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ZDF-Urteil

Eine gute Entscheidung für Minderheiten in Deutschland

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag ist nicht nur gut für die Pressefreiheit, sondern auch gut für die Minderheiten in Deutschland. Endlich ist der Gesetzgeber gezwungen, ein Gremium zu schaffen, das auf Vielfaltsicherung ausgerichtet ist.

Von Mittwoch, 26.03.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 31.03.2014, 23:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit des ZDF-Staatsvertrages ist nicht nur gut für die Pressefreiheit, sondern auch gut für Minderheiten in Deutschland. Denn in Zukunft muss nicht nur der Anteil staatlicher und staatsnaher Personen in den Aufsichtsgremien von 44 Prozent auf ein Drittel begrenzt werden, sondern die Zusammensetzung der Gremien auch an dem verfassungsrechtlichen Gebot der Vielfaltsicherung ausgerichtet werden. Konkret bedeutet das: weniger Einfluss vonseiten der Politik und mehr Einfluss aus der Zivilgesellschaft.

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Was liegt da näher, zunächst einmal an die weit mehr als 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund – Tendenz steigend – in Deutschland zu denken. Sie machen fast ein Fünftel der hiesigen Bevölkerung aus. Sie sind fester Bestandteil unseres Landes nahezu überall präsent: Sie arbeiten, gehen zur Schule, spielen im Trikot der Nationalmannschaft, helfen ehrenamtlich im Altenheim, forschen, geben Nachhilfeunterricht für Schüler, stürmen die Musikcharts, zahlen Steuern und Rundfunkgebühren oder präsentieren die Nachrichten im Fernsehen. Nur in den Aufsichtsgremien sind sie nicht. Ein Blick auf die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats spricht für sich.

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Nicht umsonst haben die Verfassungsrichter den mahnenden Zeigefinger erhoben. Das Gebot der Vielfaltsicherung verpflichte den Gesetzgeber „zu Regelungen, die den aktuellen verschiedenartigen gesellschaftlichen Strömungen und Kräften in Deutschland Rechnung tragen und darauf ausgerichtet sind, eine große Vielfalt widerzuspiegeln.“ Die institutionelle Ausgestaltung müsse darauf abzielen, dass die Mitglieder möglichst verschiedenartige Sichtweisen, Erfahrungen in den Rundfunkanstalten einbringen können für ein facettenreiches Bild des Gemeinwesens.

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Davon sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aber weit entfernt, wie zahlreiche Studien belegen. Sie liefern nicht nur kein facettenreiches Bild der Gesellschaft, sondern belegen Spitzenplätze, wenn es darum geht, Vorurteile und Stereotype über Migranten zu verfestigen – teilweise offen, oft subtil. Ein Gremium, dass den verantwortlichen Medienmachern auf die Finger schaut, wäre da nicht nur von Vorteil, sondern dringend geboten.

Nun hat der Gesetzgeber Zeit, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts binnen eines Jahres umzusetzen. Doch nicht nur der Gesetzgeber ist gefordert, wie ein Blick in die Entscheidung zeigt. Die Verfassungsrichter haben sich nicht nur Gedanken über das Ob, sondern auch über das Wie gemacht. „Gesellschaftliche Wirklichkeit ist in ungeordneter Weise fragmentiert, manifestiert sich in ungleichzeitigen Erscheinungsformen und findet nur teilweise in verfestigten Strukturen Niederschlag, die Anknüpfung für die Mitwirkung in einer Rundfunkanstalt sein können“, heißt es in der Urteilsbegründung. Hierbei gebe es Interessen, „die verbandlich gar nicht oder nur schwer organisierbar sind“.

Da stellt sich die berechtigte Frage, wie die hiesigen 16 Millionen Migranten vertreten werden könnten. In Betracht kommen allenfalls einzelne Migrantengruppen: die Türkeistämmigen, die Russlanddeutschen, die Italienstämmigen usw. Eine Wunschvorstellung, wie ein exemplarischer Blick auf die türkische Community zeigt. Zahlreiche Interessensverbände und Gruppierungen, die lieber in die Röhre gucken, als sich zusammenzuschließen. Zeit und Anlass genug also auch für sie, sich ernsthaft Gedanken über ihre Stimme in Deutschland zu machen.

Bis dahin wird der Gesetzgeber den von den Verfassungsrichtern eingeräumten Gestaltungsspielraum
für die nähere Bestimmung der Zusammensetzung nutzen. Was er daraus macht, wird sich zeigen. Nur an den über vier Millionen Muslimen, die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) vergleichsweise gut organisiert sind, dürfte der Gesetzgeber bei der neuen Zusammensetzung nicht mehr vorbeikommen. In der Urteilsbegründung werden sie zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch eine Anmerkung des Bundesverfassungsrichters Reinhard Gaier während der Verhandlung war an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Unter Bezug auf ein Zitat des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff kritisierte er: „Wenn der Islam in Deutschland angekommen ist, so ist er im ZDF-Fernsehrat jedenfalls noch nicht angekommen.“ Leitartikel Recht

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  1. Aleks Andar sagt:

    Eine sehr gute Entwicklung! Nur verstehe ich nicht, warum man „Migranten“ nach dem Herkunftsland, aus dem irgendwer aus der Familie mal kam, kategorisieren soll. Wie soll man so aus der Ethnisierungsfalle rauskommen?

  2. Pingback: Nach dem ZDF-Urteil: Muslime in den Rundfunkrat? - Islam, Medien, Meinung, Muslime, Religion, Vielfalt - MiGAZIN