NSU Skandal
Kenan Kolat: „Ich habe Angst vor dem Verfassungsschutz“
Welche Rolle spielt der Verfassungsschutz an den NSU-Morden? Wer sollte seinen Hut nehmen? Was ist zu tun? MiGAZIN sprach mit Kenan Kolat über die aktuelle Stimmungslage der Türkeistämmigen.
Von Samira Sammer Dienstag, 10.07.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.07.2012, 13:32 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
MiGAZIN: Sie sind Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland und können die Gefühlslage der Türkeistämmigen im Zusammenhang mit dem NSU-Skandal gut einschätzen. Wie sind die Reaktionen?
Kenan Kolat: Die Menschen sind empört darüber, dass wichtiges Beweismaterial von einem Mitarbeiter des Sicherheitsapparates vernichtet werden konnte – und das in einem 10-fachen Mordfall.
Diese Tat schürt die Vermutung, dass der Bundesverfassungsschutz am Mord von zehn Migranten verwickelt war. Das Schreddern wichtiger Akten ist der Beweis dafür, dass der Verfassungsschutz etwas zu verbergen hat, so die verbreitete Ansicht der Türken in Deutschland. Der Sicherheitsapparat hat nicht nur durch Nachlässigkeit versagt, sondern durch die Beschuldigung, die Opfer hätten selbst kriminellen Banden angehört – eine rassistische und diskriminierende Haltung gezeigt.
„Der Sicherheitsapparat hat nicht nur durch Nachlässigkeit versagt, sondern durch die Beschuldigung, die Opfer hätten selbst kriminellen Banden angehört – eine rassistische und diskriminierende Haltung gezeigt.“
Diese Anschuldigungen erschütterten den Glauben der hier lebenden Türken an den deutschen Rechtstaat. Wie sich aus einer Umfrage der türkischen Universität Hacettepe in Ankara gezeigt hat, glauben zweidrittel der in Deutschland lebenden Türken, dass die Sicherheitsorgane in die Morde involviert gewesen sind, und zwar durch billigendes in Kaufnehmen der Taten oder das Decken von fremdenfeindlichen Gruppierungen. Laut dieser Studien erwarten sogar 75% der Befragten weitere rechtsextremistische Anschläge auf Türken oder anderen Migranten.
Das Vertrauen der türkischen Migranten in die deutschen Sicherheitsorgane ist auf den Nullpunkt gesunken. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch kein Vertrauen mehr in den Verfassungsschutz, ja ich habe sogar Angst vor ihm und seinen Mitarbeitern. Dieser Fall ist eine Farce für die Demokratie.
MiG: Ist der Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm vor wenigen Tagen der richtige Ansatz um die Missstände beim Verfassungsschutz zu beseitigen?
„Das Vertrauen der türkischen Migranten in die deutschen Sicherheitsorgane ist auf den Nullpunkt gesunken. Und wenn ich ehrlich bin, ich auch kein Vertrauen mehr in den Verfassungsschutz, ja ich habe sogar Angst vor ihm und seinen Mitarbeitern.“
Kolat: Dies war ein notwendiger Schritt. Denn der Verfassungsschutzpräsident hatte kein ertrauen mehr in seine eignen Leute, die allem Anschein nach tun was sie wollen und am Ende weiß niemand, was der andere eigentlich gemacht hat. Der Rücktritt Fromms kann aber nur der Anfang sein. Die politische Führung aus jener Zeitspanne, in der die Morde passierten, muss ebenfalls in die Verantwortung gezogen werden. Nicht nur Otto Schily und Günter Beckstein, die sich bereits zu Wort gemeldet haben, sondern auch Wolfgang Schäuble, der damalige Bundesinnenminister, der entgegen allen Warnungen, die Abteilungen des Links- und Rechtsextremismus im Verfassungsschutz zusammenlegte und somit den Kampf gegen die rechte Szene schwächte. Auch der damalige Innenminister Fritz Behrens und Volker Bouffier müssen sich kritischen Fragen stellen. Schließlich ist keiner von ihnen den Hinweisen auf rechtsextremistische Täter nachgegangen. Außerdem sollte auch Jörg Ziercke, der Chef des Bundeskriminalamtes, die Verantwortung seines Hauses an den ungeklärten Morden übernehmen und nicht nur allgemein von Fehlern der Behörden sprechen. Dies wäre ein wichtiger Schritt für den deutschen Rechtsstaat, es würde Gerechtigkeit signalisieren, um das Vertrauen der Migranten zurückzugewinnen.
MiG: Wie konnte es dazu kommen, dass drei mordende Neonazis durchs Land ziehen und über Jahre hinweg den Sicherheitsbehörden nicht aufgefallen sind? Wie erklären Sie sich das?
„Es muss eine offene Debatte über institutionellen Rassismus geführt werden. Um das Problem zu erkennen, muss das Kind beim Namen genannt werden.“
Kolat: Zum einen gibt es strukturelle Probleme bei den Sicherheitsbehörden, die allem Anschein nach eine kooperative Zusammenarbeit der Ämter verhindert haben. Andererseits aber liegt hier ein klarer Fall von institutionellem und strukturellem Rassismus vor, der tief in den Köpfen der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes – ich sage nicht aller – wurzelt ist. Wenn Opfer als Täter und Kriminelle gesehen werden, zeigt das die Geisteshaltung der Angestellten. Dieses negative Bild von Einwanderern ist auch auf die diskriminierenden und negativ geführten politischen Debatten zurückzuführen. Auch hier muss sich auf politischer Ebene dringend etwas ändern, um weitere Diskriminierung von Migranten und insbesondere Muslimen entgegen zu wirken.
MiG: Die Einführung einer Neonazi Datei, wie es sie schon seit Längerem für Terroristen aus anderen Strömungen gibt, wurde eingeführt. Was sollte noch getan werden, um solchen rechtsradikalen Übergriffen auf Migranten zu verhindern?
Kolat: Es muss eine offene Debatte über institutionellen Rassismus geführt werden. Um das Problem zu erkennen, muss das Kind beim Namen genannt werden.
Ein Vorbild sollte uns hier Großbritannien sein, wo jeder Übergriff auf Migranten zunächst als rassistischen Anschlag gesehen wird und in diese Richtung ermittelt wird. Außerdem wünschen wir uns die Einrichtung einer unabhängigen Beobachtungsstelle zur Überwachung von Rassismus in Deutschland. Und ein ganz wichtiger Punkt ist die Ausländerpolitik hierzulande: Politiker sollten dazu übergehen, die Einwanderer nicht mehr an den Rand der Gesellschaft zu drängen. Es sollte eine antirassistische Gleichstellungs- und Partizipationspolitik geführt werden, um das Vertrauen der Türken und anderen Migranten in den Deutschen Staat wiederherzustellen.
MiG: Sehr geehrter Herr Kolat, ich danke Ihnen für dieses Gespräch. Aktuell Interview
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Der Vergleich mit Großbritannien trifft den wichtigsten Punkt. Während in anderen Ländern Rassismus als vollkommen normales Motiv angesehen wird, als gleichermaßen menschlich wie unmenschlich, ist Rassismus in Deutschland ein Tabuthema. Etwas, worüber man nicht spricht und was es offiziell nicht gibt.
Ein Ermittler, der am Tatort von Seiten der Opfer mit einer Nazi-These konfrontiert wird, fühlt sich daher persönlich angegriffen. Der Verdacht klingt für ihn so ungeheuerlich, dass er eigentlich nur falsch sein kann. So unternimmt er alles, um sich selbst und sein Land von diesem Vorwurf zu entlasten.
Diese Haltung summiert sich, je mehr Personen an den Ermittlungen beteiligt sind. Fahnder, die rechte Motive für denkbar halten, werden von Kollegen niedergebrüllt und von Journalisten verspottet. Es ist letzten Endes eine Frage des nationalen Ansehens, das um jeden Preis gewahrt werden muss. Dafür haben einzelne Beamte, die etwas wussten, sogar die Toten in Kauf genommen. Niemand wollte der Nestbeschmutzer sein, der Schande über Deutschland bringt.
@Sinan:
Volle Zustimmung, besonders für den mittleren Teil.
Vlt. zusätzlich noch:
Die deutsche Gesellschaft tut so als wäre Rassismus ein Randphänomen, welches es nur bei Neonazis gibt, während die Mitte natürlich nur aus aufgeklärten Staatsbürgern besteht.
Bei Linken kommt dann oft noch die Argumentation dazu „wir sind links, wir können keine Rassisten/Antisemiten sein“.
ah Herr kolat, lassen Sie es mal gut sein, das Vertrauen haben wir auch nicht zu Ihnen. Und wie kommen Sie darauf, sich als unsere Stimme Gehör zu verschaffen, sind Sie unser Repräsentant oder was? Wer hat Sie bevollmächtig, wer gewählt? Hören Sie auf in unserem Namen zu sprechen-danke.
Die Türkei hat doch selber geglaubt das die Täter auch Türken waren.
Was GB angeht.Da kam vor Jahren eine geheime Untersuchung der Polizei ans Licht.Muslimische Polizisten sind 10 mal korrupter als Weisse Engländer.
http://www.guardian.co.uk/uk/2006/jun/10/race.topstories3
Muslime werden dort Asians gennant weil sie meistens aus Pakistan oder Indien kommen.
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@Sinan Sayman
ah Herr sayman, lassen Sie es mal gut sein, …. Und wie kommen Sie darauf, sich als unsere Stimme Gehör zu verschaffen, sind Sie unser Repräsentant oder was? Wer hat Sie bevollmächtig, wer gewählt? Hören Sie auf in unserem Namen zu sprechen-danke.
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Uuups…
@Zara:
Au contraire – gerade die Linken sind besonders antisemitisch – konnte ich live erleben.
Ahja, deswegen werden also jüdische Gräber und Gedenkstätten mit Hakenkeuzen und weiteren Schmierereien versehen, ist also alles nur Tarnung und in Wirkllichkeit stecken hinter allem die Linken, soso, ist ja sehr interessant.
Mal ehrlich, Jan , ich glaube, du bist auf PI-News besser aufgehoben als hier, da wirst du auch ganz sicher widerspruchsfrei ganz viel Zustimmung für deine Einstellungen und Ansichten haben.
@Optimist
Gähnn,
schon mal was von „False Flag“ gehört? Den Juden, Amis und Nazis traut man so etwas in jeder zweiten Verschwöungstheorie zu den Linken nicht? Verkaufen Sie andere für blöd.
Im übrigen habe ich auf einer Antifa-Veranstaltung schon ein Schild mit „Deutsche , wehrt Euch…“ – ungeheuerlich, dass die niemand wegen Volksverhetzung angezeitg hat. Aber es geht ja nur im die armen Palästinhänser, da ist alles erlaubt. Es ist ja für eine „guten Zweck“. So kann man jede Diktatut legitimieren. Im übrigen habe ich Ihnen des Du nicht angeboten und es passt in das Bild von „Leuten wie Ihenen“, dass Sie einen am leibsten mundtot machen möchten, sprich zu piss news zu gehen. Den Gefallen tu ich Ihnen aber nicht.
Einigen Journalisten kann man auch nicht ganz trauen. Zum Beispiel S., Terrorismusexperte der ARD. Eigentlich für Islamismus zuständig, gilt S. notgedrungen nun auch als Fachfach für Rechtsextremismus. Obwohl er über sehr gute Kontakte zu Justiz, Diensten und Ermittlern verfügt, finden sich auf seinem Blog kaum erhellende Informationen.
Dagegen fungiert er in Sachen Beate Zschäpe quasi als Sprachrohr von Zschäpes Anwälten. Einmal veröffentlichte er deren Presseerklärung in vollem Wortlaut. Dann geht es um den geringen Wasserverbrauch im Zwickauer Haus, der dafür spräche, dass sie wenig Kontakt zu den beiden Uwes gehabt hätte. Später um ihre angeblich schlechten Haftbedingungen. Dann kritisierte er heftig, dass Zschäpe vor den Untersuchungsausschuss in Erfurt gebracht werden sollte. Und insgesamt, vermeldet Schmidt in seinem letzten Eintrag, liege nur wenig gegen Beate Zschäpe vor, sodass sie womöglich keine hohe Haftstrafe zu erwarten hätte, wie der Text nahelegt. Das müsse der Rechtsstaat aushalten, findet S.