blue-Card-Richtlinie, die Verbesserungen für Hochqualifizierte vorsieht, ist noch lange nicht in Sicht. Weil FDP und CDU sich offenbar mal wieder nicht einigen können, wurde die Richtlinie einfach aus dem Richtlinienumsetzungsgesetz gestrichen. Schließlich bestehen weiterhin diverse unnötige und ausgrenzende Arbeitsverbote etwa für nachziehende Ehegatten und geduldete Personen, an denen die Regierung nicht rütteln will.

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Dass sich die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf nur zu wachsweichen Regelungen durchringen konnte, lässt sich schon im Paragraph 1 des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (BQFG) erahnen: Während im Referentenentwurf der Zweck des Gesetzes noch lautete, den Betroffenen eine “adäquate” Beschäftigung zu ermöglichen, ist im Gesetzentwurf nur noch die Rede von einer “qualifikationsnahen” Beschäftigung. Frau Schavan will angeblich verhindern, dass der viel zitierte Arzt Taxi fährt. Wenn der Arzt in der Praxis aber nur die Möglichkeit erhält, für ein niedriges Gehalt als Krankenpfleger zu arbeiten, wird er womöglich das Taxifahren bevorzugen.

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Das Hauptproblem dieses Regelwerks ist aber nicht das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz. Dieses enthält tatsächlich einige positive Ansätze. Zu begrüßen ist zum Beispiel, dass bei der Feststellung der Qualifikation nicht nur Ausbildungsnachweise berücksichtigt werden, sondern auch die Berufserfahrung. Positiv ist auch, dass bei wesentlichen Unterschieden in der Berufsbildung keine Vollprüfung verlangt werden kann, sondern die Betroffenen einen Anpassungslehrgang besuchen können oder in einer Eignungsprüfung nachweisen können, dass Defizite nicht bestehen.

Die mangelnde Transparenz und Einheitlichkeit der Verfahren resultieren im Wesentlichen daraus, dass die allgemeinen Regelungen des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes nur gelten, sofern die berufsrechtlichen Regelungen nichts anderes bestimmen – und sie bestimmen anderes. Wie sich den Artikeln 2-61 des Gesetzentwurfes entnehmen lässt, weichen die berufsrechtlichen Regelungen regelmäßig von den vernünftigen Regelungen des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz ab. In vielen Gesetzen, wie der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Bundesärzteordnung oder dem Krankenpflegegesetz, wird das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz sogar pauschal für unanwendbar erklärt.

Dadurch werden entscheidende Fortschritte verhindert:

Zum einen wird bei manchen Berufen, wie den Ärzten, bei Drittstaatsabschlüssen kein Anpassungslehrgang oder eine Defizitprüfung verlangt, sondern immer eine Vollprüfung. Es ist überhaupt kein Grund ersichtlich, warum nicht auch hier bei Abschlüssen aus Drittstaaten eine gezielte Beseitigung der Defizite das Ziel sein soll.

Zum anderen werden vergleichbare Berufe unterschiedlich geregelt. So gelten etwa für AltenpflegerInnen großzügigere Anerkennungsregeln als für KrankenpflegerInnen. Die Bundesregierung ist offenbar nur bereit, in den Bereichen großzügige Anerkennungsregelungen einzuführen, in denen ein erhöhter Bedarf an Fachkräften in Deutschland besteht. Ziel ist also die Wahrung rein wirtschaftlicher Interessen und nicht die Integration und Entfaltungsmöglichkeit der gut ausgebildeten Bürgerinnen und Bürger mit ausländischen Berufsabschlüssen. Das ist Egoismus und Missachtung zugleich.

Das Durcheinander wird komplett, wenn in Zukunft auch noch die Länder im Rahmen ihrer Zuständigkeiten vom Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz abweichende Verfahrensregelungen und -standards einführen. Anstatt die Möglichkeit zu nutzen, bundeseinheitlich verbindliche Anerkennungsregelungen zu schaffen, handelt die Regierung mal wieder halbherzig und mutlos.

Vier weitere wesentliche Bereiche hat die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf außer Acht gelassen:

Erstens ist es völlig ungenügend, dass die Betroffenen keinen Anspruch auf Beratung und Begleitung von Beginn bis Ende des Anerkennungsverfahrens erhalten. Eine begleitende Beratung ist unerlässlich, um Migrantinnen und Migranten den Weg durch das komplizierte Anerkennungsverfahren zu erleichtern.

Zweitens müssen die Angebote für passgenaue Anpassungsqualifizierungen und berufsbezogenes Deutsch dringend ausgebaut werden. Wer dafür sorgt und wie das geschehen soll, ist bisher völlig offen.

Drittens gibt der Gesetzentwurf keine Antwort darauf, wer künftig für Qualitätssicherung, Einheitlichkeit und Fairness bei den Anerkennungsverfahren sorgen soll.

Viertens ist es ein Armutszeugnis für Frau Schavan, dass sie nicht einmal den Versuch unternommen hat, in ihrem Kernbereich die Anerkennung von nicht-reglementierten Hochschulabschlüssen verbindlich zu regeln.

Ich erwarte, dass die Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren nachbessert und ein stimmiges Konzept vorlegt, damit alle Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen ihren Berufen nachgehen können. Es dürfen nicht einzelne Gruppen bevorzugt werden. Nicht einzelne Gruppen dürfen bevorzugt werden, sondern alle müssen die gleichen Chancen erhalten – egal ob sie SpätaussiedlerInnen, EU-Staatsangehörige oder Drittstaatsangehörige sind. Das fördert die Integration und wirkt einer Zwei-Klassen-Politik entgegen. Aktuell Politik

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