NPD-Verbot
Debatte zur Ablenkung vor der eigenen Unwilligkeit, in den eigenen Reihen aufzuräumen
Erneut wird über ein NPD-Verbot debattiert. CSU-Chef Horst Seehofer hat es ausgelöst. Aber nicht die NPD ist das Problem, sondern Politiker, die Wählern fremdenfeindliche Parolen auf die Wahlzettel projizieren.
Von Ekrem Şenol Dienstag, 14.08.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 19.08.2012, 22:21 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Niemand käme auf die Idee, über ein NPD-Verbotsverfahren zu sprechen, wenn sie in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern nicht im Landtag vertreten wäre und den Landtagseinzug in Sachsen-Anhalt nur knapp verpasst hätte. Ein NPD-Verbot würde nicht diskutiert werden, wenn sie bei den letzten Bundestagswahlen nicht 635.000 Wählerstimmen eingeheimst hätte.
Nicht die NPD ist das Problem, sondern Wähler, die ihre Stimme an diese Bande verschwenden. Und weil die Wähler auch nach einem NPD-Verbot immer noch dieselben Wähler wären, wäre das Problem nicht aus der Welt geschafft. Wenn es keine NPD mehr gibt, gibt es Alternativen genug. Fakt ist: Diese Wähler würden auch bei den nächsten Wahlen ihre Stimme abgeben.
Eine Wählerschicht, die laut Studien vergleichsweise ungebildet, arbeitslos und jung ist. Eine mit Parolen und verkürzten Sachverhalten leicht zu manipulierende Wählerschaft, die ausgerechnet dort am stärksten ist, wo die wenigsten „Fremden“ leben. Eine Wählerschicht, die nicht aufgrund eigener negativer Erfahrungen mit „Fremden“ ihre Stimme der NPD gibt, sondern weil ihr Fremdenfeindlichkeit von außen – meist über die Medien – eingehämmert wird.
Und nicht die NPD allein hämmert, nein! Medial wirksame Debatten über vermeintliche Integrationsverweigerer oder ebensolcher Schock-Studien über gewalttätige radikale muslimische Jugendliche wurden nicht von der NPD angestoßen. Nein, kaum eine ausländerfeindliche Debatte wurde von der NPD angestoßen. Sie reitet allenfalls auf dieser Welle, profitiert davon.
So war es Hans-Jürgen Irmer, der schulpolitische Sprecher der CDU in Hessen, der Muslime erst kürzlich kollektiv der Lüge bezichtigt hat, in seiner „Wetzlar Kurier“ ausländerfeindliche Reime veröffentlicht und diese kostenlos an Haushalte verteilt hat, ohne dafür von seiner Partei auch nur gerügt zu werden. Nein, er bekam sogar Rückendeckung mit großem Eifer. Beispiele wie diese gibt es viele – von der Basis bis in die Spitzen der großen Parteien aller couleur.
Es war SPD-Politiker Thilo Sarrazin, der die wohl ausländerfeindlichste Debatte in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte angestoßen hat ohne ein Parteiausschlussverfahren. Es waren Beamte in den Innenministerien, die NSU-Akten vernichtet haben und Sicherheitsdienste, die jahrelang lieber weggeschaut und vertuscht haben. Es sind wiederum Innenministerien, die ausländer- und islamfeindliche Internetseiten trotz offener Hetze nicht beobachten und weiter gewähren lassen; die Moscheebesucher jahrelang verdachtsunabhängig auf offener Straße mit schwer bewaffneten Polizisten kontrolliert haben; die für Lehrer Broschüren drucken, in denen aufgefordert wird, (auffällige) muslimische Schüler zu melden. Über die Wirkung dieser Maßnahmen, scheinen sich die Verantwortlichen keine Gedanken zu machen. Kurz: Es sind die Innenministerien, die Muslime fast nur noch im sicherheitspolitischen Kontext thematisieren, als potenzielle Gefahrenquelle darstellen. Es sind die Innenministerien, die durch Geldzahlungen an V-Leute rechtsextreme Strukturen geschaffen haben.
Das besonders Bedrohliche daran ist: Bei der NPD weiß der Wähler wenigstens, welche Ideologie dahintersteckt und hinterfragt kritisch. Die Farbe ist klar braun. Was soll aber der Wähler über den „Fremden“ denken, wenn der braune Stoff im sozial-christlichen Gewand schwarz/rot verpackt und als Volkspartei daherkommt? Die Auswirkungen machen sich nicht nur bei den Wahlen bemerkbar, sondern in den Amtsstuben, in den Personalabteilungen, in der Schule oder bei der Wohnungsvergabe, in der Bahn, an der Diskotür… Ist die Debatte einmal entfacht, helfen auch beschwichtigende Statements von Parteispitzen nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt hat die NPD bereits übernommen, der Wähler längst registriert.
Und deshalb ist der Kampf gegen die NPD ist kein Kampf gegen den Rechtsextremismus. Sie lenkt von der eigenen Unfähigkeit und Unwilligkeit ab, in den eigenen Reihen aufzuräumen, Ämtern zu entnazifizieren. Diese Debatte wird geführt, um sich als Bekämpfer des Rechtsextremismus zu präsentieren und so dem braunen Hämmern in den eigenen Reihen, einen bürgerlichen/unauffälligen Anstrich zu verpassen.
So auch CSU-Chef Horst Seehofer, der am Sonntag eine weitere NPD-Verbotsdebatte ausgelöst hat. Derselbe Seehofer, der sich noch im März 2011 gegen Zuwanderung „aus fremden Kulturkreisen“ ausgesprochen und angekündigt hat, sich dagegen „bis zur letzten Patrone“ zu sträuben. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Tatwaffe würde er diese Worte so wahrscheinlich nicht mehr in den Mund nehmen. Nur, was nützt es? Auch hier hat die NPD schon längst übernommen [ganz oben!] und selbst der im entlegensten Eck der Republik weilende Wähler sein Statement vernommen – eine Wirkung und Verbreitung, von der NPD-Politiker nur träumen können; eine Steilvorlage, Brühe auf die Mühlen der NPD.
Ich wiederhole mich: Die NPD ist das kleinere Übel. Das Problem sind Politiker aus der vermeintlichen Mitte, die Wählern fremdenfeindliche Parolen auf die Wahlzettel projizieren.
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Die interfraktionelle Bankenpartei braucht 1. das Thema (Ablenkung) und idealerweise 2. eine bedrohliche Marionette, die eigentlich als Wahlalternative ausscheidet, wieder zur Ablenkung und für thematischen Selbstlegitimierung.
Die Marionette muss nicht NPD heißen, gerade wird – wohl als Vorbereitung für das kommende Verbotsverfahren – die Partei „die Rechte“ gegründet. Wieder von maximal schrägen Vögeln, unwählbar aber das ist gerade gewollt.
Durch ihre Banken- und Konzernmedien und parteipolitisch eingestellten Öff-Rundfunk spielen sie sich dann den Ball hin und her.
Die interfraktionelle Bankenpartei braucht 1. das Thema (Ablenkung) und idealerweise 2. eine bedrohliche Marionette, die eigentlich als Wahlalternative ausscheidet, wieder zur Ablenkung und für thematischen Selbstlegitimierung.
Die Marionette muss nicht NPD heißen, gerade wird – wohl als Vorbereitung für das kommende Verbotsverfahren – die Partei „die Rechte“ gegründet. Wieder von maximal schrägen Vögeln, unwählbar aber das ist gerade gewollt.
Durch ihre Banken- und Konzernmedien und parteipolitisch eingestellten Öff-Rundfunk spielen sie sich dann den Ball hin und her.
»Es sind die Innenministerien, die Muslime fast nur noch im sicherheitspolitischen Kontext thematisieren, als potenzielle Gefahrenquelle darstellen. «
Leiber Herr Şenol,
daran trifft die Innenminister keine Alleinschuld. Die geplanten und durchgeführten Terrorakte islamischer Attentäter einzeln aufzulisten erspare ich mir, ich nehme an, diese Fälle sind Ihnen bekannt. Hier sind auch die Muslime in der Pflicht, schon im eigenen Interesse. Die lapidaren Bemerkungen der Islamverbände, dass der Islam Gewalt ablehne, reichen bei Weitem nicht mehr aus; aktives Handeln ist hier gefragt. Dass in Deutschland lebende Imame in größerer Zahl Fatwen gegen Terroristen wie etwa die Sauerland-Gruppe erlassen oder sie gar öffentlich als Abtrünnige bezeichnet hätten, ist mir nicht bekannt. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren, ich wünsche es mir sogar. Sie wären glaubwürdiger, wenn Sie solche Dinge anzusprechen und Defizite innerhalb der muslimischen Communities benennen würden, anstatt die Fehler (die es zweifellos gibt) exklusiv nur der deutschen Seite zuzuschieben.
Versetzen sie sich bitte für eine Minute in die Lage des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann, in dessen Auftrag die von Ihnen angesprochene Islamisten-Checkliste erstellt wurde. Ich habe diese Frage seinerzeit im Kommentarbereich des MIGAZIN bereits gestellt, aber bis heute keine Antwort erhalten, möglicherweise können Sie mir eine geben: Welchen Alternativen zu Islamisten-Checklisten haben sie zum Zwecke effektiver Terrorbekämpfung anzubieten? Sie ärgern sich einerseits über den Generalverdacht, dem Muslime damit ausgesetzt sind, in vielen Fällen sicherlich zu Recht, andererseits zeigt Ihre Berichterstattung im Fall Drygalla (»Zwei Mal Braun für Deutschland«), dass Sie sich des Generalverdachts als Mittel gleichermaßen bedienen. Integer ist das nicht und für eine ausgewogene Diskussion über das Thema Integration auch nicht förderlich, weil Ihnen das einfache Schwarz-Weiss-Bild vom bösen Deutschen und dem liebenswerten Migranten langsam niemand mehr abkauft.
In vielen Fällen mag dieses Bild zutreffen, aber eben nicht in allen. Zu einer fairen Debatte gehört aber, dass beide Seiten ihr Denken und Handeln kritisch hinterfragen und dass Fehler ohne falsche Rücksichtnahme angesprochen werden. Dazu gehört dann natürlich auch , dass man Fälle wie den aktuellen aus Bremen zur Sprache bringt, bei dem drei Deutsche von Migranten grundlos zusammengeschlagen und als »Scheiß-Weiße« bezeichnet wurden. Bringen sie doch mal einen Artikel über solche Vorkommnisse, Sie können damit an Vertrauenswürdigkeit nur gewinnen.
Fragwürdige Statements kommen auch aus den „eigenen“ Reihen- Türkenbashing scheint en vogue zu sein.„Je mehr Türken wir im Lande haben, desto mehr Unruhe haben wir,“ Bilkay Öney, Integrationsministerin. Da dürften sich die Rechtspopulisten in die Hände klatschen- vor Freude- und man könnte es ihnen nicht mal verdenken…
@El-Sid
Ich muss Ihnen recht geben. Die Artikel von Herrn Senol finde ich auch wenig hilfreich. Auch dass keine alternative Checkliste für Islamisten von der muslimischen Community erarbeitet wurde, aber sich lauthals über die von Herrn Schünemann aufgeregt wird, steuert nicht viel dazu bei. Die Unwilligkeit in den eigenen Reihen aufräumen zu wollen ist in der muslimischen Community meist (meiner Meinung/Erfahrung nach) viel grösser. Vor allem die Debatte zur Ablenkung vom eigentlichen Thema wird meist von den Muslimen in die Ecke Islamophobie gedrängt.
Man kann die Überschrift 1:1 auch auf die Muslimische Community anwenden.
Frau Bush, Sie haben völlig Recht. Wenn aus den eigenen Reihen Politiker so uber die Migranten denken, wie denken dann die anderen Politiker darüber???
Was bringt denn die Politiker so pauschalisierden und so gestört über die Migranten zu denken ??? GELD GELD, eigene Karriere!
Die Migranten werden von Politikern fast fur alle Zwecke, Ziele und INteressen ker instrumentalisiert.
@Ekrem Senol,
mit ihrer Haupthese haben sie vollkommen Recht. Nicht die NPD ist das schlimmste Problem, sondern die Politker, Autoren und Medien, die durch Agitation den Unterstützer und Verharmloser von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus Auftrieb geben.
Sie haben voll in schwarze getroffen. Das sieht man auch daran, dass sich die Kritik hier im Kommentarstrang an einem einzigen Satz aufhängt. Auch wenn ich nicht alle Befindlichkeiten der Migranten nachvollziehen kann, die hier im MIGAZIN geäußert werden, machen sie weiter so! Das MIGAZIN ist ein sehr informatives und interessantes Online Magazin.
Welchen islamischen Terror den EL-Sid , so weit mir bekannt ist hatten doch der BND und andere Geheimdienste ihre Hände wieder drin in der Sache . Sie hatten sogar so viel Einfluss dass sie den Sprengstoff haben austauschen können . da sie Angst hatten es könnte wirklich was in die Luft gehen .
Und die Koffer Bomber deren auch auf komischer Weise die Bombe nicht los ging , sehr seltsam .
(Verfolgt man die Spur des Terrors nur lange genug, endet man vor einem geheimen Dienstgebäude. Rein kann man nur während einer Revolution.”)
Einer der angeblichen Kofferbomber szellt sich in seinem Heimatland Libanon den Behörden (was sollte er auch machen wenn im Fernsehen überall nach ihm verahndet wird ) . Unter Folter hat er gestanden ein Terrorist zu sein . ( Mal ehrlich wenn mir jemand folter droht gestehe ich auch alles )