Poetry Slam
„Am Anfang war das Wort“
Was haben Themen, wie der große Bruder, üble Nachrede, Männerrechte und die beste Freundin gemeinsam? Sie werden in Gedichte verpackt und beim ersten muslimischen Poetry Slam in Berlin von jungen deutschen Muslimen vorgestellt.
Von Gülseren Ölçüm Dienstag, 20.12.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 23.12.2011, 11:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
350 Leute drängeln sich in den Bärensaal der Senatsverwaltung in Berlin. An diesem Samstag (17.12.2011) sind alle Plätze restlos ausverkauft und viele nehmen auch mit Stehplätzen vorlieb, denn was sich in den nächsten vier Stunden ereignet, will sich niemand entgehen lassen. Youssef Adlah und Younes Al-Amayra haben zum ersten muslimischen Poetry Slam geladen. Im Laufe des Abends werden neun talentierte Slammer versuchen, um die Gunst des Publikums zu werben und sich und ihrer Meinung Gehör zu verschaffen.
Die Veranstalter haben nicht mit so einem Zulauf gerechnet. Younes und Youssef starten völlig berauscht und enthusiastisch in den Abend. Die Begeisterung und Freude über die große Resonanz lassen sie den ganzen Abend über verspüren. So entwickelt sich der Abend eher zu einer großen Familienfeier, in dem das Publikum stetig miteingebunden wird und mit mobilen Wahlurnen entscheidet, wer den I,Slam gewinnt.
„Wir wollen etwas ändern“
Der Abend beginnt mit einer Koran-Rezitation, denn „der Segen ist uns wichtig“, so Younes und Youssef. Und ganz nach dem Kuran, so stand auch die Idee für den Poetry-Slam mit dem Gedanken: „Am Anfang war das Wort“. Denn die beiden Veranstalter, die auch gleichzeitig durch den Abend geführt haben, wollten jungen Muslimen die Möglichkeit geben, sich auszudrücken und über die Dinge zu reden, die sie beschäftigen. „Wir wollen etwas ändern und uns nicht zurückziehen!“, so Youssef.
Besonders stolz ist das Organisationsteam von I,Slam darauf, dass sich vier weibliche Slammerinnen angemeldet haben. „Denn die meisten Poetry Slams sind eher von Männern dominiert“ so Younes.
Mütter, große Brüder und der Nahost-Konflikt
So unterschiedlich die Slammer, so auch die Themen. Manche reden von ihrer Mutter oder ihrem großen Bruder, von den kleinen Dingen, die das Leben lebenswert machen, der besten Freundin oder eben auch von dem Leben als Muslim in Deutschland.
Sophie berichtet zum Beispiel von ihrer ersten Unterhaltung mit ihrer Mutter, in der sie ihr erklärt, dass sie zum Islam übertreten wird. Sie erzählt von den Sorgen und Ängsten ihrer Mutter und von ihren eigenen Gefühlen. Das Publikum ist völlig mitgerissen und wählt Sophie auch gleich in die nächste Runde.
Die nächste Slammerin, Ahlam, will zum „Denken anstoßen“ und kritisiert den Westen für seine Ignoranz am Arabischen Frühling und dem Nahost-Konflikt. „Der Westen sieht schwarz. Schwarzes Öl“, so Ahlam. Der extra aus Österreich eingereiste Slammer, Muhammet Ali, geht an die Integrationsdebatte ironisch heran. Er stellt sich vor, wie so der Flugablauf bei einer muslimischen Airline ablaufen würde. Bei MuslimAir gibt es statt Schwimmwesten Gebetsteppiche und natürlich werden die Gebetszeiten und die Richtung gen Mekka eingehalten. Die Flugzeit kann man also nicht ganz korrekt voraussagen. Am Ende gewinnt er damit die meisten Stimmen und ist der Gewinner des ersten I,Slam.
Bald in ganz Deutschland
Ziel ist es, dass der I,Slam in ganz Deutschland regelmäßig stattfindet. Der nächste Termin steht auch schon fest. Am 2. Februar können sich Poetry-Slammer in Hamburg nicht nur zum verbalen Schlagabtausch treffen, sondern auch die erfolgreiche Story des ersten I,Slam fortsetzen. Aktuell Feuilleton
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