Integration in Deutschland
Viele Daten – wenig Erkenntnis
Was leistet "Der erste Integrationsindikatorenbericht" der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration?
Von GastautorIn Dienstag, 14.07.2009, 6:53 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 3:36 Uhr Lesedauer: 7 Minuten |
Die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, hat jüngst den Bericht „Integration in Deutschland“ vorgestellt. Nach Böhmers Ansicht bestätigt der Report die Richtung und die Erfolge ihrer eigenen Politik. Eine Bewertung der Integrationspolitik lässt der Bericht aber nicht zu.
Wer eine sinnvolle Integrationspolitik betreiben will, braucht erstens Erkenntnisse darüber, wie es um die Integration in Deutschland steht. Zweitens müssen konkrete Ziele formuliert werden. Ob sie erreicht werden, muss sich drittens mit festgesetzten Indikatoren messen lassen, denn nur so kann letztendlich der Erfolg von politischen Maßnahmen bewertet werden. Die Notwendigkeit eines solchen Integrationsmonitoring ist national wie international anerkannt. In Deutschland haben in letzter Zeit mehrere Institute indikatorengestützte Studien vorgelegt, unter anderem das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 1.
Staatsministerin Böhmer hat ein eigenes Integrationsmonitoring entwickeln lassen. Im Vorfeld wurden die verschiedenen Ministerien und Bundesbehörden befragt, welche Aspekte sie für eine Beurteilung der Integration in Deutschland heranziehen würden. Herausgekommen ist ein Satz von 100 Indikatoren, auf deren Basis in Zukunft ein regelmäßiger Integrationsbericht angefertigt werden soll. Allerdings lassen sich dafür bisher nur die Daten der Jahre 2005 bis 2007 heranziehen, so dass sich schon deshalb über eine Verbesserung oder Verschlechterung der Integration kaum etwas aussagen lässt. Denn erst seit 2005 ist es anhand der Daten des Mikrozensus möglich, nicht nur zwischen deutschen und ausländischen Staatsbürgern zu unterscheiden, sondern – und das ist der entscheidende Punkt – alle Menschen mit Migrationshintergrund zu erfassen. Das sind alle Bürger mit ausländischem Pass und jene, die die deutsche Staatsbürgerschaft mit Geburt oder mit einer Einbürgerung erhalten haben sowie deren Kinder. Da die Aufarbeitung der Daten immer sehr lange dauert, liegen diese erst bis zum Jahr 2007 vor.
Die mit der Erstellung betrauten Wissenschaftler vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik Köln (ISG) und vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung GmbH (WZB) sollten vorrangig eine detaillierte Bestandsaufnahme der in Deutschland vorhandenen Daten vornehmen und ihre mögliche Aussagekraft zum Stand der Integration prüfen. Eine Analyse der Integrationssituation stand nicht im Vordergrund des Berichtes – schon gar keine Langzeitanalyse. Deshalb lautet der für Laien kaum verständliche Untertitel: „Der erste Integrationsindikatorenbericht. Erprobung des Indikatorensets und Bericht zum bundesweiten Integrationsmonitoring“.
Bemerkenswerter Einblick in die Welt der Migranten
In dieser Hinsicht liefert der Bericht tatsächlich außerordentliche Ergebnisse. Jeder der 100 Indikatoren, die zur besseren Übersicht in 14 gesellschaftliche Bereiche (etwa Rechtsstatus, Bildung, Arbeitsmarkt, Wohnen, Kriminalität oder Gesundheit) gegliedert sind, wurde auf seine Verfügbarkeit und Eignung für ein Integrationsmonitoring hin überprüft. Im deskriptiven Hauptteil der Studie werden die Ergebnisse jedes Indikators kurz präsentiert, wenn möglich für alle der drei untersuchten Jahre. Zum Teil sind diese Ergebnisse nach weiteren Faktoren differenziert ausgewertet, zum Beispiel nach Altersgruppen, Zuwanderungsgeneration oder Geschlecht. Eine so umfassende Bestandsaufnahme möglicher Integrationsindikatoren hat es bisher noch nicht gegeben.
Des Weiteren haben die Autoren für sechs der Bereiche so genannte multivariate statistische Analysen durchgeführt: Sie haben also überprüft, ob das Ergebnis eines Indikators (etwa der Gesundheitszustand) überhaupt vom Migrationshintergrund abhängt oder ob andere Aspekte wie zum Beispiel das Einkommen oder der Bildungsstand eine wichtigere Rolle spielen. Dabei werden die selbst zugewanderten Migranten (erste Generation) den schon in Deutschland geborenen (ab zweiter Generationen) gegenüber gestellt. Mit dieser Methode lassen sich Ursachen für typische Ungleichstellungen von Migranten, wie zum Beispiel eine höhere Erwerbslosigkeit, analysieren.
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