Erfolg
Übermittlungspflicht für Bildungseinrichtungen aufgehoben
Schulen, Kindergärten und andere Bildungseinrichtungen müssen künftig Ausländerbehörden nicht mehr über Kinder und Jugendliche ohne rechtmäßigen Aufenthaltsstatus unterrichten. Oppositionsparteien und Flüchtlingshilfsorganisationen begrüßten den Beschluss, forderten jedoch eine weiter reichende Regelung.
Donnerstag, 28.07.2011, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 31.07.2011, 22:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Anfang Juli hat der Bundestag beschlossen, dass Schulen, Kindergärten und andere Bildungs- und Erziehungseinrichtungen den irregulären Aufenthaltsstatus von Migranten nicht mehr melden müssen. Die Aufhebung der Übermittlungspflicht ist Teil des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und FDP.
Die entsprechende Änderung des Aufenthaltsgesetzes (§ 87) wurde mit den Stimmen von FDP und CDU/CSU beschlossen. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke stimmten gegen die Annahme des Gesetzesvorschlags. Die Oppositionsparteien waren zuvor mit einem Änderungsantrag gescheitert. Er sah die Aufhebung der Übermittlungspflicht für alle öffentlichen Institutionen mit Ausnahme von Polizei- und Ordnungsbehörden sowie öffentlichen Stellen mit der Aufgabe der Strafverfolgung und -vollstreckung vor. Die Regierungsparteien lehnten dies jedoch ab. Damit bleibt die Übermittlungspflicht mit Ausnahme der Bildungseinrichtungen für alle öffentlichen Stellen wie Krankenhäuser, Sozialämter und Gerichte bestehen.
In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg sind Schulleiter bereits seit einigen Jahren nicht mehr verpflichtet, den Aufenthaltsstatus von Schülern zu erheben.
Die Bundesregierung begründete die Gesetzesänderung damit, dass Kinder und Jugendliche keine Verantwortung dafür trügen, dass ihr Aufenthalt unrechtmäßig sei. Daher dürfe ihr Recht auf Bildung nicht eingeschränkt werden. Die Oppositionsparteien argumentieren, dass die allgemeine Übermittlungspflicht Zuwanderer ohne regulären Aufenthaltsstatus daran hindere, ihre Rechte wahrzunehmen. So schrecke beispielsweise die Übermittlungspflicht der Arbeitsgerichte irreguläre Migranten davon ab, im Streitfall den Lohn für ihre Arbeit einzuklagen.
Die genaue Zahl der Kinder, die ohne rechtmäßigen Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, ist nicht bekannt. Einer Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zufolge waren es im Jahr 2008 bis zu 30.000 Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren. Insgesamt leben laut Schätzungen des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) bis zu 425.000 Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus in Deutschland.
Bei Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsorganisationen stieß die Gesetzesänderung sowohl auf Zustimmung als auch Kritik. Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte Beate Rudolf begrüßte den Wegfall der Übermittlungspflicht für Bildungseinrichtungen. Sie sagte jedoch: „Damit Menschen ohne Papiere auch ihre Menschenrechte auf Gesundheit und auf angemessenen Lohn sowie faire Arbeitsbedingungen wahrnehmen können, sollte die Übermittlungspflicht auch für diese Bereiche eingeschränkt werden.“
Der Präsident der Diakonie Johannes Stockmeier begrüßte die Neuregelung ebenfalls, betonte allerdings: „Es wäre eine deutliche Erleichterung, wenn die Übermittlungspflicht öffentlicher Stellen auf Polizei und Strafverfolgungseinrichtungen beschränkt würde.“ Der Vorsitzende des Forums „Leben in der Illegalität“ Bischof Norbert Trelle mahnte, auch die praktische Durchführbarkeit des Schulbesuchs müsse nun gewährleistet werden. (bb/bk) Aktuell Politik
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