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Immigrierte Chefs

Rechtsruck in Europa?

Es ist eine Frage der Zeit, wann die noch immer aktuelle Frauendiskussion bei Topmanagern und Aufsichtsräten durch eine Immigrantendebatte abgelöst werden wird - die neue Kolumne von Tobias Busch.

Von Montag, 28.07.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 29.07.2014, 18:31 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Sicher wünschen sich manche eine einfachere Welt, die Komplexität der Globalisierung ist vielen suspekt, die mangelnde Transparenz der politischen Prozesse verstärkt das Gefühl der Machtlosigkeit des Einzelnen. Aber wollen die meisten Menschen wirklich lieber in ihren Ländern unter sich bleiben, nimmt die Ablehnung von Immigranten zu?

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Ist das Erstarken der nationalen Parteien in Europa ein Grund zur Sorge für junge Immigranten?
Nach den Europawahlen bin ich – nicht nur in Deutschland – häufig von besorgten Eltern gefragt worden, was das alles für ihren Nachwuchs bedeute. Ist es wirklich so, dass sich die Berufschancen junger Immigranten verschlechtern, weil die Gesellschaften politisch – jedenfalls im Wahlergebnis – nach rechts rücken?

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Die realen Machtverhältnisse werden auf Dauer durch die Ökonomie bestimmt – das war schon vor 200 Jahren so und das gilt heute mehr denn je.

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Die ökonomische Realität aber ist global und multikulturell; wenn ein Land nicht wie die Saudis Öl oder Gas verkaufen und die Globalisierung deshalb weitgehend ignorieren kann, gibt es keine Option mehr, nationale Abschottung und Kleinstaaterei mit wirtschaftlichem Erfolg zu verbinden.

Unter diesem Gesichtspunkt erscheinen die Erfolge der Nationalisten bei den Europawahlen als Strohfeuer. Diese Bewegungen sind zwar ein Ärgernis, aber sie werden mangels vorzeigbarer Erfolge über kurz oder lang wieder an Zulauf verlieren. Weder in Dänemark noch in den Niederlanden oder in Frankreich liegt der Schlüssel zu mehr wirtschaftlichem Erfolg in Abschottung und Nationalismus; ein selbstständiges Schottland wäre wirtschaftlich noch schwächer als eines, das Teil von Großbritannien ist und die Ukip würde, wenn die Engländer sie denn ließen, die englische Wirtschaft endgültig ruinieren. Auch die AfD in Deutschland mit ihren humorschwachen Führern und Ehemaligen könnte genau das nicht, was sie glaubt zu können: die wirtschaftliche Situation in Deutschland nachhaltig verbessern. Selbst lebenslange Funktionäre wie der famose Herr Henkel – erst viele Jahre Vertreter eines amerikanischen Quasi – Monopolisten, dann Lobbyist eines Industrieverbandes – müssten eigentlich wissen, dass die wirtschaftlichen Chancen für Deutschland in mehr internationaler Integration stecken und nicht in weniger. Sie würden es aber spätestens dann merken, wenn sie tatsächlich Regierungsverantwortung hätten und den von ihnen proklamierten Unsinn in Gesetze verwandeln müssten. Ein Nord–Euro ohne Frankreich, ein England außerhalb der EU, eine Schweiz ohne Einwanderer: alles Quatsch, den kein Politiker mit Verstand und etwas Geschichtsbewusstsein tatsächlich umsetzen müssen möchte!

Um nicht missverstanden zu werden: ich bestreite nicht, dass das weltweite Wirtschaften ein Tanz auf dem Vulkan ist, sondern dass nationale Rückbesinnung mehr Sicherheit in dieses Spektakel bringen würde.

Die Karrierechancen nehmen zu
Der zentrale Qualitätsfaktor jedes Unternehmens ist sein Personal; Innovation, Markenaufbau, gutes Kostenmanagement – alles hängt letztlich an Personen und wie sie miteinander arbeiten. Die Anforderungen der Wirtschaft an ihr Personal steigen, gute jüngere Mitarbeiter mit Energie und Kompetenz sind schon seit einiger Zeit ein knapper werdendes Gut. Vielen Unternehmen ist es inzwischen herzlich egal, wo die Menschen herkommen, wenn sie etwas können. Unbestritten hat ein gleich guter Bewerber in Deutschland einen Vorteil, wenn er akzentfrei Deutsch spricht und besonders bei der Beförderung in Führungspositionen tun sich viele Unternehmen immer noch verblüffend schwer mit Ausländern und Immigranten. Die Offenheit dafür, die weniger offensichtlichen Vorteile von Kandidaten – Vielfalt zu erkennen, nimmt aber in meiner Wahrnehmung seit Jahrzehnten zu – vielleicht zu langsam, aber stetig. Daran werden AfD und Konsorten nichts ändern. Eher schon die judenfeindlichen Parolen auf den Gaza–Demos oder rassistische Reden in Islamschulen und Jugendzentren. Die Bilder von pöbelnden jungen Leuten offensichtlich nichtdeutschen Ursprungs berühren ein absolutes und fast überall in Deutschland respektiertes Tabu und machen allen, die sich auf die Chancen der Immigration statt der damit verbundenen Belastungen konzentrieren, das Leben schwerer.

Führungskräfte mit Migrationshintergrund werden trotzdem ein Thema
Es ist eine Frage der Zeit, wann die noch immer aktuelle Frauendiskussion bei Topmanagern und Aufsichtsräten durch eine Immigrantendebatte abgelöst werden wird. Für den Einzelnen stellen sich immer viele Hürden und Widerstände und ohne ganz massive Protektion hängt beruflicher Erfolg bekanntlich auch vom Glück ab. Trotzdem: Wenn heute ein junger Mensch mit Migrationshintergrund in Deutschland den Wunsch hat, eine Top-Karriere in der Wirtschaft zu machen, würde ich ihm sagen: Die Chancen standen noch nie so gut! Mit der richtigen Kombination aus Ausbildung, Einstellung, Begabung, Disziplin und Willen gibt es keinen großen Wettbewerbsnachteil mehr, vielleicht in ein paar Jahren sogar eher einen kleinen Vorteil. Der Weg ist weit, aber er ist absolut offen! Aktuell Meinung

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