Übrigens
Unpolitisches Berichten begünstigt die AfD
Der Wahlerfolg der AfD scheint viele überrascht zu haben. Wie Medienanalysen allerdings zeigen, wurde die AfD in den Meinungsführer-Medien als einzige Partei mehr positiv als negativ bewertet: und zwar mehr als doppelt so häufig - Fritz Goergen kommentiert:
Von Fritz Goergen Mittwoch, 17.09.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.04.2015, 13:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Über Landespolitik berichteten deutsche Meinungsführer-Medien so wenig, als ob in Brandenburg und Thüringen gar keine Wahlen wären. Nur die Bundesparteien fanden ihre Aufmerksamkeit. Diese allerdings fast nur unter dem Gesichtspunkt, wem wird welches Wahlergebnis zugetraut, wer könnte mit wem regieren. Bei diesem Tunnelblick war die AfD als Sieger unausweichlich.
Die Media Tenor Daten zeigen es deutlich. Die meist als rechtspopulistisch, abnehmend als Europa-kritisch und zunehmend als Anti-Zuwanderungs-Partei eingestufte AfD wurde in den Meinungsführer-Medien als einzige Partei mehr positiv als negativ bewertet: und zwar mehr als doppelt so häufig. Wie geht das, wenn über sie inhaltlich so gut wie nie etwas Gutes gesagt wird, fragt sich der Laie. Die Antwort: Wenn tatsächliche Wahlergebnisse und die Aussichten auf ihre Fortsetzung in Umfrageergebnissen in den Medien jedes Urteil in der Sache verdrängen.
Bei der Bundestagswahl hatte Luckes Partei den Einzug ins Parlament knapp verpasst. Mit dem AfD-Erfolg bei der Europawahl änderten die Meinungsführer-Medien ihre Berichterstattung grundlegend. Hatten sie der AfD vorher extrem wenig Aufmerksamkeit gewidmet, und die neue Partei, wenn, sehr negativ bewertet, berichten sie seither viel und überwiegend positiv. Positiv nicht, weil sie nun die politischen Positionen der AfD plötzlich gut finden, sondern weil sie alle Parteien nicht politisch-inhaltlich ins Visier nehmen, sondern personal- und machtpolitisch. Und weil die Medien Parteien, die im Parlament sind, anders behandeln als jene, die nicht oder nicht mehr vertreten sind.
Wie freundlich die Medien mit der AfD umgehen, die nun in vier Parlamente eingezogen ist, gleicht wie ein Ei dem anderen dem, was Grüne und Linke hinter sich haben. Die Verhaltensweisen der Parteien, die schon „immer“ dabei sind, übrigens auch. CDU, SPD und FDP waren lange sicher, dass es sich bei den Grünen und der Linken um Eintagsfliegen handelt, die bald wieder verschwinden. Nun sind sich alle älteren Parteien einig, dass es die AfD nicht lange geben wird. Und sie sagen, mit der AfD koalieren sie selbstverständlich nicht. Das sagten sie über die Grünen und die Linke auch. Bis die ersten, angeblich undenkbaren Konstellationen, normal wurden. Das wird diesmal nicht anders sein. Wird Bodo Ramelow jetzt nicht Ministerpräsident, dann eben nächstes mal. Nichts ist unmöglich. Bis die AfD in die erste Landesregierung einzieht, ist nur eine Frage der Zeit.
Die FDP lernt die Kehrseite solchen Medien-Verhaltens kennen. Wer nicht mehr im Bundestag ist, findet in den Meinungsführer-Medien auch nicht mehr statt. Das trifft die FDP doppelt, weil sich die Bundesbühne – der sogenannte Hauptstadt-Journalismus – zunehmend zur einzigen politischen Bühne entwickelt. Selbst Horst Seehofers CSU findet medial nur statt, weil sie sich regelmäßig mit der Schwesterpartei anlegt, so wie die beiden jetzt über die Maut streiten. Nur deshalb ist er als einziger Ministerpräsident in den Medien sichtbar. Die Ent-Politisierung der Politik durch die Medien scheint unaufhaltbar.
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Im Grunde ist die AFD nichts anderes als eine FDP mit migrations- und europakritischer Einstellung, gewissermaßen eine Abspaltung des rechten Flügels der CDU, eine Partei für gemäßigte, unscheinbare Außenseiter, Akademiker, Bildungsbürger, Unternehmer, Konservativ-Bürgerliche und Nationalökonomen. Ihr Erfolg beruht darauf, dass sie nicht etabliert ist und dass sie Bevölkerungsgruppen anspricht, die in den Medien – schon rein personalpolitisch – total unterrepräsentiert sind. Die AFD ist angenehm „anders“. Sie ist die Rache der bürgerlichen Intelligenz am linken mainstream und am christdemokratischen Wischiwaschi.
die AFD wurde am Reißbrett als ein Clon der „Tea-Party“ für Deutschland konzipiert, nicht um zu regieren, sondern die Regierenden dazu zu veranlassen, gewisse Positionen zu übernehmen. Daher auch die Geste der subversiven Opposition. Dabei stand das Thema „Geld und Haben“ von Anfang an im Vordergrund, was ganz offen angesprochen wurde. Auslöser sind Stategie-Dissonanzen zwischen Großindustrie/Exporteuren (wünschen billigen Euro) und anderen Habenden (die z. B. um ihre Ersparnisse bangen bei langfristigen Anlagen). Migrantenthemen u.a. werden gelegentlich von beiden Fraktionen aufgewärmt, um etwas Wind unter die Flügel zu bekommen. Es ist ein Freundschaftsspiel und der Schiri ist bestochen. Viel Spaß beim Cheerleading.