Statistikamt Nord
Zahlenhaufen über ausländische Sozialhilfeempfänger
Laut Statistikamt Nord bezogen Ende 2010 rund 36 Prozent der Nicht-EU-Ausländer in Hamburg und Schleswig-Holstein Sozialhilfe. Bei „Deutschen“ beträgt diese Quote rund zehn Prozent. MiGAZIN hat nachgefragt.
Mittwoch, 02.05.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.05.2012, 7:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Am Jahresende 2010 haben in Hamburg 67.400 Ausländer Sozialleistungen zur laufenden Lebensführung erhalten, das sind gut 28 Prozent aller in Hamburg lebenden Ausländer. In Schleswig-Holstein betrug diese Quote 26 Prozent (38.000).
Während die Empfängerquote der ausländischen EU-Staatsangehörigen bei zwölf (Hamburg) bzw. zehn (Schleswig-Holstein) Prozent lag, betrug sie bei anderen Nationalitäten rund 36 Prozent. Zudem bezogen knapp elf Prozent der deutschen Bevölkerung (161.900) in Hamburg eine staatliche Hilfeleistung. In Schleswig-Holstein lag diese Quote bei neun Prozent (229.400).
Zahlen rückläufig
Insgesamt erhielten rund 496.600 Personen Sozialleistungen zur laufenden Lebensführung, 229.300 davon in Hamburg. Das sind gut neun Prozent der Gesamtbevölkerung in Schleswig-Holstein und 13 Prozent in Hamburg.
Im Vergleich zu 2009 ging der Anteil von Leistungsempfängern in allen Bevölkerungsgruppen leicht zurück, lediglich unter den Nicht-EU-Ausländern blieb sie in Hamburg unverändert. Das teilt das Statistikamt Nord in zwei fast wortgleichen Erklärungen (hier und hier) mit.
Auf Nachfrage wurde dem MiGAZIN allerdings mitgeteilt, dass etwa 6.800 (Hamburg) bzw. 4.000 Nicht-EU-Ausländer überhaupt keine Arbeitserlaubnis haben und daher Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen müssen. Das sind etwa zehn Prozent aller Nicht-EU-Ausländer, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind.
Keine Informationen zu Aufstockern
Nicht sagen konnte das Statistikamt allerdings, wie viele der Nicht-EU-Ausländer so genannte Aufstocker sind. So werden Personen bezeichnet, deren Einkommen durch Arbeitslosengeld II auf das Niveau der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgestockt wird, weil das Einkommen nicht ausreicht. Hiervon sind insbesondere Menschen betroffen, die aus mangel an Alternativen schlecht bezahlte atypische Beschäftigungsverhältnisse eingehen, um überhaupt arbeiten zu können.
Info: Als „Sozialleistungen zur laufenden Lebensführung“ sind Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach SGB II („Hartz IV“), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, laufende Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen sowie Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zusammengefasst.
Wie das Statistische Bundesamt auf Nachfrage des MiGAZIN an anderer Stelle mitteilte, sind das insbesondere ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten. 36,5 Prozent von ihnen befanden sich laut Auswertungen des Mikrozensus 2010 in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis. Bei Deutschen beträgt diese Quote vergleichsweise niedrige 21,5 Prozent.
Migrationshintergrund wird nicht erfasst
Keine Auskunft konnte das Statistikamt auch darüber geben, wie viele der „Deutschen“ Sozialhilfeempfänger einen Migrationshintergrund haben weil sie eingebürgert wurden. „Das wird leider nicht erfasst“, so ein Amtssprecher. Bestätigt wurde lediglich, dass die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts Einbürgerungsvoraussetzung ist. Daher spreche „vieles dafür“, dass Eingebürgerte die Quote der Deutschen „verbessern“. Auf der anderen Seite fallen ausgerechnet sie aus der „Ausländer-Statistik“ heraus, was sich wiederum negativ auf die Quote der Ausländer auswirkt.
Bekannt ist lediglich, dass die Zahl der Eingebürgerten nicht unwesentlich ist. So lebten Ende 2010 rund 515.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Hamburg (30 Prozent aller Einwohner). 195.000 von denen sind eingebürgert und machen gut zehn Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Andere Deutung der Zahlen möglich
Eine von verzerrenden Faktoren bereinigte Statistik unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes könne das Amt nicht herausgeben. Das sei mit einem zu großen Aufwand verbunden. 1.
Die Gefahr, dass die vorgestellten Zahlen ohne Nennung der von MiGAZIN angesprochenen Faktoren, Vorurteile gegenüber Nicht-EU-Ausländern schüren könnten, sah der Amtssprecher nicht. Das sei „Interpretationssache“ und dies wiederum sei „nicht Aufgabe des Statistikamtes“. Sie präsentiere nur Zahlen. Im Übrigen könne man diese auch anders deuten: „Der Sozialstaat meint es es gut mit den Ausländern und unterstützt sie so zahlreich.“ (es)
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