Doppelpass-Debatte 4/12
„Sie sollten sich was schämen!“
Politik ist langweilig und trocken? Die Bundestagsdebatte vom 5. Juni 2013 beweist das Gegenteil: Regierungs- und Oppositionspolitiker debattieren über die doppelte Staatsbürgerschaft. Das MiGAZIN dokumentiert die Reden im Wortlaut inklusive Zwischenrufe in einer 12-teiligen Serie. Heute Hartfrid Wolff (FDP).
Mittwoch, 12.06.2013, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 13.06.2013, 1:17 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Hartfrid Wolff (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal fordert die SPD die Abschaffung des Optionsmodells. Dieses Modell hat sie selbst – das gilt übrigens auch für die Grünen – vor gut zehn Jahren mit beschlossen. Im Herbst 2012 überraschte die SPD die Nation mit ihrer angeblich neuen Forderung nach Hinnahme der Mehrstaatsangehörigkeit.
(Rüdiger Veit [SPD]: Unsinn!)
___STEADY_PAYWALL___
Kurz danach haben wir über einen Antrag der SPD aus dem Jahr 2010, mit dem das gleiche Ziel verfolgt wurde, diskutiert. Ohne die heutige Bundestagsdebatte abzuwarten, hat die baden-württembergische Integrationsministerin, natürlich von der SPD, angekündigt, eine weitere Bundesratsinitiative zum selben Thema zu starten.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Bis Sie es endlich einsehen!)
Ich glaube, deutlicher kann ich nicht zum Ausdruck zu bringen, dass dieser Opposition nichts wirklich Neues einfällt.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Wenn Sie es einfach mal machen würden!)
Das ist Oppermann’sche Schaumschlägerei und nichts anderes.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Meine Damen und Herren, die FDP schätzt die freie Entscheidung des Individuums und die Integrationsleistung jedes einzelnen Menschen, der zu uns gekommen ist, weitaus höher ein als die Beschwörung von Herkunft und ethnischen Milieus.
(René Röspel [SPD]: Kennen Sie eigentlich Liselotte Funcke noch? – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)
Dabei ist die FDP durchaus bereit, über die vermehrte Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit nachzudenken und in diese Richtung zu gehen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nachdenken, zustimmen!)
Dafür haben wir uns auf dem Bundesparteitag in Nürnberg ausdrücklich ausgesprochen.
(Thomas Oppermann [SPD]: Dann können Sie ja eigentlich zustimmen! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber ein Geeiere! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)
Aber wir sind uns auch bewusst, liebe Kollegen von den Grünen, dass die Staatsangehörigkeit für den Erfolg von Zuwanderung und Integration nicht primär entscheidend ist, sondern die persönliche und berufliche Perspektive der Menschen, die nach Deutschland kommen. Das ist entscheidend, damit sie hierbleiben wollen.
(Thomas Oppermann [SPD]: Stimmen Sie jetzt zu oder nicht?)
Ausländer- und zuwanderungsrechtlich waren die vergangenen vier Jahre gute Jahre für Deutschland. Als Koalition haben wir hier Maßstäbe gesetzt. Ich will nur einige Beispiele nennen:
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigenlob stinkt!)
Erstmals gibt es für minderjährige und heranwachsende geduldete Ausländer ein vom Aufenthaltsrecht der Eltern unabhängiges Bleiberecht in einem Bundesgesetz. Wir haben zwangsverheirateten Frauen in Not durch ein Rückkehrrecht die Chance gegeben, sich zu befreien und zurückzukommen.
(Rüdiger Veit [SPD]: Halbherzig!)
Lesen Sie auch die anderen Debattenbeiträge:
Renate Künast (GRÜNE)
Ole Schröder (CDU/CSU)
Thomas Oppermann (SPD)
Hartfrid Wolff (FDP)
Sevim Dağdelen (LINKE.)
Reinhard Grindel (CDU/CSU)
Daniela Kolbe (SPD)
Serkan Tören (FDP)
Memet Kılıç (GRÜNE)
Stephan Mayer (CDU/CSU)
Rüdiger Veit (SPD)
Ingo Wellenreuther (CDU/CSU)
Was haben SPD und Grüne in ihrer Regierungszeit eigentlich diesbezüglich unternommen? Die rechtlichen Hürden für die Zuwanderung von Fachkräften wurden durch uns deutlich gesenkt und entbürokratisiert, und wir haben zusätzliche Integrationsanreize geschaffen.
Eine zukunftsgerichtete Zuwanderungspolitik gibt den Menschen Perspektiven. Bereits 2011 haben wir im Bund das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse verabschiedet. 2011 wurde dieses Anerkennungsgesetz verabschiedet. Herr Oppermann, ich muss zugeben, dass Hamburg Vorreiter ist. Aus meiner Sicht ist es aber trotzdem peinlich, dass gerade SPD-regierte Länder und das von den Grünen geführte Bundesland Baden-Württemberg in der Folge noch immer kein Anerkennungsgesetz für ausländische Abschlüsse geschaffen haben, zum Beispiel in Bezug auf Pflegeberufe, Ingenieure und Fachausbildungsabschlüsse.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Hamburg war das erste Land! Was ist das für ein Blödsinn?)
Frau Kollegin, ich habe es ja gerade gesagt: Hamburg war Vorreiter. Baden-Württemberg steht leider hintan.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Schaffen Sie doch endlich Perspektiven, und stellen Sie diese Anerkennungsgesetze nicht immer hintan, liebe Kollegen von den Grünen.
Der erste Schritt ist nun einmal tatsächlich gelungene Integration. Geben Sie den Menschen Perspektiven! Den Menschen etwas zuzutrauen und ihnen neue Chancen zu geben, ist auch Ausdruck einer aktiven Integrationspolitik. Das bedeutet Fordern und Fördern. Hier müssen wir ansetzen.
Aktuell Politik(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie einmal zu den Inländern!)
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
Eine einzige Frechhzeit, was Mechthild Rawert sich hier herausnimmt. Offenbar noch sie nie ins Grundgesetz gesehen. Deutsche und Ausländer genießen zwar gleiche Menschenrechte aber nicht gleiche Bürgerrechte. Beispiel Wahlrecht.
Von einer Gleichberechtigung kann bei Ausländern also erst gesprochen werden, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen.
Dass diese banale Erkenntnis hier noch nicht in alle Teile des Bundestags vorgedrungen ist, ist erschreckend. Ich bin für Mindestqualifikationen für Bundestagsabgeordnete.
„Eine einzige Frechhzeit, was Mechthild Rawert sich hier herausnimmt. Offenbar noch sie nie ins Grundgesetz gesehen. […] Ich bin für Mindestqualifikationen für Bundestagsabgeordnete“
Eine einzige Frechheit, was Sie sich hier herausnehmen, Herr Hamburger X. Offenbar haben Sie noch nie ins GG gesehen – der Vorschlag mit der Mindestqualifikation ist aber nicht schlecht – ich bin für Mindestqualifikation beim Verfassen von Kommentaren, damit der geplagte Leser von den schlimmsten Auswüchsen verschont bleibt..
Hallo Marie,
bitten holen Sie das Minimal-Bildungspaket „Grundgesetz“ nach und sehen Sie sich den Unterschied zwischen allgemeinen Grundrechten und den sogenannten Deutschenrechten im Grundgesetz an.
Beispiel Menschenwürde: Alle
Beispiel Wahlrecht: Nur Deutsche
Auf einen Kommentar ohne jeden blassen Schimmer oder Argument zu antworten, ist jedenfalls wenig konstruktiv.
Dass Sie den völlig richtigen Einwand der Frau Rawert für Ihre Zwecke uminterpretieren, um hier ihren Ressentiments gegen Nichtdeutsche freien Lauf zu lassen und Frau Rawert zu beschimpfen, ist offensichtlich und selbstverständlich sind nach dem GG alle Menschen gleichberechtigt. Dass Sie diesen einfachen Satz (der Ihnen anscheinend ein Dorn im rechten Auge ist) nicht verstehen, dafür können weder Frau Rawert noch ich was.
Bürgerrechte (oder Deutschengrundrechte) bilden zusammen mit den Menschenrechten die Grundrechte nach dem GG.
Die Bürgerrechte stehen ausschließlich Deutschen zu – die Menschenrechte allen Menschen.
Z. Bsp. darf kein Deutscher an einen fremden Staat ausgeliefert werden, jemand ohne deutsche Staatsangehörigkeit hingegen schon.
Die Frage der Abgeordneten Rawert (Vorher [gemeint ist vor der Einbürgerung] ist man nicht gleichberechtigt?) ist daher hochnotpeinlich, zumal in einer Debatte, in der es um diese Staatsbürgerschaft ging.
Es ist bezeichnend für eine bestimmte Denkrichtung, den Einwurf der Abgeordneten Rawert, der sich auf die Gleichberechtigung aller Menschen in Bezug auf die Menschenrechte fraglos bezog, unter Heranziehung spitzfindiger Wahlrechtsbetrachtungen „hochnotpeinlich“ zu finden, aber am oben dokumentierten Rest dieser hochnotpeinlichen Veranstaltung so gar nichts Hochnotpeinliches entdecken zu können.