Osnabrück
Ein Tag mit den Staatspräsidenten Christian Wulff und Abdullah Gül
Vor wenigen Monaten hatte Bundespräsident Christian Wulff Kayseri besucht, die Heimatstadt des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül. Nun kam er für einen Tag nach Osnabrück - Wulffs Heimatstadt.
Von Cemil Şahinöz Freitag, 23.09.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.05.2016, 17:02 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Bereits einige Tage zuvor sprach sich herum, dass Abdullah Gül nach Osnabrück kommt. Entsprechend groß ist der Ansturm. Um 11 Uhr stehen die Ersten vor dem Rathaus und warten auf ihren Staatspräsidenten. Als die Menschenmenge größer wird, verteilten die Organisatoren türkische und deutsche Flaggen – ein schönes Bild.
Zu diesem Zeitpunkt kommt die schlechte Nachricht aus Ankara. Eine Bombe ist explodiert. Mitten in der Stadt. Ein weiterer Terroranschlag. Es gibt Tote. Die Nachricht macht schnell die Runde.
Kurz vor 11.30 kommt der erste Dienstwagen. Aygül Özkan, Sozial- und Integrationsministern in Niedersachsen, steigt aus und geht ins Rathaus.
Um 12 Uhr wird es schon lauter vor dem Rathaus. Einige hundert Menschen haben sich bereits versammelt und stimmen Sympathieparolen.
Im Rathaus verkündet der Pressesprecher der Stadt, dass Wulff und Gül vom Flughafen Münster abgefahren sind. 15 Minuten später treffen sie dann auch ein. Zusammen mit ihren Ehegattinnen. Die Menge tobt. Die Präsidenten gehen zu den Zuschauern und begrüßen sie.
Viele Menschen umarmen Gül, heißen ihn willkommen. Einige weinen vor Freude. Die TV-Kameras versuchen alles mit zu filmen. Es dauerte lange, bis die Präsidenten endlich ins Rathaus können. Sie wollen die große Menschenmenge nicht einfach stehen lassen. Gehen durch die Menge und versuchen so viele Menschen wie möglich zu begrüßen.
Im Rathaus ist die Zeit für Reden. Den Anfang macht Osnabrücks Oberbürgermeister Boris Pistorius, ein Schulkamerad von Christian Wulff. Er begrüßt die Gäste und ist sichtlich erfreut über den hohen Besuch in seiner Stadt. Er erzählt von einem Platz in Osnabrück, der nach einem Türken benannt ist. Nach der gleichen Person sei auch ein Preis der Stadt benannt, aufgrund seiner hohe Dienste für die Stadt.
Als Nächstes ergreift Bundespräsident Christian Wulff das Wort. Er erzählt, wie beeindruckt er war, als er in Kayseri war und wie der türkische Staatspräsident Abdullah Gül dort auf den Straßen von den Menschen empfangen wurde. Da hätten sie beschlossen, dass auch Gül nach Osnabrück kommt.
Gül ist an der Reihe. Eingang geht er auf den Terrorakt in Ankara ein und verurteilt die Tat als unmenschlich. Er freue sich nun, in der Heimatstadt Wulffs zu sein und sich so revanchieren zu können.
Danach tragen sich die Präsidenten und ihre Ehegattinnen ins Goldene Buch der Stadt ein.
Nun steht ein Besuch der Sankt Marienkirche auf dem Plan. Es liegt direkt am Rathaus. Als die Präsidenten dorthin gehen, werden sie von der großen Menschenmenge begleitet. Abdullah Gül und seine Frau werden begrüßt und umarmt.
Anschließend geht es weiter in die Dom St. Petrus Kirche – 200 Meter weiter. Die Menschenmenge geht mit und wird immer größer.
Nach den Kirchenbesuchen wird gegessen, in einem Restaurant neben dem Rathaus. Davor gibt es Posaunenmusik. Live.
Nach 1,5 Stunden geht es weiter zur Bundesstiftung Umwelt. Im Presse-Bus ist zu hören, wie beeindruckt die deutschen Journalisten von den türkischen „Fans“ sind. Mit einer so großen Ansammlung hatten sie nicht gerechnet. Auch nicht damit, dass sie die Präsidenten auf Tritt und Schritt folgen, als wären sie Popstars. Deutsche Zuschauer, erzählen sie, wären nach der Begrüßung wieder nach Hause gegangen.
Der Generalsekretär der Stiftung Dr. Ing. Fritz Brickwedde hält eine Rede. Danach wird das Projekt „Umwelt baut Brücken“ von deutschen und türkischen Schüler/innen vorgestellt. Anschließend unterzeichnen die Präsidenten eine Urkunde über die gemeinsame Schirmherrschaft über das Projekt.
An der Universität Osnabrück wartet die nächste Menschenmenge. Der Präsident der Universität Prof. Dr. Ing. Claus Rollinger macht in seiner Rede darauf aufmerksam, dass es u.a. Wulff war, mit dessen großen Einsatz das Zentrum für Interkulturelle Islamstudien aufgebaut werden konnte. Der geschäftsführende Leiter dieses Zentrums, Prof. Bülent Uçar, macht anschließend deutlich, wie wichtig die Imamausbildung und der Islamische Religionsunterricht sind.
Bundespräsident Christian Wulff ergreift als vorletzter Redner das Wort. Hier an der Universität hat er selbst studiert und kennt sich aus. Er verurteilt das Attentat in Ankara aufs Schärfste. Die Gesellschaft brauche Frieden und Friedensmacher. Er betont, dass die gegenwärtige Situation der gesamten Welt nicht wirklich „gut“ ist, dass er jedoch mit Hoffnung in die Zukunft blickt. Die Rede Wulffs ist hervorragend.
Der Gast aus der Türekei ist sich ebenfalls sicher, dass der Terror den Frieden unter den Völkern nicht stören wird. Gül geht auch auf die Religionsfreiheit in Deutschland ein und weist darauf hin, dass es in der Praxis noch Defizite gibt. Die gebe es auch in der Türkei, man mache aber sehr gute Fortschritte. Wulff nickt.
Der Islam sei, so Gül weiter, ethnisch, geographisch und sprachlich nicht gebunden. Daher seien Muslime in Deutschland, deutsche Muslime, die hier leben, hier wählen und loyal zu Deutschland sind.
Nach einer kurzen Gelegenheit für die Studenten, mit den Präsidenten zu reden, verabschieden sich die sichtlich müde wirkenden Präsidenten und ihre Ehegattinnen Richtung Flughafen. Der nächste Termin in Berlin wartete schon. Aktuell Politik
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So sollten deutsch-türkische Beziehungen immer sein. Freundlich und sich untereinander unterstützend. Beeindruckend wie die Präsidenten empfangen wurden.
Der Bericht geht leider nicht darauf ein, wie viele Deutsche sich diese beiden Staatsoberhäupter angetan haben. Ich denke mal praktisch keine – das ist doch auch ein Statement.
@LLEA
Dem kann ich mich nur anschließen…
Der deutsche Bundespräsident bat ja mal seinen türkischen Amtskollegen Abdullah Gül um Hilfe zur Befreiung der im Iran inhaftierter beiden deutschen Reporter, mit Erfolg Sie wurden nach Gül’s besuch im Iran
Freigelassen.
Wulff ist doch nicht der Präsident der Deutschen. Das ist ein Apparatschnik, den keiner im Amt haben wollte.
Aber der Besuch von Gül hat mal wieder gezeigt, wo die Loyalitäten der hier lebenden Türken liegen. Nicht bei Deutschland. Und das kann eine Gesellschaft auf Dauer nicht verkraften.
@Naja:
„Aber der Besuch von Gül hat mal wieder gezeigt, wo die Loyalitäten der hier lebenden Türken liegen.“
Was haben Sie den von den hier lebenden T Ü R K E N erwartet?
„Nicht bei Deutschland. Und das kann eine Gesellschaft auf Dauer nicht verkraften.“
Mecker, mecker, mecker…