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Rezension zum Wochenende

Akif Pirinçci kotzt sich aus!

Kein Stammtischthema hat Akif Prinçci in seinem Buch ausgelassen. In obszöner, vulgärer, sexualisierter Sprache gibt er sich für ein Allround-Genie aus, das den Größten hat. Türkân Kanbıçak über die Frage, wie so ein Buch zum Bestseller werden konnte.

Von Türkân Kanbıçak Freitag, 02.05.2014, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 07.05.2014, 0:24 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der Wutbürger, Akif Prinçci, rechnet nicht mit den vom ihm als „Gutmenschen“ betitelten „linksversifften“, „verweichlichten“, „hirngewaschenen“ „Vaterlandsfeinden“ seines ach so geliebten „Mutterlands“ – gemeint ist Deutschland – ab, sondern um in der Sprache des Autors zu bleiben: er „kotzt“ sich aus. Kein Stammtischthema wird dabei ausgelassen. Denunziativ, kulturrassistisch, homophob, frauenfeindlich – die Liste der Eigenschaften ließe sich noch erweitern – und voller Menschenverachtung beschwört er den „gegenderten“ deutschen Mann, nun endlich wieder ein „richtiger Mann“ zu werden, seine Angst abzulegen und sich von historischer Schuld zu befreien! Und all dies in obszöner, vulgärer, sexualisierter Sprache, damit ihn auch jeder versteht.

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Im Rausch ekstatischer Omnipotenz-Phantasien preist er dem geknebelten deutschen Mann jenes Männlichkeitskonstrukt an, welches er zugleich den nur zum „Ficken“ nach Deutschland massenhaft sich einschleichenden muslimischen Männern vorwirft. Sarrazin kann in Maßlosigkeit biologistischer, sozial- und kulturrassistischer Argumentationen und in Authenzität des Herrn Pirinçci wahrlich nicht das Wasser reichen. Mit „Deutschland von Sinnen“ gelingt dem bislang als „Katzen-Krimi-Autor“ bekannten Pirinçci der Aufstieg auf den Emporen des tiefsten Rechtspopulismus und Rassismus. Menschen jüdischen Glaubens werden schlichtweg zu einer besonderen „Ethnie“ erklärt, wohl gemerkt zu einer intelligenten und daher brauchbaren Ethnie. Den eigenen Philosemitismus scheint der Autor nicht zu bemerken. Die argumentative Nähe zu dem Internetportal Politicall Incorrect ist nicht zu übersehen.

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Nicht das „Erbrochene“ des Skandalautors, sondern die Tatsache, dass dieses Schundbuch des über-assimilierten Deutsch-Türken, der im Übrigen seine eigene nationale Selbstzuschreibung ständig ändert, zum Bestseller mutieren konnte, ist Besorgnis erregend!

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Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein, so vielfältig und vielschichtig wie die politischen Interessen und Gruppierungen seines „Fan-Clubs“, der sich insbesondere in Webportalen wie Political Incorrect in einen jähen Wettstreit um die höchste und widerlichste Stufe gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu erklimmen, begeben hat. Pirinçci bedient alle Stereotypen seiner Leserschaft. Als Türkischstämmiger nimmt er die Rolle des „Insiders“ ein, der vorgibt, über alle Zusammenhänge bestens informiert zu sein und im Stande ist, innerhalb von 90 Tagen Deutschland zu „retten“. Hierzu bedarf es anscheinend keiner weiteren Qualifikation außer den eigenen naiven Beobachtungen und dem Erfahrungsschatz eines Kindes ehemaliger Gastarbeiter. Schlechthin gibt er sich für jenes Allround-Genie aus, das durch die Politik und insbesondere die Wissenschaft bislang nicht entdeckt wurde. Er ist überhaupt der Größte, nein, richtig mit Duktus des Herrn Pirinçci heißt das: er hat den Größten.

Der Publikationszeitpunkt, kurz vor der Europawahl, ist nicht zufällig. Der Rechtspopulismus erfährt gegenwärtig starken Zulauf und das nicht nur in Deutschland. Bei genauerer Betrachtung der europäischen politischen Landschaft fällt auf, dass in allen Ländern Europas aber insbesondere in Frankreich, den Niederlanden, Italien und in Ungarn der Rechtspopulismus am Erstarken ist.

Ungeachtet konkreter politischer Orientierung und durch alle sozialen Schichten hindurch vereint die Rechtspopulisten Europas ihr gemeinsamer Feind. Menschen muslimischen Glaubens werden für alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme verantwortlich gemacht und der Islam zum Feindbild erklärt. Seit mehr als 30 Jahren arbeiten Rechtspopulisten an der Entwicklung und Manifestation dieses Feindbildes. Durch die meist negativ konnotierte Medien-Berichterstattung über Muslime wird der Islam stets mit Gewalt, Terror und Blut und Muslime mit Terroristen, Gewaltbereiten und „nicht-demokratiefähigen Unterdrückern“ gleichgesetzt. Mitunter erfährt das Feindbild Islam bizarre Ausuferungen, die volksverhetzende Ausmaße annehmen.

Dabei wird der Islam als eine homogene Gruppe von Gläubigen gleicher Rechtsschulen konstruiert. Einen solchen Islam gibt es nicht! Das Feindbild wird dann „perfekt“, wenn es sich zudem dazu eignet, alle sozial unerwünschten Eigenschaften und gesellschaftliche Schieflagen auf die „bösen, dummen Muslime“ zu übertragen. Schließlich können sogar Antisemitismus und Menschenverachtung, Gewalt und Unterdrückung in das neue Feindbild exportiert werden.

Nationalistische Identitätskonstrukte benötigen zur Wiederauferstehung und Erstarkung gemeinsame Feindbilder. Dies scheint sich in der Islamfeindlichkeit zu manifestieren. Die Abwertung des Anderen geht stets mit der Aufwertung des Selbst einher. Es ist bequem, soziale Konflikte voreilig zu ethnisieren oder dem Islam zuzuschreiben, anstatt sich mit komplexen Zusammenhängen zu beschäftigen. Simple Deutungsmuster sind attraktiv für all jene, die es schon immer gewusst haben.

Dennoch sollten wir zuversichtlich bleiben! Europa wächst zusammen und wird zusammenwachsen. Die Vielfalt aller sozialen Gruppen, das Miteinander aller Religionen und Lebensformen ist aus unserer Lebenswirklichkeit nicht mehr wegdiskutierbar! Daran wird auch der Ka(o)tzen-Autor nichts ändern! Aktuell Meinung Rezension

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  1. Fritz Goergen sagt:

    Mit einem Effekt hat Prinçci nicht gerechnet: Der deutsche Stammtisch möchte sich sooooo nicht im Spiegel sehen, nicht soooo deutlich.

  2. Schwarzer Humorist sagt:

    Der Islam ist nicht an allem schuld.
    Auch Pirincci kennt die deutsche Geschichte viel zu wenig, um sich ein wirklich gediegenes Urteil erlauben zu können.
    Das Problem in Deutschland liegt darin, dass die Migranten oftmals aus Ländern kommen, in denen es keine abendländische Wissenschafts- und keine kapitalistische Arbeitstradition gab genauso wenig wie eine bürgerliche Kultur.
    Das hat mit der Religion per se nichts zu tun, sondern mit der Rückschrittlichkeit anderer Weltregionen. In Deutschland, einem lange Zeit sehr armen Land, hat der Sprung in die Moderne nur funktioniert, weil der Volksgedanke und der Nationalismus des 19. Jahrhunderts als Modernisierungsidologien fungieren konnten. Ohne sie gäbe es keine Sozialsysteme, keine „Volks“schulen, keine „Volks“bildung, keine „Volks“beteiligung, keinen „Volks“wagen usw., keine „Volks“herrschaft, keinen „Volks“willen. Deutschland muss wieder mehr „Volk“ wagen! Wie wäre es mit mehr „Volksmusik“? Mehmed beim Dindldrahn? Fatima beim Schnaderhipfl? Im Ernst: Man sollte die Migranten mehr dafür begeistern, Deutsche zu sein. Ist doch toll, wenn man mehr als 50% Steuern und Abgaben zahlt, Nicht wahr?

  3. Alexander Wallasch sagt:

    Sehr guter Artikel!

  4. Johannes Disch sagt:

    Bravo, Frau Kndicak!

    Sie müssen sich nur mal bei „Amazon“ umsehen, wie dieses Pamphlet von AP in den Himmel gelobt wird! Das ist zum K***!!!
    Ich (und einige andere wenige Aufrechte) halten dagegen.
    Aber es ist dort éin hartes Brot.

    Nun, bei „Amazon“ überrascht mich das nicht.
    Aber dass so ein Buch in Deutschland zu einem Bestseller werden kann, das ist wirklich eine Schande!

    Aber sei es drum: Das Land wird auch dieses Gossenpamphlet überleben.

  5. nettman42 sagt:

    Europa wird also zusammenwachsen. Na klar, Frau Kanbıçak, und die hunderte Milliarden tEuro aus dem ESM sind (Zitat A. Merkel) „Solidarität für Griechenland“!?. Dass sie hauptsächlich an die Gläubiger griechischer Staatsanleihen flossen (also mal wieder an deutsche und internationale Banken), wird geflissentlich übersehen und verschwiegen. Auch dass griechische Eltern inzwischen ihre Kinder weggeben müssen, weil sie sie nicht mehr ernähren können…
    Nur ein Beispiel des öffentlich-rechtlichen Realitätsverlusts von vielen, Frau Kanbıçak! In Akifs Buch könnten Sie viele weitere finden, wenn Sie es mal wirklich lesen und verstehen (wollen) würden. Wenn Ihnen der eloquente aber zugegeben zuweilen derb satirisch überspitzte Stil (anders scheint die Wahrheit nicht mehr auf Gehör zu treffen) nicht passt, kann ich es Ihnen bei Bedarf gern ins Nette übersetzen. Und dann kämpfen wir gemeinsam für eine Frauenquote beim Anbaggern in Diskotheken, ok? :D

  6. Realist sagt:

    Identität ist kein „Konstrukt“, sondern die Gesamtheit aller Traditionen, die Menschen einer Gruppe miteinander eint. Welche gemeinsame Tradition verbindet mich mit einem eingebürgerten Afghanen? Antwort: Der Pass! Ist es nicht eher so, dass gerade zusammengewürfelte Gesellschaften sich eine Vergangenheit konstruieren? Im 19. Jahrhundert hat das funktioniert, die Franzosen beriefen sich auf Caesar und Caligula, die Amerikaner auf das alte Athen und die Deutschen auf Arminius. Aber heute geht das nicht mehr, weil es überhaupt keine gemeinsame Geschichte gibt. Nicht einmal die katholische Religion kann die Leute verbinden, denn wer geht schon in die Kirche? Je weniger Schnittmengen an gemeinsamer „Tradition“ es gibt, umso weniger verstehen sich nun mal die Leute. Wer mir gar nicht ähnlich ist, ist mir halt auch sehr fremd.

  7. Dr. Hirnbeiß sagt:

    Es soll demnächst ein ganz ähnliches Buch herauskommen. Es heißt „Mein Geld“ und stammt von einem oberösterreichischen Schriftsteller. Es wird demnächst allen neugeborenen „Biodeutschen“ in die Wiege gelegt werden.

  8. muslim sagt:

    Liebe Frau Kanbıçak, eigentlich ist dieses Pamphlet überhaupt keiner Erwähnung wert. Ihre Analyse ist aber so treffend, wie auch pointiert, dass ich nur sagen kann: Danke!
    „Mit „Deutschland von Sinnen“ gelingt dem bislang als „Katzen-Krimi-Autor“ bekannten Pirinçci der Aufstieg auf den Emporen des tiefsten Rechtspopulismus und Rassismus.“
    So ist es. Und irgendwie sind die Reaktionen auf diese Kampfschrift auch ein Spiegel der Gesellschaft.

  9. Ebenherz sagt:

    Werte Frau Kanbıçak,
    Ich weiß nicht welches Buch Sie gelesen haben, aber Akif Prinçci’s letzte Veröffentlichung kann nicht gemeint gewesen sein.
    Das, was ich dort gelesen habe, waren die (zugegeben manchmal starken) Worte eines Mannes, der sich mit Leidenschaft für eine Rückkehr zur Vernunft in Deutschland einsetzt.
    Was die Beweggründe derjenigen sind, die das nicht sehen wollen (oder können), erschließen sich mir nicht.
    Ist es Bosheit oder doch nur ein etwas zu kurz gekommenes Urteilsvermögen?
    Eine Vermutung habe ich aber dann doch. Eventuell ist es panische Angst ,den sich ständig vergrößernden Missständen in Deutschland ins Auge sehen zu müssen. Lieber wird der Überbringer gehangen.
    Wie lange wird das noch gut gehen?

  10. Spötter sagt:

    Pirincci bestätigt in mancher Weise das, was er seinen Gegnern vorwirft.