Nordrhein-Westfalen
Mehr Gelder zur Betreuung von Flüchtlingen
Nordrhein-Westfalen will den Kommunen mehr Geld für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Das wurde auf dem Flüchtlingsgipfel in Essen beschlossen. Die Opposition befürchtet, dass das Geld nicht bei den Bedürftigen ankommt.
Mittwoch, 22.10.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.10.2014, 21:35 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Das Land Nordrhein-Westfalen will die Hilfen für die Betreuung von Flüchtlingen aufstocken und die Kommunen stärker unterstützen. Im kommenden Jahr sollen zusätzliche Mittel in Höhe von 46,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Montagabend nach dem Flüchtlingsgipfel in Essen ankündigte.
Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen stünden Bund, Länder und Kommunen „vor einer großen humanitären Herausforderung“, sagte Kraft. Es sei notwendig, ein „breites Bündnis für Flüchtlinge“ zu schaffen, um sich gemeinsam dieser Herausforderung zu stellen. Alle gesellschaftlichen Kräfte müssten „an einem Strang“ ziehen, um den Flüchtlingen zu helfen.
In drei Bereichen will die Landesregierung zusätzliche Mittel zur Betreuung der Flüchtlinge und Unterstützung der Kommunen bereitstellen. So soll die Kostenpauschale für die Kommunen von derzeit 143 Millionen um weitere 40 Millionen Euro angehoben werden. Damit sollen die bereitgestellten Kosten pro Flüchtling um 25 Prozent steigen. Für die psychologische und soziale Betreuung der Flüchtlinge sollen die Mittel von 3,5 Millionen auf sieben Millionen Euro erhöht werden. Zudem soll ein Härtefallfonds in Höhe von drei Millionen Euro eingerichtet werden, mit dem Kosten für medizinische Behandlungen und Pflege von Flüchtlingen übernommen werden, die über 70.000 Euro liegen.
Das Geld soll nach Angaben von Kraft aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden. Konkrete Angaben dazu machte sie nicht. Zu dem Treffen hatte die Landesregierung rund 40 Vertreter von Parteien, Kirchen, Kommunen, Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden eingeladen.
Lörmann fordert mehr Gemeinsamkeit
Um die Bearbeitung der Asylbewerberfälle zu verbessern, soll die Zahl der zuständigen Mitarbeiter in der Bezirksregierung Arnsberg um weitere 23 angehoben werden. Derzeit sind 37 Mitarbeiter in dem Bereich tätig.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) betonte, dass mit dem Flüchtlingsgipfel das Schicksal der Flüchtlinge „in den Mittelpunkt“ gerückt worden sei. Es gehe jetzt darum, das Potenzial dieser Menschen besser zu nutzen. Mit Blick auf die am Donnerstag anstehende Flüchtlingskonferenz des Bundes mahnte Löhrmann „mehr Gemeinsamkeit“ zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Flüchtlingsbetreuung an.
Auch CDU-Landeschef Armin Laschet begrüßte die Ergebnisse des Treffens. Mit dem Flüchtlingsgipfel sei ein „wichtiger Schritt“ zur besseren Betreuung der Flüchtlinge und einer Entlastung der Kommunen erzielt worden, sagte der frühere NRW-Integrationsminister. Viele Anregungen der CDU-Fraktion seien in die Planung eingeflossen. Laschet bedauerte jedoch, dass die von der CDU vorgeschlagene Einrichtung eines Ombudsstelle für Flüchtlinge in der Staatskanzlei nicht aufgegriffen worden sei. Hier favorisiert die Landesregierung ein dezentrales Beschwerdemanagement in den Einrichtungen.
Wer profitiert vom Geld?
Frank Herrmann, Flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag, bezweifelt hingegen, dass das Geld überhaupt bei den Flüchtlingen ankommt. „Dieses zusätzliche Geld dient bislang lediglich einer Umverteilung vom Land zu den Kommunen. Bislang bekamen die Kommunen lediglich einen Teil ihrer Aufwendungen erstattet. Bei den Flüchtlingen wird von dem zusätzlichen Geld nichts ankommen, wenn jetzt nicht gleichzeitig gesetzlich verbindliche Standards für die Versorgung und Unterbringung beschlossen werden“, so Herrmann.
Der Pirat fordert Einhaltung von Unterbringungsstandards wie beispielsweise Mindestquadratmeter oder adäquate Betreuung. „Mehr Geld für schimmelige Baracken darf es nicht geben! Auf Mindeststandards bei der Versorgung darf niemals verzichtet werden und die Menschenwürde darf nicht dem Rotstift zum Opfer fallen!“, so Herrmann weiter. Die dringend notwendige Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme sei leider nicht beschlossen worden.
Evangelische Kirche hofft auf „Paradigmenwechsel“
Als „Paradigmenwechsel“ bezeichnete indes der Leiter des Evangelischen Büros in Düsseldorf, Thomas Weckelmann, das Treffen in Essen. Damit sei ein „Startschuss“ gegeben worden, um sich intensiver auf die ankommenden Menschen einzulassen. Dafür stünden die Kirchen bereit.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Bernd Jürgen Schneider, begrüßte, dass sich das Land bereiterklärt habe, in seinen Einrichtungen zusätzliche Plätze zu schaffen und die Verweildauer zu verlängern. Dadurch könnten die Kommunen in der Frage der Unterbringung entlastet werden.
Die Landesregierung hatte zu dem Treffen geladen, nachdem bekanntgeworden war, dass es in mehreren Unterkünften in NRW Übergriffe und Misshandlungen von Wachleuten an Flüchtlingen gegeben hatte. Es laufen Ermittlungen gegen mehrere Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste. (epd/mig) Aktuell Politik
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