UNHCR
45 Millionen Menschen auf der Flucht
Die Zahl der Flüchtlinge weltweit ist auf den höchsten Wert seit 1994 gestiegen. Auffallend ist: 80 Prozent der Flüchtlinge haben Zuflucht in Entwicklungsländern gefunden. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung spricht von einem "Missverhältnis".
Von Christoph Wöhrle Montag, 12.08.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
2012 ist die Zahl der Flüchtlinge weltweit auf über 45 Millionen gestiegen. Das ist der höchste Wert seit 1994. Dies geht aus dem Mitte Juni in Genf veröffentlichten Jahresbericht des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zur weltweiten Flüchtlingssituation hervor. Grund für die Entwicklung sind vornehmlich bewaffnete Konflikte wie der Bürgerkrieg in Syrien.
Bei den 45,2 Millionen Flüchtlingen handelt es sich sowohl um Binnenvertriebene (28,8 Millionen) als auch um Flüchtlinge, die sich in ein anderes Land retten mussten (15,4 Millionen). Hinzu kommen Personen, die in einem Aufnahmeland bereits einen Asylantrag gestellt haben (1 Millionen). Die Zahlen stützen sich auf Daten der Regierungen, NGOs und des UNHCR. Allein 2012 seien 7,6 Millionen Menschen aus ihren Heimatorten geflohen, darunter 6,5 Millionen innerhalb und 1,1 Millionen außerhalb ihres Landes. Pro Tag verließen damit im Schnitt 23.000 Menschen ihr Zuhause. Im Jahr 2003 waren es täglich 11.000 Menschen gewesen.
Mehrheit der Flüchtlinge in Entwicklungsländern
Die zehn Länder mit dem höchsten Flüchtlingsaufkommen waren Ende 2012: Afghanistan (2,6 Millionen Flüchtlinge), Somalia (1,1 Millionen), Irak (746.000), Syrien (728.000), Sudan (569.000), Demokratische Republik Kongo (509.000), Myanmar (415.00), Kolumbien (394.000), Vietnam (336.000) und Eritrea (285.000). Mit 81 % hält sich die Mehrheit der Flüchtlinge in Entwicklungsländern auf. 46 % der Flüchtlinge sind unter 18 Jahre alt. Die Hauptfluchtursache sind kriegerische Auseinandersetzungen. Das zeigt sich auch daran, dass über die Hälfte der Flüchtlinge aus den fünf von Konflikten geprägten Staaten Afghanistan, Somalia, dem Irak, Syrien und dem Sudan stammt.
Pakistan wichtigstes Aufnahmeland
Die zehn wichtigsten Aufnahmeländer sind: Pakistan (1,6 Millionen aufgenommene Flüchtlinge), Iran (868.000), Deutschland (590.000), Kenia (564.000), Syrien (476.000), Äthiopien (376.000), Tschad (373.000), Jordanien (302.000), China (301.000) und die Türkei (267.000). Die Zahlen beziehen sich auf die Gesamtzahl der im Land lebenden Flüchtlinge. Setzt man die Anzahl der Flüchtlinge in Bezug zur Einwohnerzahl eines Landes, ergibt sich ein anderes Bild. Dann steht Jordanien mit 49 Flüchtlingen pro 1000 Einwohnern an erster Stelle, gefolgt von Tschad (33), Libanon (32), Demokratische Republik Kongo (24), Syrien (23), Mauretanien (23), Dschibuti (22), Malta (20), dem Südsudan (20) und Montenegro (18).
Schlüsselrolle Syrienkonflikt
Dem Konflikt in Syrien, der UN-Angaben zufolge bislang schon über 100.000 Todesopfer forderte, kommt hinsichtlich des weltweiten Flüchtlingsaufkommens derzeit eine Schlüsselrolle zu. Täglich verlassen rund 6.000 Menschen syrisches Territorium. Eine Flüchtlingsbewegung mit vergleichbarem Ausmaß gab es zuletzt beim Völkermord in Ruanda vor 20 Jahren. Die syrischen Binnenvertriebenen sind in dieser Zahl nicht inbegriffen, verlässliche Schätzungen für sie gibt es seitens der Vereinten Nationen nicht. Die Zahl der registrierten Flüchtlinge in den umliegenden Staaten nähert sich aktuell der Zwei-Millionen-Marke.
Download: Den UNHCR-Bericht „Global Trends Report 2012“ liegt nur in englischer Sprache vor und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
Neues Lager für 120.000 Syrer
In der jordanischen Wüste, rund 50 km von der Hauptstadt Amman entfernt, wird derzeit mit finanzieller Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ein neues Lager für 120.000 Flüchtlinge aus Syrien gebaut. Jordanien beherbergt Regierungsangaben zufolge aktuell schon weit mehr als eine halbe Millionen geflohener Syrer und ist damit das wichtigste Aufnahmeland für diese Flüchtlinge. Deutschland hat seine Unterstützung für syrische Flüchtlinge Anfang August um 20 Millionen Euro auf nun 190 Millionen Euro aufgestockt.
Deutschland in der Pflicht
Flüchtlingsorganisationen fordern indes, dass Deutschland ein großes Kontingent syrischer Flüchtlinge aufnehmen solle. „Die geplante Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen aus Syrien ist ein wichtiges Zeichen“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). Er mahnte jedoch mit Blick auf den UNHCR-Report: „Wenn aber 80 Prozent der Flüchtlinge von Entwicklungsländern aufgenommen werden, liegt ein Missverhältnis vor.“ Damit appellierte er an die Industrieländer, ihrer Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen gerecht zu werden.
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Die Hauptursache für Flucht sind Kriege? Und welche Ursache haben diese Kriege? Diesem Beitrag fehlt Substanz. Oder sind etwa die Afrikaner von Natur aus „kriegerisch“? Diesen rassistischen Schluss lässt der Beitrag immerhin zu.
Kein Wort über die Praktiken von WTO, Weltbank und IWF. Von NATO und den USA. Wir sind die Guten, nicht wahr?
@Wolf
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Oder sind etwa die Afrikaner von Natur aus “kriegerisch”? Diesen rassistischen Schluss lässt der Beitrag immerhin zu.
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Für abstruse Schlussfolgerungen kann man nicht die Autoren des Artikels verantwortlich machen, schon gar nicht, wenn wesentlich plausiblere Schlussfolgerungen ebenso möglich sind und man sich halt eine Konstruktion aussucht, die einem am besten gefällt.
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Kein Wort über die Praktiken von WTO, Weltbank und IWF. Von NATO und den USA. Wir sind die Guten, nicht wahr?
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Der Artikel beschäftigt sich nicht mit den Ursachen für ansteigende Flüchtlingszahlen, sondern benennt deren Auslöser („Grund sind vornehmlich bewaffnete Konflikte“) aufgrund von Korrelationen. Im Vordergrund steht keine Politisierung, sondern eine Beschreibung der Situation. Ein Tiel dieser Beschreibung ist das Missverhältnis zwischen Flüchtlingen, die in Entwicklungsländern und in Industrienationen Zuflucht finden. Aus diesem Missverhältnis geht eine Forderung hervor.
Hier schießen Sie wohl einfach auf die Falschen.