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Nichts gelernt aus dem NSU-Desaster

Wie die Polizei rassistische Motive ausschließt

Nach dem Brand im Asylbewerberheim in Germering, zog die Polizei zunächst ein rassistisches Tatmotiv noch in Betracht und relativierte es zwischenzeitlich - mit Argumenten, die aus den erfolglosen NSU-Ermittlungen bekannt sind.

Von Johannes Hartl Dienstag, 14.01.2014, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.01.2014, 1:27 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Am frühen Mittwochmorgen (8.1.14) hat es in einem Asylbewerberheim in Germering bei München gebrannt. Gegen 04.45 Uhr morgens hatte einer der Bewohner den Brand entdeckt und umgehend die anderen Personen in dem Gebäude gewarnt, sodass sich die meisten Menschen rechtzeitig vor den Flammen in Sicherheit bringen konnten. Acht Bewohner waren während des Brandes allerdings noch im Gebäude, verletzt wurde aber niemand.

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Nach Behördenangaben hat sich das Feuer bis zum Eintreffen der alarmierten Feuerwehren aus Germering und Unterpfaffenhofen bereits bis zum Dachstuhl ausgebreitet. Bei dem Brand ist der Verwaltungstrakt im mittleren der insgesamt drei Gebäudeteile komplett zerstört worden; der Sachschaden beläuft sich einer ersten Schätzung der Polizei zufolge auf rund 200.000 Euro.

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Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck haben mittlerweile ergeben, dass der Brand „offenbar vorsätzlich“ gelegt worden ist. Bewohner sowie der Entdecker des Brandes haben zudem eine Person beobachtet, „die sich an der Nordseite des Gebäudes zu schaffen machte“. Die Person wurde als ca. 30 Jahre alter, 1,75 Meter großer Mann beschrieben, der eine dunkle Hose und eine dunkle Jacke getragen haben soll. Wegen dieser Hinweise geht die Polizei derzeit davon aus, „dass von dieser Person vorsätzlich die Holzverkleidung der Fassade in Brand gesetzt wurde“. Die Fahndung nach dem Täter verlief bislang ergebnislos, Hinweise zu dem Fall nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 08141/612-0 entgegen.

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Über die Tatmotivation ist bisher nichts bekannt. Einem ersten Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) zufolge schlossen die Ermittler ein „ausländerfeindliches Motiv“ zunächst nicht aus. Nur einen Tag später wurde dieses Motiv jedoch bereits wieder relativiert, ohne dass sich eine konkrete Veränderung der Beweislage ergeben hätte. Das Motiv sei nicht gegeben, da „ein Übergreifen der Flammen“ auf das Asylbewerberheim „unwahrscheinlich“ gewesen sei, wie die Münchner „Abendzeitung“ unter Berufung auf einen Polizeisprecher berichtet. Dem CSU-Landrat Thomas Karmasin hat die Polizei außerdem mitgeteilt, dass es „momentan keine Hinweise auf eine fremdenfeindliche Tat wie den Einsatz von Brandbeschleunigern oder Beschmierungen zur Übermittlungen einer Botschaft“ geben würde, schreibt die SZ.

Wenngleich die Motivlage aktuell noch völlig unklar ist, sorgt der schnelle Ausschluss einer möglichen rassistischen Tat durch die Polizei dennoch für Irritationen. Insbesondere die Begründung, wonach ein rassistisches Motiv wegen des „unwahrscheinlichen“ Übergreifens der Flammen auf das Wohnheim der Flüchtlinge als unrealistisch gelte, erscheint mehr als fraglich. So müsste sich die Polizei beispielsweise die Frage stellen, ob der Täter vielleicht an einer anderen Stelle eine Entdeckung hätte fürchten müssen oder ob womöglich überhaupt nicht genau wusste, in welchem der drei Gebäudeteil die Flüchtlinge untergebracht gewesen sind?

Auch die Aussage der Ermittlungsbehörden, dass es aufgrund fehlender „Beschmierungen zur Übermittlung einer Botschaft“ keinen Hinweis auf eine „fremdenfeindliche Tat“ gebe, kann nur verwundern. Mit genau demselben Argument haben nämlich einst mit den NSU-Ermittlungen beauftragten Polizeibeamten vor den Untersuchungsausschüssen gerechtfertigt, dass sie nicht oder nur sehr zögerlich nach Neonazis als Täter gesucht haben. Spätestens seit der NSU-Enttarnung vor zwei Jahren sollte also bekannt sein, dass Neonazis häufig auf ein Bekennerschreiben verzichten und stattdessen eher dem Motto „Taten statt Worten“ folgen. Im Konzept des „führerlosen Widerstands“ ist zum Beispiel unter anderem festgeschrieben, dass „Bekennerschreiben zu unterlassen“ sind. Dass die Ermittlungsbehörden heute noch immer mit dem selben Argument wie damals ein eventuell rassistisches Motiv ausschließen, wirft daher die Frage auf, was die Behörden denn aus dem NSU-Komplex gelernt haben?

Ob die Polizei wirklich ergebnisoffene Ermittlungen führt, erscheint bei dem schnellen Ausschluss eines rassistischen Motivs jedenfalls fragwürdig. Denn zu einer ergebnisoffenen Ermittlung, wie sie die Polizei in allen Fällen führen muss, gehört die Untersuchung eines rassistischen Motivs ebenso wie die Untersuchung aller anderen möglichen Motive.

Nachdem Kritik am vorschnellen Ausschluss möglicher fremdenfeindlicher Motive der Polizei laut wurde, lenkte die Polizei ein und zog rassistische Motive wieder in Betracht. Ein Sprecher der Polizei sagte der „Abendzeitung“: „Ein fremdenfeindlicher Aspekt kann nicht ausgeschlossen werden.“ In die Ermittlungen, so der Sprecher weiter, sei jetzt auch das Kommissariat Staatsschutz der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck eingebunden.

Während die Polizei weiter nach dem Täter sucht und noch immer keinen konkreten Hinweis hat, sind die Menschen in Germering nach der Tat geschockt. Der Kreissprecher der Grünen, Jan Halbauer, sagte der SZ, es sei „erschreckend, zu was die Menschen fähig sind“. Ähnlich äußerte sich auch der Fraktionschef der Grünen im Kreistag, Markus Rainer. Gegenüber der Zeitung sprach er von einem „widerlichen Anschlag“, der ihn „entsetzt und schockiert“ habe. Der CSU-Stadtratskandidat Oliver Simon sagte der Lokalausgabe der SZ zudem: „Hoffentlich wird diese Tat schnell aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen“. Zum Schutz der dort lebenden Menschen will die Polizei zukünftig vor der Unterkunft vermehrt Streife fahren. Aktuell Politik

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