Jobcenter
Nehmen Sie Ihr Kopftuch ab! Sonst …
Frauen mit Kopftuch gelten am Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar. So auch Hatice. Deshalb wurde sie vom Jobcenter aufgefordert, ihr Kopftuch abzunehmen. Ihr Fall zeigt, wie die Bundesagentur für Arbeit solchen Fällen nachgeht - oder auch nicht.
Von Ekrem Şenol Donnerstag, 14.02.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 20.02.2013, 6:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Frauen, die ein Kopftuch tragen, gelten am Arbeitsmarkt schwer vermittelbar. So auch Hatice 1 (36), Mutter zweier Kinder. Sie ist seit über 15 Jahren in Deutschland und deutsche Staatsbürgerin. Seit etwa drei Jahren arbeitet sie als Springerin in Küchen von Kindergärten, räumt auf, putzt und spült. Sie wird gerufen, wenn eine Arbeitskraft gebraucht wird. Wenn nicht, hat Hatice Zeit, nach einem festen Job zu suchen.
„Bäckereien und große Supermarktketten wollen mich wegen meinen Kopftuch nicht einstellen“, berichtet sie dem MiGAZIN. „Ich habe schon viele Bewerbungen verschickt. Das Ergebnis ist immer das Gleiche. Sobald der Arbeitgeber mein Kopftuch sieht, bekomme ich eine Absage.“ Das weiß auch das Jobcenter in Duisburg Mitte.
Nehmen Sie das Kopftuch ab!
Deshalb habe die Sachbearbeiterin sie aufgefordert, ihr Kopftuch abzulegen. Wenn sie keinen Job bekomme, müsse sie das tun, sonst drohten Sanktionen in Form von Leistungskürzungen. Das möchte Hatice nicht hinnehmen und kontaktiert das MiGAZIN. „Ich habe aber Angst, dass ich schikaniert werde, wenn Sie darüber berichten“, sagt sie am Telefon und fügt hinzu: „Ich möchte aber auch nicht, dass die so mit Menschen umgehen. Schließlich bin nicht ich das Problem, sondern die Arbeitgeber, die mit meinem Kopftuch nicht klarkommen“.
Das MiGAZIN fragt beim Jobcenter nach. Nach Schilderung des Vorfalls möchten wir wissen, ob eine solche Sanktionsandrohung rechtlich zulässig ist. Die Pressesprecherin muss nachdenken und leitet die Antwort schließlich ab: Da die Diskriminierung nicht vonseiten der Kundin, wie Arbeitsuchende bei Jobcentern genannt werden, ausgehe, sondern vom Arbeitgeber, würde die Aufforderung zur Abnahme des Kopftuchs ja bedeuten, dass das Jobcenter diese Diskriminierung sogar unterstützt. Das gehe gar nicht.
Klar, dass die das nicht zugeben
Ein Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin sei nicht möglich. Aber der zuständige Bereichsleiter habe sich eingeschaltet. Er erklärt, welche Maßnahmen und Schulungen das Jobcenter bereits durchgeführt habe, um die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter zu steigern. Er könne sich die Androhung einer Sanktion wegen der Nichtabnahme des Kopftuchs nicht vorstellen. Zwar würden Kopftücher thematisiert, wenn es vom Kunden explizit angesprochen werde, doch würde in solchen Fällen allenfalls beraten, was man tun könne. Das Jobcenter beschäftige selbst Mitarbeiterinnen mit Kopftuch. Außerdem bestreite die zuständige Mitarbeiterin die Vorwürfe. Daher sehe er keinen Grund, Maßnahmen zu ergreifen. Ob die Vorwürfe von Hatice aus der Luft gegriffen seien, kann er nicht beantworten.
Darüber kann Hatice nur lachen: „Ich kenne zwei weitere Frauen mit Kopftuch, die beim Jobcenter in Duisburg Mitte aufgefordert wurden, ihr Kopftuch abzunehmen. Mein Fall ist kein Einzelfall. Und dass die so etwas nicht zugeben, ist klar.“
Bundesagentur für Arbeit
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg versichert dem MiGAZIN, dass so etwas „natürlich nicht geht. Das verstößt klar gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“, so eine Sprecherin. Und wenn ein Jobcenter dagegen verstoße, tue sie das in Eigenregie. Eine Anweisung zu einem solchen Verhalten gebe es vonseiten der Bundesagentur definitiv nicht. Auch sei bis heute kein vergleichbarer Fall bekannt geworden.
Ob die Bundesagentur tätig werde, wenn Fälle dieser Art bekannt werden. „Natürlich, wir leiten das weiter an unsere Prüfer. Die erkundigen sich vor Ort, überprüfen den Vorfall und weisen das Jobcenter bei Anlass entsprechend zurecht“, so die Auskunft am Telefon. „Auch in diesem Fall?“, haken wir nach. „Ja, auch in diesem Fall“, wird uns versichert. Wir legen auf, ohne dass sich die BA nach dem Sitz des Jobcenters oder dem Namen der zuständigen Sachbearbeiterin erkundigt.
Hatices Problem gelöst
Später berichtet Hatice dem MiGAZIN über ihren letzten Besuch beim Jobcenter: „Nach Ihrem Anruf wurde ich ganz anders behandelt“, freut sie sich. Die Sachbearbeiterin sei „ungewohnt höflich und nett“ gewesen. Das Kopftuch habe keine Rolle gespielt. Ihr Problem sei gelöst – einen Job habe Sie aber immer noch nicht.
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Ich gratuliere Migazin!
Das was die SB des Jobcenters Duisburg macht, ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz Art. 3 Abs. 3 GG
Art 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Gute Sache das.. Weiter so..
@Helmut
Das Jobcenter macht gar nix oder haben sie haben Beweise das es eine interne Anweisung dafür gibt.
Dan haben wir das Problem das hier Aussage gegen Aussage steht.
Migazin schreibt im Artikel so als währe es bewiesen das die Mitarbeiterin das gesagt habe.
Gratulation MiGAZIN!
Vielen Dank, Migazin für ihren Einsatz! Leute, die solche Vorfälle ignorieren, vertuschen oder gar die Täter schützen, machen sich an solchen Diskriminierungen, die nunmal erhebliche Konflikte und handfeste Gesetzesbrüche produzieren, mitschuldig!
Mir wurde das auch gesagt. Da ich auch aufgrund meines Kopftuches schwer vermittelbar bin, wurde ich auch aufgefordert mein Kopftuch abzulegen. Als Arbeitsuchende müsste ich jede Möglichkeit in Erwägung ziehen, meiner Arbeitslosigkeit ein Ende zu geben. Mich würde sehr interessieren welche Sachbearbeiterin das war. Vielleicht ist es die gleiche Person wie bei der oben genannten Hatice?
Der Name der Sachbearbeiterin ist wohl weniger entscheidend, aber eine handfeste Anzeige wegen Diskriminierung hätte womöglich mehr entlarven können! Wie wäre es eine Art Selbsthilfegruppe diskriminierter Musliminnen und Nonnen zu gründen, zwar werden dort voraussichtliche wenig Nonnen teilnehmen, aber sie haben ja prinzipiell ähnliche Dikrimierungen wegen Bekleidungsregeln zu befürchten.
Dann eine Art Sammelklage einreichen, möglich das dort mindestens zwei Aussagen von Arbeitssuchenden gegenüber einer Aussage eines Jobcenter-Mitarbeiters kollidieren.
Aber selbst wenn Sanktionen angedroht werden würden, müßten diese schriftlich und mit Begründung sein. Es ist möglich das jemand derartige Sanktionen schon längst erduldet (hat) aber kein Widerspruch einlegt mangels Ahnung, oder das jemand sich dem Druck gebeugt hat und nun im Rotlichtviertel für Umsatz sorgt… denn wenn man erst los legt mit dem Entkleiden wo hört Frau dann auf? Bis vor ca 60 Jahren waren etliche deutsche Christinnen (nicht-Nonnen) mit Kopftüchern, jetzt sind wir bei öffentlicher Unterwäshewerbung von „Christinnen“ angekommen.
Nicht Resignieren, zusammentun!
@Bekim
„Bis vor ca 60 Jahren waren etliche deutsche Christinnen (nicht-Nonnen) mit Kopftüchern, jetzt sind wir bei öffentlicher Unterwäschewerbung von “Christinnen” angekommen.“
Das widerlegt doch eher ihre Aussagen, als sie zu untermauern! Das würde ja dann heißen, dass man von den Muslimen eine gewisse Anpassung fordern könnte, weil die Deutschen es ja auch geschafft haben. Besser Sie benutzen dieses Beispiel nicht mehr in der Kopftuchdebatte!
Das Jobcenter verstößt immer wieder gegen die allgemeinen Menschenrechte und die deutsche Verfassung.
Es ist zu einem Ort impliziten und expliziten Faschismus größten Ausmaßes geworden.
Es wird höchste Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht an- und aufgerufen wird um diese Verletzungen der Menschenwürde zu unterbinden.
Josef Özcan (Diplom Psychologe)