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Das Auge entscheidet mit!

Folgen von Vorurteilen in der Personalauswahl und was Migranten dagegen tun können

Studien belegen: Migranten werden bei der Personalauswahl diskriminiert. Als Lösung werden anonymisierte Bewerbungsverfahren präsentiert. Das greift zu kurz. Spätestens beim Vorstellungsgespräch greifen die Vorurteile – auf beiden Seiten. Die Psychologie könnte helfen.

Von Elena Dinkevych Donnerstag, 22.05.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 27.05.2014, 22:56 Uhr Lesedauer: 8 Minuten  |  

Dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und nun fast jeder fünfte Bürger einen sog. Migrationshintergrund hat, ist kein Geheimnis mehr. Dass diese Menschen auch selbstverständlich die gleichen Chancen in allen Lebensbereichen haben, ist dabei leider bislang noch nicht genauso klar.

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Chancenungleichheit kann in vielen Bereichen des Lebens festgestellt werden: Bei der Wohnungssuche, bei der Bildungsbeteiligung, aber auch auf dem Arbeitsmarkt. Letzteres ist insofern gravierend, als sich daraus weitere Nachteile in anderen Bereichen ergeben. Wer nicht ausreichend ökonomische Mittel zur Verfügung hat, kann sich bessere Bildung oder adäquate Gesundheitsversorgung nicht leisten.

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Migranten auf Jobsuche
Der Eintritt ins Arbeitsleben beginnt für viele nicht erst mit dem ersten Job, sondern bereits bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen (SVR) zeigt jedoch, wie Jugendliche mit Migrationshintergrund aufgrund ihres Namens gerade in diesem Bereich benachteiligt werden. Jugendliche mit einem türkischen Namen und dem Berufswunsch Kfz-Mechatroniker/in oder Bürokaufmann/-frau müssten gemäß der Ergebnisse durchschnittlich sieben Bewerbungen schreiben, um die Chance auf ein persönliches Vorstellungsgespräch zu bekommen, während die Konkurrenz mit identischen Qualifikationen, aber deutschen Namen, nur fünf schreiben bräuchte.

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Die Benachteiligung von Migranten macht auch vor höheren Bildungsabschlüssen nicht halt. In einer ähnlich aufgebauten Studie haben Forscher der Universität Konstanz 1 gezeigt, wie Studierende aufgrund eines ausländisch klingenden Namens bei der Suche nach einem Praktikum benachteiligt wurden. Die Forscher haben zum Zwecke der Untersuchung über 1.000 fiktive Bewerbungen verschickt. Zu jeder Ausschreibung wurden zwei ähnliche Bewerbungen verfasst; eine mit einem vermeintlich türkischen Namen, die andere mit einem vermeintlich deutschen Namen. Beide fiktive Bewerber wiesen ähnliche Noten und Fähigkeiten auf, waren in Deutschland geboren und aufgewachsen, hatten die deutsche Staatsbürgerschaft und gaben Deutsch als ihre Muttersprache an. Die Bewerbungen wurden sogar mit den gleichen Bewerbungsbildern versehen.

Trotz der gleichwertigen Bewerbungsunterlagen hatten Bewerber mit einem deutsch klingenden Namen im Durchschnitt eine um 14 Prozent höhere Chance eine Rückmeldung in Form von einer Einladung zu einem Bewerbungsgespräch zu erhalten als die Bewerber mit einem türkisch klingenden Namen. In kleineren Unternehmen war die Chance der Bewerber ohne türkischen Migrationshintergrund sogar 24 Prozent höher.

Auch im Nachbarland Österreich ist dies ein Thema: Besonders bemerkenswert ist dabei eine aktuelle Studie des Wiener Soziologie-Instituts. Hierbei wurden 700 Absolventen der Universität Wien hinsichtlich ihres Berufseinstiegs befragt. Akademiker mit Migrationshintergrund gaben an, fast doppelt so viele Bewerbungen geschrieben zu haben, um zu einem Bewerbungsgespräch geladen zu werden als jene ohne Migrationshintergrund.

Infobox: Für die Entwicklung des Trainings werden aktuell noch Teilnehmer gesucht. Unter www.kein-job-trotz-studium.de finden Sie weitere Informationen und Voraussetzungen zur Teilnahme in München, Berlin oder Salzburg.

Diese Befunde sollten insbesondere angesichts der Tatsache überraschen, da es sich dabei um die Benachteiligung von Personen handelt, die in überwiegender Zahl ihre schulische Laufbahn, sowie berufliche Ausbildung/Studium im Inland durchlaufen haben und somit eigentlich die gleichen Voraussetzungen für einen Arbeitsplatz mitbringen müssten wie Personen ohne Migrationshintergrund. An mangelnden Sprachkenntnissen oder schlechterer Bildung kann es entgegen häufiger Argumentation dabei nicht liegen. Was kann also die Ursache für diese Diskrepanz sein? Wenn Bewerber vergleichbare Qualifikationen erworben haben, aber trotzdem ungleiche Jobchancen vorfinden, liegt die Vermutung nahe, dass Diskriminierung den Zugang zum Arbeitsmarkt negativ beeinflusst.

Diskriminierung als Ursache der Benachteiligung
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) definiert Benachteiligung als „eine weniger günstige Behandlung“ (§ 3) einer Person „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ (§ 1) im Vergleich zu Personen, die sich in einer „vergleichbaren Situation“ befinden. Wenn sich nun zwei Personen, mit gleichen Qualifikationen auf eine Stelle bewerben und nur diejenige, die einen ausländisch klingenden Namen trägt, keine Rückmeldung erhält, ist das als Verletzung dieses Grundsatzes zu betrachten.

Um den Prozess zu erklären, der zu dieser Benachteiligung führt, wird oft der Begriff der „statistischen Diskriminierung“ gebraucht. Dieses Phänomen basiert auf einer Verallgemeinerung von scheinbar statistischen Annahmen über bestimmte (ethnische) Gruppen und führt so zu Pauschalurteilen über Personen, die dieser Gruppe zugeordnet werden. Bewirbt sich beispielsweise eine türkisch-stämmige Person bei einem Unternehmen, so kann der Personalverantwortliche aus einem Mangel an Wissen über diese Person sein Wissen über die Gruppe der Türken abrufen, dass z.B. besagt, dass Türken weniger freundlich sind. Dieses Urteil wird dann dem Bewerber übergestülpt und er wird somit als weniger freundlich eingestuft.

Aber nicht nur die Einstellung der Personalverantwortlichen spielt bei der Personalauswahl eine Rolle. Auch die von ihm antizipierten Meinungen der beteiligten Gruppen wie Kollegen oder Kunden fließen in sein Urteil mit ein. Nimmt er also an, dass die Kollegen eher einen Mitarbeiter bevorzugen, der besonders freundlich ist, wird er diesen Bewerber mit einer größeren Wahrscheinlichkeit auf Basis seines Fehlurteils ablehnen.

Als Lösung für vorurteilsbelastete Auswahlprozesse wird daher das anonymisierte Bewerbungsverfahren diskutiert, bei dem Bewerbungsunterlagen ohne Angabe von Namen oder Herkunft eingereicht werden, sodass die Beurteilung möglichst vorurteilsfrei verläuft. Doch wirken Vorurteile nur bei der Betrachtung von Lebensläufen und Zeugnissen? Was passiert, wenn ein Bewerber mit (bis dato unsichtbaren) Migrationshintergrund schließlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Ist der Personalverantwortliche dann frei von Vorannahmen, wenn er den Bewerber kennen lernt?

Und wie sieht es auf Seiten des Bewerbers aus? Empfindet er diese (Leistungs-) Situation genauso wie ein Bewerber ohne Migrationshintergrund? Wie präsent sind ihm in diesem Augenblick verbreitete Vorurteile über seine ethnische Zugehörigkeit?

  1. Kaas, L., & Manger, C. (2010). Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market: A Field Experiment.
Gesellschaft Leitartikel

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