NSU-Prozess
Merkel betont Unabhängigkeit der Justiz, andere die mangelnde Sensibilität
Angela Merkel hält sich aus dem Streit über die Vergabe von Presseplätzen beim NSU-Prozess raus. Kritik an der Akkreditierungspraxis des Gerichts reißt trotzdem nicht ab. Immer mehr Medien verzichten auf ihre reservierten Plätze.
Donnerstag, 28.03.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 05.04.2013, 0:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Bundesregierung wird sich aus dem Streit über die Vergabe von Presseplätzen beim Münchner NSU-Prozess raushalten. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Mittwoch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) halte an einer umfassenden und transparenten Aufklärung der NSU-Mordserie fest. Sie stehe aber auch zum Prinzip der Gewaltenteilung und zur Unabhängigkeit der Justiz. Das sei „etwas, was zu respektieren ist“, betonte Seibert.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hingegen reagierte mit „großem Unverständnis auf die Akkreditierungspraxis des Münchener Oberlandesgerichts“ (OLG). In der Diskussion um die Berücksichtigung türkischer und griechischer Medien appelliert Böhmer dringend an die Verantwortlichen, ihre Entscheidung zu überdenken und zu einer Lösung zu kommen.
Große Symbolwirkung
„Beim NSU-Prozess handelt es sich um ein besonderes Gerichtsverfahren: In diesem Fall schaut die ganze Welt auf Deutschland. Offenheit und Transparenz bei der juristischen Aufarbeitung der Mordserie liegen im eigenen Interesse des Gerichts. Bei Prozessen mit ähnlich großem Medieninteresse wurden in den vergangenen Jahren durchaus Lösungen gefunden. Umso mehr stellt sich die Frage, warum dies beim anstehenden NSU-Prozess nicht möglich sein sollte“, betonte Böhmer.
Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer (CSU), fordert ebenfalls die Zulassung ausländischer Medien. Der NSU-Prozess sei eben nicht irgendein Prozess. Er habe große Symbolwirkung über die Grenzen Bayerns und Deutschlands hinaus und vor allem für Bürger mit türkischen Wurzeln.
Skandalös
„Gerade aus der Türkei werden immer wieder Versuche gestartet, diese Bevölkerungsgruppe an das Ursprungsland zu binden. Doch ich sage: Ihr seid ein Teil von uns und des Freistaates! Wird euch ein Leid angetan, dann schadet man nicht nur euch, sondern unserer Gesellschaft als Ganzes. Dieses Zeichen muss hier und im Ausland klar sichtbar sein“, erklärte Neumeyer.
Für die migrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dağdelen, ist das Vorgehen des Gerichts skandalös. „Nicht das Interesse der Öffentlichkeit und der Medien an diesem einmaligen Prozess muss sich dem zur Verfügung gestellten Raum anpassen, sondern umgekehrt: Dem großen Interesse muss der entsprechende Raum gegeben werden“, so die Linkspolitikerin.
Falschauskunft des Justizministeriums?
Unterdessen kritisieren die Grünen im Bayerischen Landtag die zweifelhafte Akkreditierungspraxis. Das Justizministerium habe lückenhaft informiert. „Vergangene Woche wurde uns im Verfassungsausschuss vom Justizministerium noch mitgeteilt, dass es keine festen Plätze geben wird, sondern eine Poollösung“, so die innenpolitische Sprecherin Susanna Tausendfreund. „Jetzt gibt es 50 feste Plätze, auf der sich kaum internationale Namen finden – und kein einziges türkisches Medium.“
Unbeirrt hält das OLG München an seiner Akkreditierungspraxis fest. Selbst eine Solidarisierungsaktion von Medien untereinander verhindert das Gericht. Medien wie „Mandoga“ oder „Radio Arabella“ hatten zugunsten türkischer Medien freiwillig auf ihren reservierten Platz verzichtet. Das Gericht lehnte jedoch ab.
Die einzige Änderung, die das Gericht bisher vorgenommen hat, ist die Änderung der letzten Pressemitteilung. Darin ist die Liste mit den akkreditierten Medien nicht mehr zu finden. „Aufgrund einer Beschwerde eines freien Journalisten“, lautet die Begründung. Leitartikel Politik
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