TV-Tipps des Tages
10.10.2011 – Djenné, Russland, Becker, Srebrenica, Integration, Ludwig II
TV-Tipps des Tages sind: Djenné: Stadt am Ufer der Wüste; Der Zug der Träume: Von Berlin bis an die Wolga; Srebrenica - Opfer Klagen an; König Ludwig II. von Bayern: Der einzig wahre König; Jürgen Becker: Baustelle Deutschland
Von Ümit Küçük Montag, 10.10.2011, 8:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.10.2011, 17:05 Uhr Lesedauer: 8 Minuten |
Djenné
Stadt am Ufer der Wüste – Djenné ist die älteste Stadt Westafrikas; sie liegt im Nigerdelta am Fluss Bani in Mali. Früher wurden hier Sklaven, Gold und Elfenbein aus Afrika gegen Feuerwaffen, Glas und Seide aus Europa und Asien getauscht.
Djenné war wie Timbuktu eine der wichtigsten Karawanenschnittpunkte des schwarzen Kontinents. Heute leben die Bewohner der seit dem 3. vorchristlichen Jahrhundert besiedelten Lehmstadt als Fischer, Hirten und Bauern. Seit jeher wird das Leben der Djennekes vom Kommen und Gehen des Flusses bestimmt. Die Springfluten der Regenzeit verwandeln die gesamte Region im Frühjahr in ein großes Schwemmgebiet, so dass aus der heißen und staubigen Sahelstadt eine grüne und blühende Insel wird. Der Fluss Bani liefert zudem den wichtigsten Baustoff Djennés: Lehm. Aus Lehm werden die luftgetrockneten Ziegel der Häuser geformt, aus Lehm, vermischt mit Reisschrot, besteht ihr Verputz.
Neben ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ist die Stadt Djenné bekannt als Zentrum für islamische Studien und als Pilgerziel, das einst Schüler und Gelehrte aus ganz West- und Zentralafrika anlockte. Noch heute ist es ein Ort der Marabouts, die offiziell zwar den Koran lehren, aber lieber auf Magie und animistische Rituale zurückgreifen, wenn sie Krankheit, Not, Missgunst oder familiären Problemen zu Leibe rücken sollen. Die Große Moschee, auf deren Vorplatz der traditionelle Montagsmarkt von Djenné stattfindet, ist das größte Lehmgebäude der Welt.
Neben kulturhistorischen und architektonischen Besonderheiten geht der Film auch auf die gesellschaftlichen Aspekte der alten Lehmmetropole ein. Djenné wird seit Jahrhunderten von ein paar wenigen, aber mächtigen Familien regiert. Craven Landouré, ein adeliger Fulbe, ist Sohn einer solchen Familie und führt als Protagonist durch den Film. Im Hause seines 86-jährigen Vaters lebt Craven mit seiner Frau, drei Kindern und zahllosen Verwandten seines unüberschaubar großen Clans. Der Alltag Cravens wird durch ein kompliziertes Geflecht aus Tradition und Verantwortung bestimmt. 14:15-15:00 • HR
Der Zug der Träume
Von Berlin bis an die Wolga – Jeden Sonnabend fährt ein russischer Zug von Berlin nach Saratow an der Wolga: 2.780 Kilometer, 45 Stunden Fahrtzeit über Polen und Weißrussland nach Saratow, eine der größten Städte Russlands und einst die Stadt der Wolgadeutschen.
Der Zug ist immer voll. Männer und Frauen, fliegende Händler aus Russland und aus Weißrussland, die in Berlin Waren einkaufen und zu Hause verkaufen, Kleidung, Kosmetika, Elektrogeräte, was sich gerade so anbietet und natürlich möglichst am Zoll und der Steuer vorbei. Die Herrscherinnen über den Zug sind die beiden Schaffnerinnen, kleine Königinnen, weil sie gute Beziehungen zu den Zöllnern haben und für die Händler daher ganz wichtig sind.
Es gibt aber auch andere Reisende wie Olga, eine russische Lehrerin, die drei Monate bei ihrem deutschen Freund war und sich nicht entscheiden kann, ob sie nun endgültig Russland verlassen und nach Deutschland ziehen soll. Die Waggons werden mit Kohleöfen geheizt, aber aus dem Samowar gibt es immer heißen Tee. Jeder Bahnhof unterwegs ist ein kleiner Basar. Alte Frauen kommen an die Zugfenster und bieten selbst gemachtes Essen an, dazu Brot und Würste und natürlich Wodka und eingelegte Gurken. 15:15-16:00 • NDR Mecklenburg-Vorpommern, NDR Mecklenburg-Vorpommern, NDR Niedersachsen, NDR Schleswig-Holstein
Srebrenica – Opfer Klagen an
Dokumentation – Ein Film von Susanne Glass – Hasan Nuhanovic hat beim Massaker von Srebrenica mehrere Angehlörioge verloren. Er macht die niederländischen Blauhelm-Soldaten dafür mitverantwortlich, die die damalige UNO-Schutzzone nicht geschützt hatten.
Nach jahrelangem Rechtsstreit hat er nun vor einem niederländischen Gericht grundsätzlich das Recht auf Entschädigung zugesprochen bekommen. Susanne Glass hat Nuhanovic bei seinem langen Kampf begleitet.
Der Bosnier Hasan Nuhanovic war während des Krieges Dolmetscher in Srebrenica. Der damals 27-Jährige war stolz darauf für die niederländischen Blauhelmsoldaten zu arbeiten, denn bei ihnen wähnte er sich, seine Familie und tausende andere Muslime in Sicherheit.
Dann kommt der 12. Juli 1995. Die bosnisch-serbische Armee hat die UN-Schutzzone erobert. Der Standort der Niederländer ist umzingelt. Draußen steht der berühmt-berüchtigte bosnisch-serbische General Mladic. Innen muss Hasan Nuhanovic erleben, dass seine „Beschützer“ den Serben nichts entgegenzusetzen haben. Ja mehr noch, sie bemühen sich nicht einmal, das Leben der Angehörigen ihrer engsten Mitarbeiter zu schützen.
Hasan Nuhanovic bettelt bei seinen Vorgesetzten darum, doch wenigstens seinen jüngeren Bruder in Sicherheit zu bringen. Aber die Blauhelme sind unnachgiebig. Einer sagt ihm: „Du weißt doch, dass wir soviel Gepäck haben, da ist kein Platz mehr im Auto für Deinen Bruder.“
Hasans Bruder Muhammed und seine Mutter gelten bis heute als „vermisst“. Die sterblichen Überreste seines Vaters wurden erst vor zwei Jahren in einem Massengrab gefunden. Damit ist Hasans Familie unter den etwa 8000 Menschen, die von der bosnisch-serbischen Armee nach dem Fall von Srebrenica ermordet worden sind. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat das Massaker als Völkermord eingestuft. Der damalige Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, wartet derzeit auf seinen Prozessbeginn. Mladic ist nach wie vor auf der Flucht. Und die Überlebenden des Massakers, wie Hasan Nuhanovic? Die warten nach wie vor auf Gerechtigkeit.
Im September hat das Landgericht in Den Haag die Klage von Hasan Nuhanovic nach staatlicher Wiedergutmachung abgewiesen. Mit der Begründung: Die Niederlande könnten für das Versagen ihrer Blauhelmsoldaten vor 13 Jahren in Srebrenica nicht haftbar gemacht werden, denn die Militärs hätten auf Weisung und mit Mandat der Vereinten Nationen agiert. Deshalb müsse der Staat auch keinen Schadenersatz an die Angehörigen der Opfer bezahlen.
In einem anderen Verfahren hatte dasselbe Gericht im Juli eine Klage gegen die Vereinten Nationen zurückgewiesen. Damals erklärten die Richter, die Weltorganisation genieße laut der UN-Charta Immunität auch in Fällen von Völkermord.
Hasan Nuhanovic hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.Nach jahrelangem Rechtsstreit hat er nun von einem niederländischen Gericht immerhin prinzipiell das Recht auf Entschädigung zugesprochen bekommen.
Für die Phoenix-Dokumentation ist er nochmals nach Srebrenica gefahren. An den Ort, wo er seine Familie das letzte Mal gesehen und vergeblich um ihr Leben gebettelt hat. Gleichzeitig beweisen bisher nicht veröffentlichte Archivaufnahmen das ganze Ausmaß des Versagens der niederländischen Soldaten unter dem Kommando der Vereinten Nationen.
Während seine Blauhelme gerade tausende Menschen an die mordbereiten serbischen Truppen ausliefern, fleht der erkennbar verschüchterte General Tom Karremans den serbischen General Mladic an: „Ich bin Pianist. Bitte erschießen Sie keinen Klavierspieler!“ Im Dezember 2006 wurde der inzwischen pensionierte Karremans mit einem Orden für den „tapferen Einsatz in Bosnien“ geehrt. 18:30-19:15 • PHOENIX
König Ludwig II. von Bayern
Der einzig wahre König – Ludwigs Frankophilie und seine Bourbonenverehrung sind Schlüssel zum Wesen des Königs, die erstmalig in einer Dokumentation ins Zentrum gestellt wurden.
Es herrscht höchste Sicherheitsstufe für die Pariser Polizeibehörden, als Ludwig II. als Graf von Berg im Juli 1867 zur Weltausstellung anreist – denn nebenbei geht es auch um große Politik: Napoleon III. hofiert den jungen König, macht mit ihm Ausflugsfahrten auf der Seine, zeigt ihm seine Mittelalterburg Pierrefonds. Ludwig bleibt reserviert, für ihn ist Napoleon ein Emporkömmling. Er hat ein ganz anderes Idol: den Bourbonenkönig Ludwig XIV.; doch bevor er dessen Schloss Versailles besuchen kann, muss er überstürzt abreisen – ein Onkel war gestorben.
Ludwig hat in seiner Regierungszeit nur drei Auslandsreisen unternommen (abgesehen von der Schweiz) – alle führen ihn nach Frankreich. 1874 setzt Ludwig gegen die politischen Bedenken seiner Minister eine zweite Frankreichreise durch, um endlich Versailles zu besuchen. Trotz aller Begeisterung hat das Schloss für ihn einen Makel: Es ist entweiht durch seine öffentliche Zugänglichkeit. Die Überhöhung eines damals schon unzeitgemäßen absolutistischen Königtums und die Hinterlassenschaften Ludwigs orientieren sich an dieser Zeit, allen voran Linderhof und Herrenchiemsee. Versailles zieht sich dabei wie ein roter Faden durch Ludwigs Leben: Seine Frankreichverehrung spiegelt aber auch seine innere Entwicklung und seinen immer stärkeren Rückzug nach der Reichseinigung. Sein bizarrstes Bauprojekt, die fixe Idee, die Kopie eines vorhandenen Bauwerks zu errichten, nämlich ein Versailles auf Herrenchiemsee, war einzigartig. Es sollte Ludwigs privater Weihetempel sein, unzugänglich auf einer Insel, den Augen der Öffentlichkeit entzogen. Ein politischer Kontrapunkt zum Zeitgeist, Fluchtpunkt und das teuerste Bauwerk der Epoche, das ihn schließlich ruinierte.
Neben umfangreichen Dreharbeiten in den Schlössern Ludwigs II. wurden auch die Stationen seiner Frankreichreisen nachgezeichnet – seine Besuche in Pierrefonds und Versailles. Erstmals seit Visconti erlaubte es die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung dem Bayerischen Rundfunk und arte, Szenen aus Ludwigs Leben direkt am Schauplatz, im Schloss Herrenchiemsee zu drehen… 22:30-23:15 • BR
Jürgen Becker: Baustelle Deutschland
Internationale Kabarett– und Comedy-Show mit Jürgen Becker, Özgür Cebe, John Doyle, Robbi Pawlik alias Bademeister Schaluppke sowie den Mitgliedern der neuen Kölner Immi-Sitzung Myriam Chebabi, Katja Solange Wiesner und Guido Sterzl „Jede Jeck is von woanders“ lautet das Motto der 2010 gegründeten Kölner Immigranten-Sitzung, einer kabarettistischen Karnevalssitzung der besonders bunten Art. Ein Motto, das Jürgen Becker sehr gefällt. Ganzjährig und nicht nur in der fünften Jahreszeit. Weshalb der Satz nun sein zweites Treffen auf der „Baustelle Deutschland“ einleitet.
Als geschichtskundiger Mensch weiß Jürgen Becker, wie lange Bauarbeiten dauern können (Stichworte „Kölner Dom“ oder „Kölner U-Bahn“) und vor allem, wie viele Leute aus den unterschiedlichsten Regionen dabei mitwirken durften, konnten, mussten. Als weltoffener Mensch kennt Jürgen Becker natürlich auch die Baustellen andernorts: im Land und auf den Gebieten Bildung, Essen und Trinken, Religion, Sex oder Sprache. Als rheinischer Mensch schließlich hat er zu allem eine Meinung.
Es gibt also Gesprächsstoff genug für die Runde mit
- dem in Bielefeld geborenen Özgür Cebe, Sohn von türkisch-kurdischen Migranten,
- dem in Deutschland lebenden Amerikaner John Doyle,
- dem ehemaligen Schwarzwaldkind Robbi Pawlik,
- der aus Brasilien stammenden Myriam Chebabi,
- dem kölschen Mädchen mit afrikanischen Wurzeln Katja Solange Wiesner, – dem türkisch aussehenden Franken Guido Sterzl.
Eine Produktion der Pro TV Produktion GmbH im Auftrag des WDR. 00:15-01:00 • WDR TV-Tipps
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