CSU Politiker fordern
EU-Ausländer sollen arbeiten und Steuern zahlen, aber keine Ansprüche geltend machen
Saisonarbeiter aus EU-Staaten haben in Deutschland Anspruch auf Kindergeld, wenn sie uneingeschränkt steuerpflichtig sind. Soweit, so logisch. Aber wehe, sie machen diesen Anspruch auch noch geltend. Dann nämlich singen Bild und CSU "Sozialbetrug" im Chor.
Von Birol Kocaman Dienstag, 13.05.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 15.05.2014, 7:20 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Sie helfen aus, wenn es Arbeit gibt, schuften unter härtesten Bedingungen für wenig Lohn, zahlen Steuern und gehen nach getaner Arbeit in ihre Heimatländer zurück. Gemeint sind Saisonarbeiter, die Jahr für Jahr nach Deutschland kommen und meist auf den Ackern deutscher Bauern Spargel stechen, Erdbeeren pflücken oder für Baufirmen Schwerstarbeit auf Baustellen erledigen. Hunderttausende kommen nach Deutschland, wenn Not am Mann ist – die meisten aus Polen.
Saisonarbeiter zu beschäftigen ist schon seit Jahrzehnten gängige Praxis. Dennoch musste erst vor knapp zwei Jahren der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden, dass „uneingeschränkt steuerpflichtige Saisonarbeiter“ aus EU-Staaten Anspruch auf Kindergeld haben. Laut Richterspruch gilt dies auch dann, wenn der Nachwuchs im Ausland lebt.
Verwirrspiel mit geschätzten Zahlen
Das ist manchen ein Dorn im Auge. „Kindergeld für EU-Ausländer kostet Milliarden“, titelt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Allein durch die Kindergeldansprüche von Saisonarbeitern aus dem EU-Ausland entstünden „dem Bundeshaushalt bis zum Ende dieses Jahres Zusatzkosten von rund einer Milliarde Euro. Bis zum Ende des Jahrzehnts dürfte sich die Summe auf mehr als 2 Milliarden Euro erhöhen“, rechnet die Zeitung unter Berufung auf eine Bundestagsdrucksache gekonnt hoch.
„Verwirrspiel mit geschätzten Zahlen“, hält die Tagesschau dagegen und beruft sich auf die Bundesregierung: „Über 99 Prozent der Kinder von EU-Ausländern, die in Deutschland Kindergeld bekommen, leben auch hier. Und die hochgerechnete Summe von einer Milliarde Euro bis zum Jahresende – dahinter müsse man ebenfalls ein Fragezeichen setzen. Denn sie beruht keineswegs auf real gezahltem Kindergeld.“
Bild & CSU singen Sozialbetrug im Chor
Ungeachtet dessen macht die FAZ-Meldung munter die Runde in der Medienlandschaft. Anklang finden die Milliardensummen vor allem bei der Bild-Zeitung. Unter der Schlagzeile „Kindergeld-Stopp für Saisonarbeiter!“ hat sich auch schon die richtigen O-Töne parat. Die CSU Hardliner Stephan Mayer und Andreas Scheuer dürfen sich dort zu Wort melden. Letzterer legt sich dann auch richtig ins Zeug und schwingt die ganz große Keule über „Ansteigende Armutsmigration, sich ausbreitende Scheinselbstständigkeit und jetzt explodierender Kindergeldtransfer ins Ausland“. Und Mayer darf feststellen, dass das „eindeutiger Sozialmissbrauch“ ist.
Dass die Saisonarbeiter EU-Recht in Anspruch nehmen, unterschlagen CSU-Politiker wie die Bild-Zeitung gekonnt. Stattdessen legt das Boulevardblatt noch einen drauf. „Viele Zuwanderer“ würden Kinder sogar mehrfach anmelden oder „erfinden“, um Kindergeld zu „kassieren“. Wie viel, „viele“ sind, bleibt das Geheimnis von Bild. Ebenso die Summe, die Deutschland durch die Arbeitskraft von hunderttausenden Saisonarbeitern jährlich einnimmt bzw. nicht ausgibt. Aktuell Politik
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Stephan Mayer, ein gefährlicher Straßenrambo, dem Gesundheit oder gar Leben anderer Menschen scheißegal scheint und Doktor Dünnbrettbohrer (Die Welt) Andreas Scheuer, der sich außer mit einer merkwürdig schlechten, plagiatsverdächtigen Doktorarbeit noch nicht wirklich für Deutschland verdient gemacht hat.
Da hat die ‚Wir BILDen Deine Meinung‘ zwei wahrlich famose Experten zu Wort kommen lassen.
In diesem Sinne