Internationaler Tag der Roma
Christine Lüders: „Anerkennung und Integration bringen uns weiter“
Seit dem 8. April 1971 wird weltweit der Internationale Tag der Roma gefeiert. Auch in Deutschland wird dieser Tag mit zahlreichen Aktionen begangen – mehr aus Protest. Abschiebungen mitten im Winter oder auch Stigmatisierungen als „Armutszuwanderer“ sind die aktuellen Themen.
Montag, 08.04.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 12.04.2013, 0:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Heute vor 42 Jahren versammelten sich Roma-Vertreter zum Welt-Roma-Kongress in London. 1978 ging daraus die „International Roma Union“ hervor, die wohl wichtigste Vereinigung der Roma mit Vertretern aus der ganzen Welt. Ein historischer Tag für die Roma, ein Grund zum Feiern.
Entsprechend werden an diesem Montag viele Menschen zusammenkommen, diesen Tag gemeinsam begehen. Tausende Luftballons werden an mehreren großen Stätten aufsteigen. Feiernde wird man aber kaum sehen. Hinter der Aktion „Thousands of balloons“, steckt Protest.
Ausgebeutet und beschimpft
Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die Armut unter den rund zwölf Millionen Roma in Europa etwa viermal höher als bei der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung. Armut, begrenzter Zugang zu medizinischer Versorgung, mangelnde Bildung sowie der Ausschluss vom legalen Arbeitsmarkt betreffen dabei vor allem Mädchen und Frauen. In Serbien beendet etwa nur jedes dritte Roma-Mädchen die Grundschule.
Aber auch in Deutschland müssen viele Roma unter schwersten Bedingungen leben. „Geprellt um ihren Arbeitslohn, ausgebeutet von einigen kriminellen Vermietern, die für unbeheizbare, überbelegte Wohnungen Wuchermieten nehmen, ungestraft beschimpft und herabgesetzt“, beschreibt Dr. Susanna Kahlefeld, migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, die Situation der Roma in Deutschland.
Bei den Fakten bleiben
Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), Christine Lüders, fügt hinzu: „Sinti und Roma sind die größte ethnische Minderheit in Europa. Viele von ihnen leben seit Jahrhunderten in Deutschland und sie gehören zu uns. Bis heute sind aber Ausgrenzung und Benachteiligungen wegen Vorurteilen europäische und deutsche Realität.“
Lüders ruft dazu auf, sich insbesondere in der Debatte um Einwanderung aus Südosteuropa an die Fakten zu halten. „Es ist wenig hilfreich, hier Menschen mit willkürlich interpretierten Zahlen zu verunsichern. Panikmache und Ausgrenzung ist hier der falsche Weg, Anerkennung und Integration bringen uns weiter.“
Stigmatisiert als Armutszuwanderer
In den vergangenen Wochen war etwa davon die Rede, im Jahr 2012 seien 180.000 Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland gekommen. Diese Menschen wurden häufig pauschal als „Armutszuwanderer“ beschrieben – unter anderem vom Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
„Aber, dass 2011 mehr als 90 000 wieder abgewandert sind, weil es sich in der Mehrzahl um Studierende oder Saisonarbeitende handelt, wurde leider nicht deutlich genug kommuniziert“, so Lüders. Zudem seien etwa vier Fünftel der zwischen 2007 und 2010 zugewanderten Bulgaren und Rumänen sozialversicherungspflichtig auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt.
Gutes Beispiel: Schleswig-Holstein
Die ADS-Leiterin lobte das Land Schleswig-Holstein, das den Schutz der Minderheit der deutschen Sinti und Roma kürzlich in der Landesverfassung verankert hat. Baden-Württemberg bereitet wiederum derzeit einen Staatsvertrag vor, um die Minderheitenrechte von Sinti und Roma festzuschreiben. „Ich wünschte mir, dass weitere Länder diesen guten Beispielen folgen“, so Lüders.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird eigenen Angaben zufolge in diesem Jahr einen Forschungsschwerpunkt auf Sinti und Roma legen. In einer umfassenden Studie werden darin Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma erforscht. Die Studie wird im kommenden Jahr veröffentlicht. (hs) Aktuell Gesellschaft
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