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Partiziano

Alemán an Bord

Der Euro ist unumkehrbar, sagt EZB-Chef Draghi. Falsch, sage ich. Er hat eine Rückseite und die führt über den kleinsten gemeinsamen Nenner quasi a tergo zu den Ruinen der Antike. Diese wiederum beweisen, dass Sizilien nicht das Griechenland Italiens ist, sondern schon immer helle(nische)r Sonnenschein war, wenn es darum ging, dem Korruptions- und Klientelsumpf dank aufgeblähtem Behördenapparat und per Luftschiff zu entkommen.

Von Montag, 06.08.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.08.2012, 0:50 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Wir nehmen Kurs auf eine neue Welle der Entgeisterung und Bepörung, weil wir die Vorsilben der Zeit nicht setzen und die Zeichen nicht richtig lesen können. So ähnlich kryptisch mag der Finanzwelt die Pressekonferenz von EZB-Häutpling Mario Draghi in den Ohren geklungen haben. Dass der Euro unumkehrbar sei, sprach er fast beschwörend ins Mikro. Doch da können ihm auch Finanzlaien widersprechen: Wenn auch keine Kehrtwende, hat der Euro sehr wohl jedoch eine Rückseite.

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Gehen wir vom kleinsten gemeinsam Nenner, also der 1-Cent-Münze, aus, sehen wir folgendes Bild: In Italien haben wir das Castel del Monte. Ein unvollendetes Bauwerk, dass in der Zeit des Stauferkaisers Friedrich II. in Apulien zwischen 1240 und 1250 versucht wurde zu errichten. Friedrich II. war König von Sizilien, des Königreichs Jerusalem und von Deutschland. Außerdem auch Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Kurz gesagt: Er war ein lupenreiner Demokrat. Da das Vergrößerungsglas bereits im 11. Jahrhundert und vermutlich durch den arabischen Gelehrten Abu Ali al-Hasan Ibn Al-Haitham erfunden wurde, darf man das mit dem lupenreinen Demokraten wohl so sagen. Schließlich umgab sich der puer Apuliae – also Friedrich – gerne mit Gelehrten, Künstlern und Intellektuellen, die in Griechisch, Latein, Romanisch, Hebräisch oder Arabisch seinen Namen über den Stretto di Messina gen Festland riefen: Stupor mundi!

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Was die Rückseite des deutschen Euro-Cent angeht, ziert diese ein Eichenblatt als Reminiszenz an den guten alten Pfennig. Pfui, will man da rufen, doch schon drängt sich das griechische Triere in die Schlacht um flüssige Mittel, überholt den Deutschland-Achter und gewinnt Gold in Olympia. Dieses perfide Kriegsschiff der Athener rammte nämlich die feindlichen Boote und dann setzte die Mannschaft zum Entern an. Als Dreiruderer bekannt, ließ sich das Triere entweder durch Balance-Ruder oder durch asymmetrisches Bedienen der Riemen lenken. Kein Wunder also, dass man dem hellenischen Hin nicht mehr Herr wird und ganz fort und weg ist, wenn es wieder heißt: Gebt uns Zeit, unsere Reformen umzusetzen. Tempus fugit … am schnellsten durch die Ritzen, die der brüchige Kitt der Währungsunion nun freigibt.

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Siculo sum
Die Sikuler oder auch Sikeler sind Namensgeber und Urvolk Siziliens. Ihnen verdankt die Insel ihren Namen und ein lustiges Wortspiel: Trennt man nämlich das Wort in Si und culo, hat man so etwas wie Ja, Hintern. Das lässt sich insofern in Zusammenhang mit den Sikulern bringen, da diese die vor ihnen auf Sizilien lebenden Sikaner in den Westen und Süden trieben, also an den Arsch der Insel, weil danach nur noch Meer folgt, während der Osten quasi a tergo dem hellenischen Mutterland zugewandt war. Die Griechen waren es schließlich auch, die ihrerseits die Sikuler verdrängten. Einige Forscher sehen die Sikuler als einen eteokretischen (also ein vorgriechisches Volk aus Kreta) Stamm und als Seevolk, dass bereits unter Ramses III. sein Unwesen trieb.

Warum dieser historische Exkurs? Nun, die Parallelen der Gegenwart zwingen mich quasi dazu. Schließlich wird Sizilien als Griechenland Italiens bezeichnet, weil es vermutlich bald Pleite ist. Schuld daran soll der aufgeblähte Behördenapparat sein. Völliger Quatsch! Der Behördenapparat ist deswegen so aufgebläht, damit die Insel sich bald erheben und dem Korruptions- und Klientelsumpf entkommen kann. Ganz in der Tradition eines Seevolkes, eben nur in einem Luftschiff, um dann ähnlich des Grafen Z(a)eppelin zu straucheln.

Außerdem lässt sich ja unschwer erkennen, dass Sizilien nicht das Griechenland Italiens ist, sondern immer schon war. Beweis: Immer, wenn ich Griechen erzähle, dass meine Wurzeln in Sizilien sind, strahlen ihre Augen und sie werden ganz melancholisch. Ah, Sicilia! Und schon schwirrt ihr inneres Auge über das Teatro Greco in Taormina, nach Syrakus und ins Valle dei Templi von Agrigento. Und bald schon wollen sie ihre Hand ausstrecken, um die Dorischen Tempel wieder ins Mutterland zu verfrachten.

Und ich sage: Ochi, Paesà! Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist Dieter Bohlen. Und wenn wir schon bei hinterhältigen Inszenierungen sind, fällt mir jene Episode ein, in der ich in einem Frühjahr am Concordiatempel vorbeischlenderte und eine Gruppe von Schauspielern mein Interesse weckte. Sie stellten inmitten des Tals der Tempel Szenen aus Stücken von Luigi Pirandello nach. Ich folgte ihnen, nicht wissend, dass die Reise in einem Lokal enden würde. Eine Flasche Wein 20 Euro und das Touri-Menü für 15. Tja, da spiegelte sich der Verfall der Antike in der Moderne wider. Um es mit den Worten Pirandellos zu sagen: Nulla è più complicato della sincerità! Nichts ist komplizierter als aufrichtig zu sein.

Ich bin Zappzerapp
Ja, die Aufrichtigkeit lässt sich bezüglich ihres Entstehens während der Evolution des Menschen wohl auf den Zeitpunkt datieren, an dem sich der erste Hominide auf zwei Beine stellte. Und doch zeigen Forschungen, dass er dennoch immer wieder auf Bäumen schlief, auch um nicht gefressen zu werden. Dabei ist man doch viel schneller, wenn man Rad fährt oder im Rat fährt, also beispielsweise im UN-Sicherheitsrat oder im EZB-Rat viele Runden um den heißen Brei dreht, weil man Angst hat, auf den Punkt zu kommen und weil es solche gibt, die immer wieder Stöcke in die Speichen schmeißen, weil sie gerne die Bewegung der anderen kontrollieren möchten. Dann doch lieber aufrichtig unehrlich.

Nicht in einem Rat, aber mit einem Rad am Alleen-Ring fand ich vor einigen Jahren das beste Beispiel dafür. Ein Sommerabend an einer stark befahrenen und von zwei Kiosken gesäumten Straße in Frankfurt-Bornheim. Ein betrunkener junger Mann steht am Kiosk und trinkt sein Bier. An der Wand lehnt sein Fahrrad. Ein anderer Trinkhallen-Terminator fragt ihn: Hey, neues Fahrrad? Der junge Mann: Ja. Der andere: Hast du gekauft? Er: Nein, isch bin zappzerapp!

Zappzerapp klingt ein wenig nach einem Alleinunterhalter, den man für Kindergeburtstage buchen kann. Ehrlich gesagt, sah der junge Mann mit dem Fahrrad aber nicht nach Spaß, sondern nach Ärger aus. Und der Kiosk-Besitzer, ein Sarde, war auch nicht erfreut. Ich aber gönnte dem Kiosk-Mann den Ärger. Schließlich hatte der mich noch einige Jahre zuvor mit einem abgelaufenen Snickers abgespeist, weil ich als damals temporärer Briefträger seine Post während seines Urlaubs gesammelt und ihm dann bei seiner Rückkehr gegeben hatte – fein sortiert nach Datum. So unter Italienern eben. Der Dank: Ein steinharter Schokoriegel mit ungenießbaren Nüssen!

Das hast du jetzt davon, alter Greizkragen, dachte ich mir und trug mein Bier und mich nach Hause. Gemeinheiten zahlen sich eben nicht aus, wusste schon Rocky Balboa und nahm das Schildkrötenfutter mit, ohne dafür zu bezahlen. Manchmal geht die Rechnung eben doch auf, auch wenn es Jahre dauert. Und was unbezahlte Rechnungen angeht, sollte man nicht vergessen, dass sich Schulden auf dulden reimt.

Außerdem besitzt das Spanische ein- und dasselbe Wort für Schulden und Sünde, nämlich deuda. Um diese reinzuwaschen, empfiehlt es sich, nach Santiago de Compostela zu pilgern oder eben Geld in die Hand zu nehmen. Am besten eine spanische 1-Euro-Cent-Münze, auf deren Rückseite sich die Türme der legendären Wallfahrtskirche und dort wiederum die Gebeine des Heiligen Jakobus finden. Schließlich muss man ja gut zu Fuß sein, um Schuldenberge zu überwinden. Einer der höchsten Berge (also Monti) Italiens steht übrigens auf Sizilien und ist ein Vulkan, der immer wieder ausbricht. Aktuell Meinung

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