Studie
Spätaussiedler und Türken leben in ganz verschiedenen sozialen Milieus – genau wie Deutsche
Spätaussiedler und türkeistämmige Deutsche leben – wie die autochthonen Deutschen auch – in ganz verschiedenen sozialen Milieus. Das fanden Forscher der Leibniz Universität Hannover in heraus.
Dienstag, 25.10.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Wie bringen sich Spätaussiedler und türkeistämmige Deutsche in unsere Gesellschaft ein? Wie groß ist ihre soziale und politische Teilhabe? Welche beruflichen und kulturellen Ressourcen bringen sie mit, welche erwerben sie? Fühlen sie sich anerkannt und was sind ihre Wünsche für die Zukunft? Diese und weitere Fragen hat eine Forschungsgruppe der Leibniz Universität Hannover in ihrem Projekt „Gesellschaftsbilder und Partizipation von Spätaussiedlern und türkeistämmigen Deutschen in Niedersachsen“ untersucht.
„Wir haben Spätaussiedler und türkeistämmige Deutsche in drei unterschiedlich strukturierten Regionen befragt: in Hannover, in Cloppenburg und in Salzgitter“, berichtet Heiko Geiling, der die Studie geleitet hat. „Unser Ziel war es, die Bedingungen und Möglichkeiten gesellschaftlich-politischer Teilhabe dieser beiden größten Einwanderergruppen mit deutscher Staatsbürgerschaft zu untersuchen.“ Welchen Einfluss auf die jeweiligen Lebenswege haben die Herkunftsregion, die Einwanderungsgeneration sowie Alter, Wohnort und Geschlecht? Wie etabliert sind die beiden Gruppen und welche Aufstiegsmöglichkeiten haben sie in unserer Gesellschaft? Anhand dieser Fragen und mit den Methoden der sozialstrukturellen Milieu- und Akteursforschung gelang es mit einer qualitativ-explorativen Untersuchung, die Befragten im sozialen Raum zu positionieren und zu Gruppen zusammenzufassen (die zentralen Abbildungen liegen der Pressemitteilung bei).
Ganz unterschiedliche soziale Milieus
„Wir waren überrascht, dass sich die Spätaussiedler und türkeistämmigen Deutschen bereits sehr stark differenzieren“, sagt Daniel Gardemin. „Es gibt nicht die eine homogene Gruppe von Spätaussiedlern oder Türkeistämmigen. Die befragten Akteure haben sich deutlich ausdifferenziert und leben – wie die autochthonen Deutschen auch – in ganz verschiedenen sozialen Milieus.“
So fällt auf, dass die Spätaussiedler mit ihrem Status der ersten Einwanderungsgeneration sich von den Türkeistämmigen in zweiter und dritter Einwanderungsgeneration unterscheiden lassen. „Beide Gruppen sind aber auch in sich wieder unterteilt – je nachdem, welche Chancen ihnen auch ihre jeweiligen Wohnorte bieten. Die Ortseffekte und die Erwerbsstruktur haben einen erheblichen Einfluss“, erläutert Stephan Meise.
Wichtig bei der Befragung war den Forschern, von vorneherein auf wertende Zuschreibungen und Klassifikationen zu verzichten. „Wir haben nahezu die gleichen Fragen gestellt, wie sie in einer ähnlichen Befragung auch bei den alteingesessenen Deutschen, der sogenannten autochthonen Bevölkerung, schon mal erfolgreich zum Einsatz kamen“, erläutert Andrea König die Befragungsmethoden.
Buch: Die Ergebnisse der im Rahmen des Förderprogramms Pro Niedersachen (MWK) durchgeführten Untersuchung, die Teil der sozialstrukturellen Milieu- und Akteursforschung in Hannover ist, sind jetzt als Buch erhältlich: Heiko Geiling/Daniel Gardemin/Stephan Meise/Andrea König 2011: Migration – Teilhabe – Milieus. Spätaussiedler und türkeistämmige Deutsche im sozialen Raum, VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden, 305 Seiten, 17 s/w-Abbildungen, 15 Farbabbildungen, 10 s/w-Tabellen. Paperback, ISBN 978-3-531-18146-2, 29,95 €
Bemühungen nicht anerkannt
„In den von uns identifizierten Gruppen wird deutlich, dass ihre milieuspezifischen Bemühungen, sich in der Gesellschaft zu etablieren und anerkannt zu werden, vor allem über Ausbildung und Bildung erfolgen“, sagt Geiling. „Dies ist typisch für soziale Gruppen mit relativ geringen Ausgangsressourcen.“ Zugleich seien sie auch damit konfrontiert, dass ihre Bemühungen von der Mehrheitsgesellschaft nicht immer anerkannt werden und sie dort auf Abwehrreaktionen stoßen. „Das sind Erfahrungen, die prägen“, meint Gardemin. „Doch auch hieraus ziehen die Beteiligten ihre Schlüsse und entwickeln zum Teil erst recht ein ausgeprägtes Bedürfnis, an der Gesellschaft teilhaben zu wollen.“
Teilhabe, so die Forschungsgruppe, entwickelt sich über die Modernisierungserfahrungen der Einwanderer: „Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht allein die Maßstäbe der Mehrheitsgesellschaft an die etablierten Formen des bürgerschaftlichen Engagements anlegen. Gesellschaftliche Partizipation schließt alle Praktiken für das Gemeinwohl ein“. (eb)
Gesellschaft Leitartikel Studien
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Ich bin mir sicher das diese Studie sehr starke Unterschiede zwischen Russlanddeutschen und Türkischstämmigen gefunden hat. Wobei Russlanddeutsche mehrheitlich angekommen sind in diesem Land, weniger die Schuld bei anderen suchen und insgesamt besser integriert sind. Dieser Artikel hier versucht das aber zu verbergen und tut so als gäbe es da keine Unterschiede.
Verheimlichen, verschleiern und schönreden, darin ist das migazin ganz groß! Schade, aber so trägt man nicht zur Problemlösung bei.
@ tobi
quatsch! ihnen steht es doch frei, sich die studie zu besorgen und die unterschiede zu finden. was steht in dem artikel oben denn drin? es gibt die wissenschaftler wieder. nur weil es im migazin steht …. ;) in der welt online hätte man sicher eine ganz andere überschrift benutzt.
auf Migazin wird stets suggeriert, dass wir Integrationsprobleme mit Ausländern haben. Und zwar vor allem in Deutschland. Beides ist nicht korrekt:
Wir haben Integrationsprobleme mit Muslimen bzw. im weitesten Sinne Orientalen, und zwar europaweit. Hier müsste man auch anzetzen, um herauszufinden, WO genau der Schuh drückt!
Klar, jeder Mensch lebt in einem bestimmten sozialen Mileu, wußten Sie es nicht?
@Delphin: es gibt Integrationsprobleme mit anderen Migrantengruppen. Was ist der Unterschied? Schwarzafrikaner wollten nicht auffallen. Die sind mit ihrer niedrigen Position in der Gesellschaft einverstanden. Moslems sind anders. Allein ihre Religion wird ständig verteufelt, und das von Menschen, die nie mit einem Moslem richtige Gespräche führte.
Wenn es Deutsche betrifft, heißt es „in einem bestimmten sozialen Milieu leben“ – wenn es jedoch Türken/Araber betrifft, heißt es „Parallelgesellschaft“! Oder würde beispielsweise Professor Dr. Ernst Meier mit Karl Schmidt – Alkoholiker und Hartz4-Empfänger – um die Ecke ein Bierchen trinken gehen?
Welche Interessen werden eigentlich bedient, wenn die Rußlanddeutschen in den Topf der ausländischen Zuwanderer gesteckt werden. Dann wären auch die ehemaligen DDR-Deutschen ausländische Zuwanderer (sie waren sogar „feindliche Ausländer“). Die Wiedervereinigung und die Rückwanderung der Deutschen aus Rußland u.aus anderen osteuropäischen Staaten waren und sind ein rein nationaler historischer Ablauf in der deutschen Geschichte – genau so, wie es auch die Integration der vertriebenen Ostdeutschen (Schlesier, Ostpreußen etc.) war. Die Zuwanderer der Ausländer hatten und haben wirtschaftliche, geostrategische oder auch sonstige Gründe – jedenfalls gehört das deutsche Kriegsfolgeschicksal der Auslandsdeutschen nicht in diese Rubrik.
Oh, damit will uns Klemens Veit sagen, dass er sich Vergleiche von Spätaussiedlern und Türken verbittet, denn die Spätaussiedler sind ja etwas „Besseres“ und können nicht in den gleichen Topf geworfen werden!
Mika hat nicht begriffen, was ich damit gesagt habe.
„Schwarzafrikaner wollten nicht auffallen. Die sind mit ihrer niedrigen Position in der Gesellschaft einverstanden. Moslems sind anders.“
Pepe, Pepe, Pepe, Sie scheinen mir ein ausgemachter Rassist zu sein? Menschen mit schwarzer Hautfarbe sind also minderwertiger als „Moslems“? Was ist mir schwarzen Moslems? Auch minderwertiger?