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363 geschlossene Särge

Debatte über illegale Einwanderer in Europa

Am 8. Oktober trafen sich 28 europäische Innenminister in Luxemburg, um nach Lösungen für das Problem der Rettung von Einwanderern an der Mittelmeerküste der EU zu suchen. Wieder einmal geriet das Treffen zu einem Desaster.

Von Lourdes Sada Freitag, 25.10.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 29.10.2013, 23:30 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Ein Boot mit fast 500 Immigranten, darunter viele Frauen und Kinder, fing am 3. Oktober 2013 Feuer und sank vor der Küste von Lampedusa. 363 Menschen starben.

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Lampedusa ist eine kleine italienische Insel zwischen Sizilien und Nordafrika, etwas mehr als 100 km von Tunesien entfernt. Aufgrund seiner Nähe zur afrikanischen Küste wird diese Insel von Flüchtlingen und Migranten ohne Papiere als einer der Eintrittspforten für die Europäische Union benutzt. Menschen aus dem Sudan, Somalia, Eritrea oder Syrien, die in die Fänge von Menschenhändlern geraten, werden mit alten Fischerbooten an die Küsten Europas gebracht.

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Die Anzahl solcher gefährlicher Reisen in alten und überfüllten Booten steigt Ende des Sommers gewöhnlich an, da die Überfahrten während der “Winterpause” aufgrund der schlechten Bedingungen auf See ausgesetzt werden.

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Dank der Hilfe von Fischern konnten viele Schiffbrüchige in diesem Gebiet gerettet werden, zahlreiche Zeugen gaben jedoch an, dass mindestens drei Boote den Ort der Tragödie passierten, ohne anzuhalten und den Opfern zu helfen.

Dieses Verhalten der Fischer begründet sich in ihrer Angst vor dem strengen BossiFini-Gesetz gegen illegale Einwanderung, das von den Ultrarechten unterstützt und 2002 unter Berlusconi erlassen wurde. Darin werden illegale Immigranten und alle, die diesen in irgendeiner Form Hilfe leisten, kriminalisiert.

Im blog Kaos en la Red heißt es übersetzt:

Die andere Abscheulichkeit des Bossi-Fini-Gesetzes besteht in der Verurteilung von Personen, die einem möglichen illegalen Einwanderer Hilfe leisten, “italienischen Boden” zu betreten, als Mittäter bei illegaler Einwanderung. Unter diesen Umständen laufen Fischer in Lampedusa, die einem Ertrinkenden helfen, Gefahr, dass ihr Boot, d. h. ihre Arbeitsgrundlage, konfisziert wird und sie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Dies steht in krassem Widerspruch zur UN-Flüchtlingskonvention und internationalem Seerecht. Giorgio Bisagna, Experte für Einwanderungsrecht und Rechtsanwalt in Palermo, stellt demnach fest: “Im Fall der Schiffbrüchigen vor Lampedusa, könnten diejenigen ein Verbrechen begangen haben, die den Flüchtligen im Meer keine Hilfe geleistet haben.”

Der Fall Spanien
Eine weitere von afrikanischen Immigranten genutzte Eintrittspforte nach Europa ist Spanien. Die Staße von Gibraltar, mit einer Breite von 14 km, ist eine der bevorzugten Routen, die die Menschenhändler-Mafia für den Transport von Einwanderern in sogenannten Pateras [es] nutzen. Es sind kleine Boote oder aufblasbare Dingis, die für die Überquerung solch gefährlicher Gewässer viel zu leicht sind. Nicht selten erleiden sie Schiffbruch und die Einwanderer müssen von Fischern oder der Küstenwachen aus diesen Gebieten gerettet werden.

Wie die Webseite cuartopoder.es [es] berichtet, könnte sich dies jedoch bald ändern:

Entsprechend einer von Justizminister Alberto Ruiz Gallardón geplanten Reform des Strafgesetzbuches, begeht ein strafwürdiges Verbrechen, wer Einwanderern ohne gültige Papiere zum Eintritt verhilft, sie aufnimmt, unterstützt und Unterkunft gewährt, und kann mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Einige Hilforganisationen für Migranten haben im April mobil gemacht und über 100.000 Unterschriften im Rahmen ihrer “Wir retten die Gastfreundschaft”-Kampagne gesammelt.

Mangelnder Wille auf Seiten der europäischen Behörden
Neben der Straße von Gibraltar werden auch die Kanarischen Inseln sowie die spanischen Enklaven Ceuta und Melilla an der Nordküste Afrikas von Immigranten für den Eintritt nach Spanien genutzt.

Die Europäische Union (EU) verlegt die Rettung von illegalen Immigranten in die Hände der Mitgliedsstaaten, in deren Gewässer sie in Seenot geraten sind. Finanzielle Hilfe für die am meisten von diesem Problem betroffenen Ländern gibt es nicht. Die Mittelmeerstaaten, die unter der Wirtschaftskrise stärker leiden als die Länder im Norden, bitten Europa seit Jahren erfolglos um Hilfe.

Der Aufstieg der ultrarechten Parteien mit ihrer ausgesprochen xenophoben Ideologie, die sich für die Stärkung der Festung Europa gegen illegale Einwanderer einsetzen, veranlasst die europäischen Regierungen in diesem Zusammenhang zu einer härteren Position, um dem populistischen Diskurs der Ultrarechten entgegenzuwirken.

Am 8. Oktober trafen sich 28 europäische Innenminister in Luxemburg, um nach Lösungen für das Problem der Rettung von Einwanderern an der Mittelmeerküste der EU zu suchen. Wieder einmal geriet das Treffen zu einem Desaster wie in El País zu lesen ist:

All die von eurpäischen Politikern nach der Tragödie von Lampedusa [es] zum Ausdruck gebrachte Verurteilung und Scham, mündete bis zum jetzigen Zeitpunkt in einer reinen Absichtserklärung. Die Europäische Union erwies sich gestern als unfähig, ein Projekt zur Rettung von an der Mittelmeerküste in Seenot geratenen Immigranten in die Wege zu leiten. Die Europäische Kommission übergab ihren Vorschlag an die Mitgliedsstaaten, von denen jedoch keiner in der Lage war, ein konkretes Zeitfenster festzulegen oder wirtschaftliche Ressourcen bereitzustellen, um das Leid der Menschen, die in Richtung Europa in See stechen, zu lindern.

Nacho Torreblanca fasst auf Twitter folgendermaßen zusammen: „Lampedusa ist keine Tragödie. Es ist die Folge einer Reihe freiwillig getroffener politischer Entscheidungen“ http://t.co/YJGRe13257. Und Manuel Zaguirre erklärt auf der Website Rebanadas de realidad [Scheiben der Realität]:

Papst Franziskus, dessen Erklärungen, Entscheidungen, Stellungnahmen und Bekundungen ich mit wachsendem Interesse verfolge, besuchte die Insel Lampedusa im Juli. Wir erfuhren in diesem Zusammenhang, dass die Insel nur 5000 Einwohner hat und etwa doppelt so viele Einwanderer an den Küsten ihres “Mare Nostrum” in den letzten 15 bis 20 Jahren gestorben sind. Auch fiel uns die Solidarität unter den Einwohnern der Insel auf und der Kampfgeist der örtlichen Behörden, allen voran der Bürgermeisterin, die mangelnde Unterstützung und Interesse angesichts der Flut von Immigranten und immer wiederkehrenden Tragödien anprangert.

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