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Integrationsstudie

Baden-Württemberger mit hohen Erwartungen an Zuwanderer und sich selbst

Erstmals wurde gezielt die Integration aus Sicht der Aufnahmegesellschaft untersucht - mit überraschenden Ergebnissen: Baden-Württemberger bemängeln Diskriminierung von Zuwanderern und haben hohe Erwartungen - auch an sich selbst.

Dienstag, 05.06.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

„Baden-Württemberger stellen dem Miteinander von Einheimischen und Zuwanderern ein gutes Zeugnis aus. Allerdings haben sie hohe Erwartungen an die Zuwanderer und an sich selbst. Sie verschließen auch nicht die Augen vor Diskriminierung von Zuwanderern.“ So hat Bilkay Öney, Ministerin für Integration, am Montag (4.6.12) die Kernaussagen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zusammengefasst. Die Daten hatte Infratest dimap für das Ministerium im Februar dieses Jahres erhoben. Die Umfrage ist die landesweit erste umfassende Bestandsaufnahme zur Integration aus Sicht der Aufnahmegesellschaft in Baden-Württemberg.

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Hohe Erwartungen an die Zuwanderer
Über zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) sagen, dass sie überwiegend gute Erfahrungen mit Zuwanderern gemacht haben, jeder Zehnte spricht von sehr guten Erfahrungen. 28 Prozent der Befragten sehen in der Zuwanderung eine gesellschaftliche Bereicherung, 26 Prozent heben Eigenschaften der Zuwanderer positiv hervor. Die wirtschaftliche Leistung der Zuwanderer wird hingegen deutlich seltener genannt (5 Prozent). Drei negative Verhaltensmuster werden von den Befragten relativ häufig angegeben: 18 Prozent stört es, wenn Zuwanderer „kein Deutsch lernen“, 15 Prozent, wenn sie „sich nicht integrieren wollen“ und 12 Prozent, wenn Zuwanderer „häufig unter sich bleiben“ bzw. „in Gruppen auftreten“.

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Die Mehrheit der Baden-Württemberger (52 Prozent) sieht die Verantwortung für gelingende Integration bei den Zuwanderern selbst. 19 Prozent sehen den Staat in der Pflicht, 8 Prozent sind der Meinung, dies sei vor allem Aufgabe der Einheimischen. Auf die Frage, ob die genannten Akteure genug für die Integration tun, ist eine klare Rangfolge feststellbar: 70 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Zuwanderer nicht genug für die Integration tun, 61 Prozent sehen Defizite bei den Einheimischen und 30 Prozent bei der Politik. „Aus diesem Ergebnis folgere ich: Es muss uns gelingen, zum einen die Integrationsmotivation der Zuwanderer zu erhöhen und zum anderen die Mehrheitsgesellschaft noch stärker bei diesem Thema mitzunehmen“, so Öney.

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Hohe Erwartungen an sich selbst
Die Baden-Württemberger sehen sich selbst in der Pflicht, mehr zur Integration von Zuwanderern beizutragen. Jeweils 92 Prozent meinen, dass man gerade Zugewanderten „Tipps zum Einleben in der neuen Umgebung geben“ oder „ihnen Hilfe bei konkreten Problemen, zum Beispiel mit Ämtern und Behörden, anbieten“ sollte. Fragt man danach, inwieweit die Bürger in den vergangenen zwölf Monaten selbst aktiv waren, ergibt sich ein modifiziertes Bild: Tipps zum Einleben in der neuen Umgebung wurden lediglich von einem Drittel gegeben (35 Prozent). Hilfen bei konkreten Problemen leisteten 31 Prozent. Ministerin Öney: „Es muss uns gelingen, Anspruch und Wirklichkeit noch besser in Einklang zu bringen. Die Bevölkerung ist bereit, mehr für die Integration zu tun. Wir müssen sie ermuntern und unterstützen, dies auch umzusetzen.“

Die Baden-Württemberger schätzen die kulturelle Vielfalt im Land. Auf die Frage, ob sie lieber in einem Land mit nur einer Kultur und Lebensweise oder in einem Land mit vielen Kulturen und Lebensweisen leben möchten, ist das Ergebnis eindeutig: 80 Prozent präferieren die kulturelle Vielfalt, 15 Prozent eine einheitliche Kultur und Lebensweise. Lediglich ein Drittel (33 Prozent) der Baden-Württemberger stimmt der Meinung zu, dass Zuwanderer ihre kulturelle und religiöse Lebensweise ganz oder teilweise aufgeben sollten. Damit zeigen sich die Baden-Württemberger toleranter als der Bundesschnitt (41 Prozent).

Download: Die Studie „Gelebte Vielfalt – Ergebnisse und Analysen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zur Integration in Baden-Württemberg 2012“ kann als PDF-Datei kostenlos heruntergeladen werden.

„Für die Bevölkerung endet Toleranz da, wo das Recht gebrochen und in persönliche Freiheitsrechte eingegriffen wird“, so die Ministerin. 96 Prozent stört es, wenn aus kulturellen Gründen Gewalt angewandt wird. 87 Prozent lehnen es ab, wenn Eltern darüber entscheiden, wen die eigenen Kinder heiraten. Darüber hinaus stört es die Mehrheit der Befragten (62 Prozent), wenn „Zuwanderer vor allem unter sich bleiben“. Das Tragen von Kopftüchern und der Bau von Moscheen wird jeweils von rund einem Drittel abgelehnt.

Ungleiche Chancen für Zuwanderer
„Erstaunlich finde ich die selbstkritische Betrachtung der Mehrheitsbevölkerung beim Thema Benachteiligung von Zuwanderern“, sagte Öney. Die Bürger gehen nicht davon aus, dass Zuwanderer in allen gesellschaftlichen Bereichen die gleichen Chancen wie Einheimische haben. 61 Prozent sind der Meinung, dass Zuwanderer „bei der Suche nach einer Wohnung“ benachteiligt werden. Knapp die Hälfte (48 Prozent) ist der Ansicht, dass Zuwanderer nicht die „gleichen Chancen auf der Suche nach einem Arbeits- und Ausbildungsplatz“ besitzen. „Die Ergebnisse zeigen, dass wir im Bereich Antidiskriminierung noch aktiver und entschlossener handeln müssen“, so die Ministerin.

Fragt man nach der Bedeutung unterschiedlicher Integrationsmaßnahmen, so ist die Sprachförderung nahezu unumstritten. 96 Prozent der Befragten halten die Verbesserung der Sprachförderung für wichtig. 92 Prozent meinen zudem, die Politik sollte mehr gegen kriminelle Zuwanderer tun. Es folgen die Verbesserung von Bildungschancen (91 Prozent) und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit unter Zuwanderern (89 Prozent). Befragte mit Migrationshintergrund halten die vorgeschlagenen Maßnahmen insgesamt für wichtiger als Befragte ohne Migrationshintergrund. Dies betrifft vor allem die Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse, Maßnahmen gegen Diskriminierung und die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Zuwanderer.

„Die hohe Zustimmung für die in der Studie genannten Integrationsmaßnahmen ist eine Bestätigung unserer Politik“, so Öney. Integration gelinge nur dann, wenn für alle Menschen Chancengerechtigkeit und Teilhabe gelte. „Daran knüpfen wir an: Das Ministerium für Integration setzt sich für Sprachförderung und Elternbegleitung im Umfeld von Kindergarten und Schule ein, wir wollen anonymisierte Bewerbungen erproben und schreiben ein Landesanerkennungsgesetz für ausländische Berufsqualifikationen. Wir reden mit Muslimen auf Augenhöhe, fördern die interkulturelle Kompetenz in der Verwaltung und werben für mehr Zuwanderer im öffentlichen Dienst.“ (bk) Gesellschaft Leitartikel Studien

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  1. Dr. Rita Zellerhoff sagt:

    Wichtige Schritte zur Integration sind die Sprachförderprogramme in den Kindergärten Baden-Württembergs. Ein wesentlicher Meilenstein ist außerdem die Entwicklung des Diagnostikinstruments LiSe-DaZ von Schulz und Tracy, mit dem die Förderbedürfnisse mehrsprachiger Kinder gezielt bestimmt werden können. Die Testentwicklung und seine Implementierung wurde von der Baden-Württenberg-Stiftung unterstützt.
    Rita Zellerhoff

  2. Sinan Sayman sagt:

    Frau Öney, Sie haben die türkischen einwanderer hier ganz schön diffamiert, sie waren in dem Punkt sehr „vorbildlich“, warum werben Sie um EinwANDER; wenn sie sie doch nur seltsam über sie reden. darf ich erinnern, “ „Je mehr Türken wir im Lande haben, desto mehr Unruhe haben wir.“ alles klar Frau Öney.

  3. AI sagt:

    Frau Öney ist die erste Integrationsministerin in einem Land, dass massgeblich von internationalen Beziehungen abhängig ist. Wie die hiesige Bevölkerung denkt ist mitnichten repräsentiert. Die Aussage die Sie zitieren ist eine solche unveröffentlichbare Meinung. Die Schwierigkeit die hier besteht ist die Differenz von Aussen-Wirkung und Innen-Meinung wiedergeben zu können ohne diffamiert, denunziert und mundtot gemacht zu werden. Ich weiss nicht wo Sie leben Herr Sayman, aber Baden Württemberg ist für oben genannten Umstände bekannt, ähnlich wie Bayern. Frau Öney sprach im Zusammenhang der NSU als erste Politikerin in D. von einem „tiefen Staat“. Na machts klick?? Strategie ist nicht ihre Sache.