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Anatol Stefanowitsch, Sprachlog, Sprachwissenschaftler
Anatol Stefanowitsch © privat, bearb. MiG

Replik

Die imaginären Haustürken

Es ist richtig, die Aussagen von Necla Kelek und Akif Pirinçci zu hinterfragen. Es ist aber falsch, bei der Auseinandersetzung Wörter wie „Haustürke“ zu verwenden, wie es Gümüşay in ihrer Kolumne tut. Eine Replik auf "die deutschen Haustürken".

Von Montag, 06.05.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.01.2016, 14:12 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Es ist gut und richtig, die Aussagen und Absichten der türkischstämmigen Soziologin Necla Kelek und des türkischstämmigen Autors Akif Pirinçci zu hinterfragen, wie es Kübra Gümüşay in einer Kolumne getan hat. Beide sind wiederholt durch polemische und teilweise stereotypisierende Kritik der türkischstämmigen Gemeinschaft in Deutschland aufgefallen, die nicht unwidersprochen stehen bleiben darf.

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Es ist aber falsch, bei der Auseinandersetzung mit Kelek, Pirinçci oder anderen Wörter wie „Haustürke“ zu verwenden, wie es Gümüşay in ihrer Kolumne tut. Das Wort ist aus mindestens zwei Gründen problematisch und sollte selbst in einer notwendigen und harten Auseinandersetzung vermieden werden.

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Das erste Problem sehe ich in dem historischen Zusammenhang, auf den das Wort sich bezieht und in der Weltsicht, die sich in diesem historischen Zusammenhang manifestiert. Gümüşay lässt sich zu diesem Begriff durch eine berühmte Rede von Malcolm X inspirieren, der zwischen house ne****s (bzw. house ni****s) auf der einen und field ne****s auf der anderen Seite unterscheidet. Erstere waren Hausbedienstete, die sich (angeblich) mit ihren Besitzer identifizierten und ihm halfen, letztere unter Kontrolle zu halten, wenn die sich gegen ihren Besitzer auflehnten. Malcolm X bezieht sich damit explizit auf das (weiße) Narrativ um „Onkel Tom“ (den gütigen und zufriedenen Sklaven aus Harriet Beecher-Stowes Roman Onkel Toms Hütte). Sein Ziel ist es dabei, die Mehrheit der Schwarzen, die er mit den field ne****s vergleicht, gegenüber denjenigen Schwarzen zu radikalisieren, die sich aus seiner Sicht noch in den 1960er Jahren mit dem weißen Amerika und seinen Machtstrukturen identifizierten.

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Unabhängig davon, ob es die Haussklaven tatsächlich in der von Beecher-Stowe romantisierten und von Malcolm X kritisierten Art und Weise gab, ist die Verwendung dieser Narrative durch Malcolm X insofern gerechtfertigt, als die Schwarzen in den USA tatsächlich jahrhundertelang entrechtet und auf brutalste Weise ausgebeutet wurden, und die Allegorie des „Onkel Tom“ seinen Zuhörer/innen helfen sollte, das zu erkennen und sich von den Machtstrukturen des weißen Amerika nicht vereinnahmen zu lassen, sondern auf Gerechtigkeit zu pochen.

Tatsächlich aber dürften wenigstens Zweifel an der Existenz einer nennenswerten Zahl von „Onkel Toms“ angebracht sein. Auch Haussklaven waren Sklaven, die ausgebeutet und missbraucht und ohne Rücksicht auf Familienbeziehungen ge- und verkauft wurden. Die Idee, dass sie das nicht durchschaut und sich stattdessen in großer Zahl mit ihren Peinigern solidarisiert haben, dürfte eher (weißen) medialen Darstellungen als der Wirklichkeit entspringen. Zumindest verbietet es sich, die Narrative unreflektiert zu übernehmen und auf andere Zusammenhänge anzuwenden, wie Gümüşay das tut. Spätestens mit dieser Übertragung akzeptiert man den Wahrheitsgehalt, und damit die rassistische Perspektive, dieser Narrative.

Das zweite Problem besteht darin, dass Gümüşay den von ihr (inhaltlich durchaus zu recht) kritisierten Necla Kelek und Akif Pirinçci durch die Kategorisierung als „Haustürken“ nicht nur, wie vielleicht intendiert, die Legitimation abspricht, für die Türken (bzw. Deutsche mit türkischem Hintergrund) insgesamt zu sprechen, sondern die Legitimation abspricht, überhaupt als Türken (bzw. Deutsche mit türkischem Hintergrund) zu sprechen. Die Kategorisierung als „Haustürke“ suggeriert, dass Kelek, Pirinçci und andere so stark mit den Machtstrukturen der deutschen Mehrheitsgesellschaft identifizieren, dass sie nicht mehr für sich, sondern für die Mehrheitsgesellschaft reden.

Hinweis: Eine Replik von Kübra Gümüşay auf diesen Beitrag von Prof. Anatol Stefanowitsch finden Sie hier.

Und bei allem, was an Kelek und vor allem Pirinçci schärfstens kritikwürdig ist, halte ich das für anmaßend und absolut ungerechtfertigt. Man muss Keleks und Pirinçcis Ansichten nicht ernst nehmen, akzeptieren oder gar teilen (ich tue nichts davon), aber man sollte die biografischen Erfahrungen und die Gedankengänge respektieren, die sie dort hingeführt haben. Beide sind meiner Einschätzung nach intelligente Menschen, die in der Lage sind, für sich selbst zu denken. Und beiden kann man eine differenzierte Einstellung zur deutschen Mehrheitsgesellschaft bescheinigen (sie stehen der nämlich beide an verschiedenen Stellen durchaus kritisch gegenüber).

Zielführender wäre es gewesen, zu zeigen, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft nur zu bereit ist, sich genau die Aussagen von Angehörigen einer Minderheit herauszusuchen, die gut zu ihrem Selbstbild passen und die es nicht erfordern, die eigene Rolle zu reflektieren oder gar zu verändern. Das ist aber kaum Kelek und Pirinçci anzulasten, die – bei aller Befremdlichkeit vieler ihrer Aussagen – nur ihre Meinung vertreten. Es ist denjenigen anzulasten, die diese Aussagen unter Ausschluss anderer Meinungen oder Tatsachen zur Grundlage politischen Handelns machen. Aktuell Meinung

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  1. Mathis sagt:

    Vielen Dank für die klaren Gedanken zum Thema.

  2. Kigili sagt:

    Anscheinend fühlt sich der Autor dieses Gegenbeitrags, warum auch immer, angesprochen, unbedingt die in dem Beitrag von Frau Gümüşay aufgeführte, richtige und wichtige Analogie des Haustürken bestreiten und kleinreden zu müssen, was ihm natürlich gründlich misslingt. Als Beitrag kann man den Text ja kaum bezeichnen, sondern vielmehr wieder als eines dieser unzähligen subtilen Versuche, Rassismus in Deutschland zu relativieren, gar zu leugnen.
    Es sei falsch Kelek und Co. als Haustürken zu bezeichnen. Argumente kann der Autor dabei nicht wirklich liefern, aber sorgt mit seinem Text wahrscheinlich wieder für unsinnige Debatten, die die Minderheiten, die sogenannten People of Color, hier in Deutschland in keinster Weise voranbringen. Vergeblich sucht man nach einem Argument für diese […] Behauptung, dass die Bezeichnung des Haustürken „problematisch“ sei.
    Seine […] Argumentation zur scheinbaren Entkräftung der Analogie beschränkt sich allein darauf, einen kleinen geschichtlichen Abriss über die Schwarzen in den USA aus der Zeit der Bürgerrechtsbewegungen zu geben sowie er den Rassismus ggü. den Schwarzen dann noch mit seiner unerträglichen Arroganz und beschränkten Sicht zu relativieren und zu verharmlosen. So nimmt er sich das Recht in Anspruch, zu sagen, es gäbe ja schon damals nicht so viele Onkel Toms. Herr Stefanowitsch sollte es den Schwarzen selbst überlassen, dies zu bewerten. Ich bin mir sicher, dass intellektuelle Afro-Deutsche, wie beispielsweise eine Noah Sow, solchen geschichtlichen Verzerrungen des Autors, vehement widersprechen würden. Unabhängig davon muss der kurze eigengefärbte geschichtliche Kontext als Argument dafür herhalten, dass die Verwendung des Begriffes Haustürke problematisch sei und vermieden werden sollte. Man werde sich der Absurdität der Argumentation mal bewusst. Getreu dem Motto: „Ich habe zwar kein Argument zur Entkräftung der gemachten Analogie, also zähle ich daher einfach mal stupide paar Punkte aus dem Leben von Malcolm X ohne Zusammenhang zu dem Beitrag von Gümüşay auf, die ich vielleicht vorher aus Wikipedia noch schnell zusammengekürzt habe, etikettiere dies als ein Argument gegen die Verwendung des Begriffes des Haustürken ohne eine Logik dahinter. Dann passt das schon.“ […]
    Nur noch arrogant und überheblich ist das zweite aufgeführte Argument zu verstehen, das mich zur Weißglut gebracht hat:
    „…Und bei allem, was an Kelek und vor allem Pirinçci schärfstens kritikwürdig ist, halte ich das für anmaßend und absolut ungerechtfertigt…“ Der Autor hält sämtliche Denunziationen einer Kelek nicht anmaßend und für ungerechtfertigt, aber es für anmaßend, dass man diese Leute als Haustürken bezeichnet und ihnen „die Legitimation abspricht, für die Türken zu sprechen“. Das wäre sein zweites Scheinargument, d.h. sein eigenes Bestreben und eigener Wunsch, es als anmaßend und ungerechtfertigt zu empfinden. Damit suggeriert er implizit, dass eine Necla Kelek legitimiert ist für Türken zu sprechen. Schuldig bleibt er die Frage, wer Necla Kelek legitimiert hat für Türken sprechen zu dürfen. Wann wurde sie von der türkischen Community in Deutschland als Interessensvertreterin gewählt? Das wäre mir neu.
    Herr Stefanowitsch ersparen Sie uns Ihre Geschichtsbelehrung zu den Schwarzen in Amerika und vor allem ihre konstruierten Argumente, damit wir den Begriff des Haustürken nicht mehr verwenden. Die Geschichte der Schwarzen kennen wir besser als Sie.
    Ich besuche die Seite migazin.de und lese die Beiträge, weil es im Gegensatz zu anderen Zeitschriften anders ist, weil ich mich hier besser verstanden fühle, weil ich selber als Angehöriger der People of Color mich über das Leben der Meinesgleichen hier informieren möchte, auf dem aktuellsten Stand bleiben möchte, welche Rassismen tagtäglich sie in allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens ausgesetzt sind und wie man dagegen ankämpfen kann, wer sich hier wie einsetzt etc.. Ich finde es äußerst schade und traurig, aber vor allem anmaßend und ungerechtfertigt, dass solche destruktiven Texte wie die von Herrn Stefanowitsch überhaupt hier auf migazin.de veröffentlich werden, weil dieser Text weder zu eine Aufklärung über die Lebensumstände der Menschen mit nichtdeutscher Herkunft beiträgt noch irgend einen Nutzen dem Migazin-Leser stiftet. […]
    Solche, die noch anstehende Bürgerrechtsbewegung von Minderheiten ausbremsenden, Texte braucht kein Mensch. Sie sind zur Erreichung einer gleichberechtigten Partizipation von Minderheiten am gesellschaftlichen Leben nicht dienlich und tragen auch nicht positiv dazu bei. Im Gegenteil. Sie wirken sogar verhindernd. Solche Texte verhindern, dass überhaupt unter den Minderheiten ein Bewusstsein über den tiefen Rassismus aus der Mitte der deutschen Gesellschaft geschaffen wird. Taktiken, die Malcolm X schon damals entlarvt hat und heute noch ihre Gültigkeit besitzen und nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Die jahrzehntelange elendige Debatte über Integration hier in Deutschland hat dafür gesorgt, dass Menschen nichtdeutscher Herkunft sich mit den scheinbaren eigenen Defiziten beschäftigen, ja sogar sich selbst die Schuld an der eigenen Entrechtung geben und sich selbst daher minderwertiger empfinden. Man würde ja nicht die deutsche Sprache beherrschen, man sei nicht gebildet, man wäre zurückgeblieben etc. etc. Diese Phantomdebatte um Integration verhindert schon seit langem, dass man sich mit der Einforderung der ihm zustehenden Bürgerrechte in diesem Land offensiv und aggressiv beschäftigt. Auch nach über 50 Jahren in der 3. und 4. Generation solle man sich zuerst einmal gefälligst integrieren, dann würde man auch ein gutes und gleichberechtigtes Leben mit gleichen Chancen hier in Deutschland haben. Wer dies glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Die deutsche Realität sieht anders aus. Subtile und strukturelle Diskriminierung wohin das Auge reicht, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, in den Schulen, in den Behörden. Gut ausgebildete Uni-Absolventen nichtdeutscher Herkunft haben nach hundertfachen Bewerbungsabsagen die Schnauze voll und müssen gezwungener Maßen außerhalb Deutschlands nach Alternativen suchen.
    In deutschen Unternehmen und Behörden, in der Politik hat man inzwischen die diskriminierte deutsche Frau für sich entdeckt, die nun – wie deutsche Männer auch – gleiche Chancen erhalten soll, Führungspositionen zu bekleiden. Man sieht die Frauenquote als das adäquate Mittel dafür. Stellt sich die Frage, warum man diese Quote den seit über 50 Jahren hier lebenden Türkeistämmigen verwehrt, deren Kinder und Kindeskinder nun nach dem Studium eine Karriere außerhalb Deutschlands suchen müssen, weil man ihnen Chancen auf ein menschenwürdiges Leben in Deutschland verwehrt? Keine Rede davon, keine Rede davon, dass man nach dem Mauerfall die Ossis mit offenen Armen empfangen hat, die Jobs zunächst ihnen zur Verfügung gestellt, sie bevorzugt eingestellt hat. In den deutschen Unternehmen und Behörden ist der Anteil von Minderheiten in Führungsebenen nahezu Null und repräsentiert den Anteil der über 10 Mio. Menschen nichtdeutscher Herkunft in keinster Weise. Wo bleibt die so oft propagierte Chancengleichheit und Gleichbehandlung? Wie soll denn diese geheuchelte Integration funktionieren, wenn den „Schwarzköpfen“ die Partizipation in dieser Gesellschaft verwehrt wird? Partizipation am gesellschaftlichen Leben bedeutet in erster Linie Machtpartizipation und Macht hat derjenige, der entscheiden darf. Entscheiden dürfen i.d.R. nur Führungsebenen und genau diese Führungsebene wird einem verwehrt. Dem deutschen Staat und der privilegierten deutschen Mehrheitsgesellschaft ist es am liebsten, wenn diese Forderungen von den Minderheiten nach vollständiger Gleichberechtigung und Bürgerrechten gar nicht erst aufkommen. Der kleinste Schrei danach wird mit solchen Gegentexten hier erstickt.
    Die Analogie Haustürke ist nicht imaginär, sie ist real. Sie ist so real wie auch der institutionalisierte Rassismus in Deutschland real ist. Eine solche Gegendarstellung des Autors wird die hier lebenden aber tagtäglich diskriminierten Menschen nicht gehirnwaschen können, um den real existierenden Rassismus und die helfenden Onkel und Tante Toms nicht sehen zu können. Man sollte sich von solchen Leuten wie Herrn Stefanobitch nichts einreden und sich auch nicht irritieren lassen. Frau Gümüşay hat die treffendste Bezeichnung, die man einer Necla Kelek zuschreiben kann, gewählt. Man muss sie, wie es damals Malcolm X auch richtig erkannt hat als das entlarven, was sie eigentlich sind: Hauskanaken.

  3. SuLin sagt:

    Endlich ein wirklich reflektierter Artikel!
    Vielen Dank…

  4. posteo sagt:

    Ich schließe mich dem lob von SuLin und Mathis an.

  5. esra sagt:

    Danke @Kigili für diese deutlichen Worte…sie beschreiben den Rassismus in Dland so wie er sich tatsächlich darstellt, und so wie wir ihn als Migrantinnen und Migranten tagtäglich wahrnehmen.
    Interessant dass die Deutschen hier im Forum immer Leuten beipflichten, wie hiesigem Autor, die versuchen Rassismus und ihr geistigen Anstifter abzuwiegeln und zu relativieren:

    „…Zielführender wäre es gewesen, zu zeigen, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft nur zu bereit ist, sich genau die Aussagen von Angehörigen einer Minderheit herauszusuchen, die gut zu ihrem Selbstbild passen und die es nicht erfordern, die eigene Rolle zu reflektieren oder gar zu verändern. Das ist aber kaum Kelek und Pirinçci anzulasten, die – bei aller Befremdlichkeit vieler ihrer Aussagen – nur ihre Meinung vertreten. Es ist denjenigen anzulasten, die diese Aussagen unter Ausschluss anderer Meinungen oder Tatsachen zur Grundlage politischen Handelns machen…“

    Wie soll man diese Argumentation nennen?
    Man kann diese Argumentation nur zynisch nennen, mit gutem Willen naiv, was einem Professor, der der Autor nunmal ist, in jedem Fall beschämen müßte…
    Die Kritik an Schreibtischtätern wie Kelek, Pirincci etc. wird selbst durch das rhetorisch-politische Mittel der Inversion, der Umkehrung, in eine lediglich von den Adressaten falsch verstandene Interpretation gewandelt.
    Soll heißen: Sämtliche geistigen Brandstifter haben einen Persilschein vom Autor erhalten.
    Wenn also ein durchgeknallter Breivik loszieht und unschuldige Menschen mordet, er dabei vollgepumpt ist mit u.a. Broders Antiislamische Hetze im Kopf, dann ist das eben Breiviks persönliches Problem. Die rassistische Hetze, die Broder und seinesgleichen von sich geben. ist ja, laut Stefanowitsch, von der Meinungsfreiheit gedeckt….
    Eine Ungeheuerlichkeit!! Würg.

  6. A.S. sagt:

    @ esra: In meinem Beitrag geht es nicht um die Frage, ob Aussagen wie die von Frau Kelek oder Herrn Pirinçci durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind. Dass sie das sind, steht ja wohl kaum zur Diskussion, denn selbst Pirinçcis grenzwertige Evolutionsphantasien dürften nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Es geht in meinem Beitrag auch nicht um eine inhaltliche Bewertung irgendwelcher Aussagen von Frau Kelek oder Herrn Pirinçci (und auch in der Kolumne von Frau Gümüsay, auf die ich mich beziehe, ging es nur am Rande um eine solche).

    Es geht in meinem Beitrag einzig um den Begriff „Haustürken“, der sowohl in Bezug auf seine Analogie zu „Haussklaven“ als auch in seinem aktuellen Verwendungszusammenhang problematisch ist.

    Sie dürfen natürlich der Meinung sein, dass Aussagen wie die von Kelek und Pirinçci es rechtfertigen, dass man sie ihrerseits mit einem Ausdruck wie „Haustürke“ belegt. Ich bin nicht dieser Meinung, denn obwohl ich überzeugt bin, dass Frau Gümüsay das Wort nicht mit rassistischer Absicht geprägt oder gebraucht hat, stellt es sowohl im ursprünglichen Zusammenhang (in dem es gebraucht wurde, um bestimmten Sklaven eine Mitverantwortung an der Sklaverei zu geben) als auch im aktuellen Zusammenhang (in dem es gebraucht wird, um bestimmten Menschen die Authentizität ihrer Positionen abzusprechen) einen Bezug zu rassistischen Denkmustern her. Ich halte es grundsätzlich für falsch, solche Begriffe zu verwenden.

    Wenn Sie (oder Kigili) das anders sehen, bleibt Ihnen das unbenommen; wenn Sie erklären möchten, warum sie es anders sehen, werde ich gerne versuchen, Ihre Argumente zu verstehen. Wenn Sie sich aber darauf beschränken, mir Dinge vorzuwerfen, die ich nicht gesagt habe, mich wegen der Problematisierung eines Wortes in die Nähe von Massenmördern zu rücken oder mich (wie Kigili) zu beleidigen, müssen Sie das unter sich ausmachen.

    Von allgemeinem Interesse ist vielleicht Frau Gümüsays Antwort auf meine Replik: http://ein-fremdwoerterbuch.com/2013/05/uber-den-begriff-hausturken/

  7. AI sagt:

    Hier ein Argument, mit dem Sie sich auseinandersetzen dürfen: Der Vergleich zwischen Deutschen türkischer Herkunft und Amerikanern afrikanischer Herkunft stammt im Grundsatz von (abrückenden) amerikanischen Soldaten afrikanischer Herkunft. Und er hat grundsätzlich nichts mit den historischen Bedingungen zu tun, sondern mit der Funktion, die den jeweiligen Gruppen von den Herrschenden zugewiesen werden (wurden).

  8. Umbecco sagt:

    @A.S.
    Ich lese des öfteren die Kolumne von Frau Gümüsay und eigentlich wäre jedes mal ein Artikel wie dieser nötig, um die selektive Wahrnehmung von Gümüsay wieder ins recht Licht zu rücken. Aber immerhin schafft Sie es immer wieder auf subtile Art und Weise sich als Opfer der Deutschen Gesellschaft zu stilisieren. Manchmal vergleicht Sie sich mit den Juden aus den 1930er und jetzt sind es halt die Schwarzen aus den 50er. Hauptsache Opfer!

    Dass sie auf die Art und Weise die Geschichte ins falsche Licht rückt und grösstenteils verharmlost scheint Frau Gümüsay nicht zu interessieren. Hauptsache man kann mal wieder ein reisserischen Artikel veröffentlichen.

  9. A.A. sagt:

    @A.S.
    Muslime generell der Sodomie mit Tieren zu bezichtigen und sie dadurch zu degradieren und Angst zu schüren durch Androhung von schleichendem Genozid sind sehr wohl als Volksverhetzung einzustufen. Dass keine strafrechtliche Verfolgung aufgenommen wird trotz höchst öffentlicher Äusserungen ist nicht verwunderlich und bestätigt nur dass die Staatsorgane infiltriert sind von Rassisten. Hier die Meinung der UNO dazu: http://www2.ohchr.org/English/bodies/cerd/docs/CERD-C-82-D-48-2010-English.pdf

    Und zu ihrem Problem angesichts des historischen Bedeutung des Begriffs: Es geht hier eben um Rassismus. Natürlich ist sich Frau Gümüsay bewusst welche Assoziation der Begriff weckt. Deswegen verwendet sie ihn ja. Man nennt dies eine Analogie. Als solche muss diese auch nicht in allen Rahmenbedingungen mit ihrem Urbild übereinstimmen, was Frau Gümusay ebenfalls betont („Deutschtürken waren in Deutschland beileibe keine Sklaven.“). Der Aspekt der Stockholm-Syndrom Kollaborateure die sich von den Machtstrukturen der Gesetze, Medien, Exekutive, Bildungseinrichtungen etc. so einschüchtern lassen, dass sie ihre „eigenen Leute“ (zu denen sie von der herrschenden Schicht gezählt werden) denunzieren und für eigennützige Besserstellung auf menschenverachtende Weise ausverkaufen, ist jedoch angebracht.

    Darf man solch eine Analogie machen? Ist es geschmackvoll? Man kann sie auf alle Fälle machen, weil sich Geschichte eben wiederholt. Dass Frau Gümüsay mit diesem Begriff die Lage prägnant darzustellen versucht ist eine Notwendigkeit, die resultiert aus der Ignoranz der dominanten Klasse gegenüber der Würde der Minderheiten in Deutschland – Die Würde des „Deutschen“ ist unantastbar?.
    Man muss hier also abwägen und dem Recht auf Würde und der Verteidigung derer (was eigentlich die Plicht „unseres“ Staates wäre) eine höhere Priorität zuordnen als dem Anspruch auf sprachliche Ästhetik.
    Sie sehen also: Harte Zeiten erfordern leider harte Mittel. Die Migranten haben sich ihre systematische Diskriminierung nicht ausgesucht. Man muss nicht warten bis Menschen hingerichtet werden. Jeder Schritt in eine Zukunft die anfängt einer schrecklichen Vergangenheit zu ähneln ist einer zu viel.

    Bei Diskussionen über Begriffsverwendungen bleibt es leider nicht solange die deutsche Mehrheitsgesellschaft sich weiterhin nicht aktiv für die Minderheiten einsetzt, sondern eher noch Gesetze verabschiedet die den Menschen die Bürgerrechte entziehen aufgrund ihrer Abstammung (euphemistisch „Optionsmodell“ genannt). Auch dies ist zuletzt in einer sehr dunklen Zeit in Deutschland geschehen. Darf ich diesen Vergleich nun machen? Wozu lehrt man uns nochmal Geschichte?

  10. posteo sagt:

    Haustürken ist Dienstbotendiskriminierung!

    Wobei ich hier AUSDRÜCKLICHST betonen möchte, dass ich die Diskriminierung nicht im Wortteil Türke, sondern Haus (für Hausangestellte) sehe.
    Meine Großeltern waren nämlich auch noch Dienstboten!
    Meine Großmutter war Dienstmädchen, wie Unzählige andere Mädchen aus dem einfachen Volk. Mein Großvater war als Knecht auf einem Landgut beschäftigt, bevor er sich als Kleinbauer selbständig machte.
    Ich bin sozusagen die Nachfahrin von „Hausdeutschen“ und „Stalldeutschen“.
    Die Mehrheit der Biodeutschen waren und sind keine Großgrund- oder Fabrikbesitzer, sondern selbst nur kleine „Lohnsklaven“.

    Wie gesagt, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich.